Habe ich vor etwas über 2 Wochen noch über das Ende der gamescom philosophiert, scheint sich meine Spekulation nun tatsächlich zu bestätigen. Was sich mit dem Umzug nach Köln in meinen Augen langsam aber sicher abzeichnete, wird 2012 scheinbar traurige Gewissheit für Videospieler: Die Gamescom hat ihren Zenit überschritten und befindet sich im freien Fall.
Denn nach Nintendo, Sega und THQ hat jetzt auch Microsoft – sicherlich überraschend – seinen Messeauftritt abgesagt. Wer sich also für einen Trailer zu Halo 4 oder sonstigen Fortsetzungen in Köln stundenlang wie ein Lemming in eine Reihe stellen wollte, sollte überlegen, ob er nicht besser zu Hause bleibt und etwas Sinnvolles mit sich und seiner Zeit anstellt.
Aber nicht nur die gamescom wird abgesagt. Bei MS wird schließlich nicht gekleckert, sondern geklotzt, man macht dort Nägel mit Köpfen und cancelt auch gleich die Tokyo Game Show. Man wolle lieber mit eigenen kleineren Events auf kommende Titel aufmerksam machen. Das habe ich doch vor kurzem schon einmal gehört? Vielleicht sollte Microsoft jetzt kurzfristig bei Nintendo anrufen, wann die wo welchen Auftritt planen, dann könnte man auf die Schnelle noch gemeinsam etwas organisieren, eine Fahrgemeinschaft gründen und sich dadurch die Fahrtkosten teilen? Und wer weiß, vielleicht hat man ja bei Microsoft den einen oder anderen Tipp parat, wenn Nintendo jetzt auf der E3 für die Wii U das Onlinegaming für sich (wieder)entdeckt?
Und was sagt der Organisator der gamescom? Anstatt die Zeichen zu erkennen und sich endlich ernsthaft Gedanken über ein neues Konzept zu machen, tönt es von Seiten der Messe Köln weiterhin, dass alles in bester Ordnung sei. Schließlich hätten bereits über 370 Aussteller ihre Teilnahme bestätigt, man liegt also voll auf Kurs. Wenn der Kurs nun Online- und Mobile-Games heißt, dann gute Nacht Marie.
Für mich bewahrheitet sich mein lange gehegter Verdacht, dass sich die Branche selbst abschafft und dass der Bogen endgültig überspannt ist. Zumindest THQ war so ehrlich zu sagen, dass ganz profane Kostengründe und ein neuer Sparkurs zur Absage der gamescom 2012 geführt haben. Nur um ein paar – ich zitiere den RTL-gamescom-Bericht des letzten Jahres – „streng riechende Gamer im Einheitsoutfit“ zu bespaßen, ist der Auftritt scheinbar inzwischen einfach zu teuer. Und warum soll ich als Publisher auf etlichen, überteuerten Quadratmetern Trailer zeigen und Demos anspielen lassen, wenn ohnehin jeder Mist gekauft wird, der auf einer CD oder Blu-ray in eine Konsole passt?
Und damit bin ich beim nächsten Verdacht, denn noch passt ein Spiel manuell in eine Konsole. Ich gehe aber davon aus, dass in nicht allzu ferner Zukunft das Zauberwort für jedes Bit und Byte streaming heißt. Vorbei die Zeiten, in denen physikalische Medien im Media Markt oder sonstwo gekauft wurden. EA hat es mit dem ersten FIFA als reinem Download-Content doch dieses Jahr vorgemacht. Es gab kein FIFA EURO 2012 im Handel, das musste/durfte/konnte man nur downloaden.
Ich bin nicht erst seit heute fest davon überzeugt, dass sich das Konzept der Branche überholt und endgültig totgelaufen hat. Der einzige, der das noch nicht kapiert hat, ist der Spieler, aber das ist meines Erachtens eine Frage der Zeit. Vielleicht beginnen durch diese wichtigen Absagen einige Denkprozesse, die durch zu viel Ego-Shooter-Konsum bisher außer Betrieb waren? Atari hat in den 80ern erlebt, wohin digitaler Müll führen kann, nämlich direkt in die Deponie nach Alamogordo und das Unternehmen in die Pleite. Und die gesamte Branche mit all ihren (Online-)Melkmaschinerien, um den Spielern das Geld aus den Taschen zu zerren, befindet sich nun erneut auf dem besten Weg dorthin. Aber das ist mir egal, denn ich habe noch über fünfhundert nicht durchgezockte Games bis zur Rente und darüber hinaus, die alle keinen Onlinepass benötigen, um sie vollständig ohne benötigte Zusatzinhalte spielen zu können.
Denkt mal darüber nach 😉