Was soll man eigentlich noch zu einer Serie schreiben, die nichts gravierend Neues bieten kann, ohne ein liebgewonnenes System komplett auf den Kopf zu stellen und damit seine Fans zu verprellen? Mich fragte letztens jemand, ob mir die Lego-Spiele nicht langsam zu eintönig oder langweilig würden, weil es ohnehin immer dasselbe ist?
Aber genau das ist es, auf was ich mich bei jedem neuen Titel freue: Es ist das gleiche Spiel in anderem Look und ein vielfach bewährtes Spielprinzip wird beibehalten und nicht zwanghaft verschlimmbessert. Und genau deswegen ist Konsolen-Lego für mich immer wieder ein Erlebnis.
Während andere Filmadaptionen auf einer Konsole in zu vielen Fällen in einem spielerischen Offenbarungseid enden, schafft es Entwickler Travellers Tales jedes Mal aufs Neue, alte Fans neu zu begeistern und neue Spieler an die Konsole zu locken. Dabei ist die Liste der Lego-Titel ist inzwischen lang: Star Wars, Batman, Indiana Jones und zuletzt Fluch der Karibik. Aber ein Spiel fehlt hier noch. Richtig, Lego Harry Potter – Die Jahre 1 – 4 entführte den Spieler zum ersten Mal in die wunderbare Welt der Magie, in das Universum, in dem sich Millionen von kleinen und großen Zauberern in sieben Büchern und acht Filmen hoffnungslos verloren haben. Aber da das erste Spiel nur die ersten vier Jahre des magischen Trios Harry, Ron und Hermine abdeckte, erscheint pünktlich zum Release der DVD auch der zweite und damit (wahrscheinlich) letzte Teil von Lego-Harry.
Um es schon bereits an dieser Stelle ganz kurz zu machen: Lego Harry Potter – Die Jahre 5 – 7 schließt nahtlos an seinen Vorgänger an und führt die Geschichte fort. Sind die Bücher und Filme mit jedem neuen Teil immer erwachsener geworden, schafft es Travellers Tales hier, das kindliche Gemüt und den Spaß der Spiele beizubehalten, ohne am immer ernsthafteren Thema Harry Potter vorbei zu schrammen. Dazu tragen wie immer die vielen Videosequenzen bei, die die Handlung voran bringen und die Geschichte zwischen den spielbaren Leveln in sich schlüssig machen. Wird Harry in Teil 6 in einem Bahnhofskiosk von der Bedienung angeflirtet, sitzt diese im Filmchen nun neben ihm auf einer Bank, blinkert mit den Wimpern und zieht sich den Lippenstift aufgrund des durchfahrenden Zuges quer durch das Gesicht, herrlich!
Die wenigen Veränderungen tragen allesamt zu noch mehr Spielspaß bei. Eine große Rolle spielt hier die im Film schon herrlich schräge Luna Lovegood, die nun auch im Spiel entsprechend gewürdigt wird. Luna verteilt nicht nur den Klitterer, sondern trägt, wie auch in einer Filmszene, eine Brille im 70er Jahre Disko-Look, die scheinbar versteckte und unsichtbare Dinge zum Vorschein bringt. Weiterhin wurde das Arsenal der Zaubersprüche um einige neue erweitert, darunter einem, der Grisu dem kleinen Drachen, der so gerne Feuerwehrmann geworden wäre, zur Ehre gereicht hätte. Aguamenti lässt Wasser aus den Zauberstäben spritzen, somit seid ihr in der Lage, kleinere Feuer zu löschen oder Gegenstände mit Wasser zu füllen. Ebenfalls neu sind bunte Kisten mit einem großen W, die nur einem der Weasleys vorbehalten sind, sie zu öffnen.
Aber nicht nur Luna hat ihren großen Auftritt, ihr dürft nun bereits in der Geschichte noch mehr Charaktere spielen, als in allen anderen Spielen zuvor zusammen. So vertreibt ihr mit mit den Zwillingen Fred und George die verhasste Schulleiterin Dolores Umbridge aus der Prüfung, spielt Professor Snape in einem der vielen spielbaren Träume, grabt als Remus Lupin in Gestalt des Werwolfs nach verbuddelten Items oder zaubert als Albus Dumbledore Horace Slughorn aus seiner Verkleidung als Ohrensessel hervor. Und dies sind nur einige der spielbaren Charaktere. Selbstverständlich dürft ihr nach Abschluss der Story im freien Spiel wieder jeden Charakter auswählen.
Wer Lego Harry Potter – Die Jahre 5 – 7 das erste Mal startet, fühlt sich sofort wieder heimisch. Schloss Hogwarts ist bis auf wenige Details unverändert, auch wenn es für viele Items neue Fundorte gibt. Der fast kopflose Nick führt euch wieder anhand der geisterhaften Studs von einem Ort zum nächsten, aber es gibt soviel zu entdecken, dass ihr euch immer wieder dabei ertappen werdet, doch noch kurz abzuschweifen, um erst doch noch diesen oder jenen Raum zu untersuchen. Folgt ihr aber dem Hausgeist, laufen die Level nach dem bekannten Schema ab: Betrete einen Raum, zerstöre alles, was du finden kannst, baue etwas zusammen, löse ein meist logisches Rätsel und verlasse den Raum wieder. Nebenbei suche nach roten Kisten und goldenen Steinen, befreie nach Möglichkeit den Schüler in Gefahr oder finde versteckte Charaktere des Harry Potter Universums. Alles wie gehabt, aber trotzdem wieder toll in Szene gesetzt.
Wer Fan von Quick-Time-Events ist, wird nun auch hier seine Freude haben, da scheinbar momentan kein Spiel um diese offensichtliche Mode-Erscheinung herum kommt. Wie immer gibt es kleinere und größere Bosskämpfe. Diese laufen aber diesmal so ab, dass ihr euch mit eurem Widersacher in einem magischen Kreis befindet, der die Farbe eines eurer Zaubersprüche hat. Wird dieser entsprechend ausgewählt, gilt es, den angezeigten Knopf mehrmals hintereinander schnell zu drücken, um siegreich aus dem Zauberduell hervorzugehen.
Neben all dem Positiven zu Lego Harry Potter – Die Jahre 5 – 7 habe ich persönlich aber auch zwei kleine Kritikpunkte. Da wäre zum Einen die Steuerung, die ich, aus welchen Gründen auch immer, dieses Mal als etwas hakeliger empfinde als noch im Vorgänger. Aber das kann auch nur ein persönliches, subjektives Empfinden sein. Gravierender finde ich aber folgendes: Das große Plus eines jeden Lego-Spiels war und ist der Koop-Modus. Über Jahre hinweg wurde daran gefeilt, diesen so übersichtlich wie möglich zu gestalten, indem der Bildschirm geteilt wurde. Dies war anfangs noch auszuwählen, je nachdem, ob man den lieber horizontal oder vertikal teilen wollte. Übrig geblieben ist hier nur der Splitscreen-Modus, in dem sich der Bildschirm automatisch in alle Richtungen teilt und so versucht, die beste Darstellung für jeden Spieler zu finden. Leider misslingt dies hier zumindest in kleineren Räumen, aber auch in großen wie dem Ballsaal fast völlig. Denn mehr als einmal blieb die Kamera hinter einer Säule hängen und die Spielfigur war weder zu erkennen, noch ließ sie sich weiter in die gewünschte Richtung weg vom zweiten Spieler bewegen. Im Ballsaal und etlichen anderen Räumen teilt sich der Bildschirm überhaupt nicht, so dass beide Spieler gezwungen sind, die gleichen Wege zu gehen. Schade, aber betrifft hier nur die Koop-Spieler.
Soundtechnisch bekommt der Lego-Fan das geboten, was er erwartet, grafisch legt das Spiel für mein Empfinden noch einmal eine kleine aber feine Schippe obendrauf. Das beginnt mit der schönen Sequenz, in der der Hogwarts Express durch die Landschaft fährt und geht weiter in die mit Brauntönen und einem Rauschfilter hinterlegten spielbaren Träume und Erinnerungen.
Fazit Micha:
Ein Lego Spiel ist ein wenig wie das Gefühl, nach Hause zu kommen, Lego Harry Potter – Die Jahre 5 – 7 schafft es auch diesmal wieder, dieses heimelige Gefühl hervorzuzaubern. Eigentlich kennt man Schloss Hogwarts aus dem ersten Teil wie seine Westentasche, aber trotzdem ist bereits nach wenigen Augenblicken Spielzeit der Forschergeist neu erweckt. So viele Level wollen gelöst und so viele Orte erkundet werden, dass ihr die Zeit um euch herum vergessen werdet.
Dass es wieder keinen Online-Modus gibt, dass der Koop-Modus den Einzelspieler-Modus noch einmal um Längen überbietet und dass die Figuren nicht sprechen, brauche ich eigentlich nicht zu erwähnen, habe es aber hiermit trotzdem getan. Wer noch nie ein Lego-Spiel in der Hand bzw. in der Konsole hatte, sollte aber dieses Mal nun nicht ausgerechnet mit Lego Harry Potter – Die Jahre 5 – 7 anfangen, sondern erst mit dem ersten Teil, Lego Harry Potter – Die Jahre 1 – 4 beginnen. Auch sollte man die Filme und/oder Bücher kennen, da sonst ein großteil des Charmes auf der Strecke bleibt.
Ein Pflichtkauf für Lego-Fans und solche die es werden wollen … aber erst den ersten Teil spielen!!!
Gast-Fazit Quandoz:
Für mich persönlich ist der neue Harry Potter Teil etwas schwächer als sein in meinen Augen überragender Vorgänger. Versteht mich nicht falsch, wir reden hier über minimale Unstimmigkeiten auf sehr hohem Niveau und ich rate trotzdem jedem, diesen Titel zu spielen. Nur wird mir eben ein Gefühl vermittelt, dass dieses Mal die „Befehle“ ein gutes Stück sperriger von Hand gehen. So musste ich beispielsweise mehrfach einen Zauberspruch neu ansetzten, um letztlich einen Weg freizuräumen oder ich möchte Feuerwehrmann spielen und die Flammen löschen, nur werden diese nicht mit Wasser benetzt.
Die Geschichte und die Cut-Szenes wurden wieder liebevoll umgesetzt. Alle wichtigen Ereignisse der Buch- bzw. Filmreihe werden angerissen und wer die berühmt berüchtigte Lego-Sprache kennt, kann auch aus einem BlaBlaBla etwas sinnvolles vernehmen.
Habt ihr das Spiel erfolgreich beendet, winkt euch der fast Kopflose Nick außerhalb der 24 verschiedenen Level in jedem neuen Areal des Schlosses, London oder dem geheimen Versteck zu und zeigt euch anhand der jeweiligen Grafiken über dem Kopf an, welche goldenen bzw. roten Steine, Schüler in Gefahr oder auch Charakter-Studs noch fehlen. Dieses Mal gilt es gleich 200 verschiedene Charaktere freizuspielen, darunter unter anderem die diversen Kostüme für das engagierte Trio. Leider fallen nach dem finalen Kampf und dem Treffen auf dem berühmten Bahngleis die unsichtbaren Studs weg. Damit kann man leben, denn binnen kürzester Zeit sammelt ihr Millionen, ach was Milliarden von den Steinchen an.