30 Jahre Worms – wenn Kriechtiere zu den Waffen greifen

Es ist 30 Jahre her, da stolperte ich im längst vergessenen Roby-Rob-Shop in Berlin Charlottenburg über einen Titel, der mich nach diesem Besuch eine lange Zeit meiner eigenen Videospiel-Historie begleiten sollte. Da ich alle meine Titel sowohl auf PS1 als auch auf dem Saturn durchgezockt hatte, brauchte ich neues Futter für eine dieser beiden Konsolen, ohne eine Vorstellung zu haben, was ich gerne würde zocken wollen. Der Verkäufer drückte mir für ein Probespiel Worms in die Hand und nach nicht einmal 5 Minuten verließ ich den Laden mit meiner Neuerwerbung. Die darauffolgende Nacht war kurz und das kommende Wochenende mit Freunden sollte noch viel kürzer werden. Die kleinen Würmer hatten mich beim ersten Fehlschuss mit der Bazooka abgeholt und Worms sollte die folgenden Wochen, Monate und Jahre ein steter Begleiter werden.

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Worum geht es in Worms? Maximal vier Teams aus vier bis an die Zähne bewaffneter Würmer stehen sich per Zufallsgenerator generierten Positionen auf einer ebenfalls zufällig generierten Landschaft gegenüber. Ziel ist es, alle feindlichen Würmer vom Bildschirm zu bomben, zu schießen, sie in den Abgrund oder ins Wasser zu stoßen und so als letzer Spieler einen Wurm auf dem Schlachtfeld stehen zu haben – last man standing mit Würmern in witzig-brutal. Jeder Wurm startet mit 100 Punkten und je besser und präziser Treffer gelandet werden, desto mehr Punkte werden dem Wurm entzogen. Das Spiel läuft rundenbasiert und innerhalb von 60 Sekunden muss der eigene Wurm mit kriechen, hüpfen oder einem Ninja-Seil in eine Position gebracht werden, die ihm einen taktischen Vorteil bringt, um so möglichst großen Schaden beim Gegner anzurichten.

Für den Fernkampf stehen anfangs Bazooka und Handgranaten zur Verfügung, im Nahkampf nutzt man die Schrotflinte oder stößt seinen Gegner schlicht von einer Klippe oder ins Wasser. In späteren Versionen ließen sich die Zeit pro Runde und auch die Waffen bzw. deren Anzahl in den Optionen einstellen. Von Anfang an jedoch war die vollständige Zerstörung der Landschaften und Gebäude etwas, was es so noch nie in Videospielen gab. So ergab sich mit jeder Runde eine vollständig neue Konstellation, da Würmer durch zerstörte Landschaften mit einem Male durch Krater geschützt waren oder aber eben nicht mehr in sicherer Position standen. Man griff dann zur einzig sinnvollen Defensiv-Taktik und grub, statt sinnfrei anzugreifen, einen Schacht in die Tiefen der Landschaft, um sich bzw. seinen Wurm zu schützen.

Trotz zwischenzeitlicher neuer Versionen für den PC, erschien Worms Armageddon erst 4 Jahre später für die aktuellen Konsolen Dreamcast, Game Boy Color, Nintendo 64 und PlayStation und selbstverständlich musste ich auch hier wieder zugreifen. Die neue Comic-Grafik war der Hammer und die neuen Waffen wie die explodierende Oma und vor allem die heilige Handgranate, die eine wunderbare Hommage an die Ritter der Kokosnuss war, brachten noch einmal neue und fesselnde Elemente in das Spiel. Auch hier verbrachte ich wieder Wochen und Monate mit Freunden im Game, denn wie schon im ersten Teil entfaltete Worms sein volles Potential erst im Multiplayer-Modus vor dem eigenen TV.

Aber wie bei so vielen erfolgreichen Titeln wurde die Lizenz fast im Jahrestakt bis zum Letzten durchgeknetet und ausgewrungen, so dass am Ende 30 Versionen auf PC und Konsolen und sogar 12 Versionen für Handys standen. Und selbstverständlich gab es Special Editions mit alten Versionen im neuen Look, so dass auch diejenigen, die Worms bis dato nicht kannten, hier eine Zeitreise unternehmen konnten. Dazu hier mein Beitrag vom 19.05.2013 zu Worms: The Revolution Collection. Schon da hatte ich offenbar genug von den Würmern.



Sie verfolgen mich und ich kann ich mich den Würmern nicht entziehen. Seit 1995 und längst vergangenen Playstation One Zeiten habe ich Tausende der digitalen Kriechtiere in die Luft gesprengt, erschossen oder ersäuft. Ich habe sie mit Bazookas und Granaten aus sicherer Entfernung erledigt, mit der Pumpgun und der Uzi auf kurze Distanz durchsiebt und wenn ich gar keine andere Wahl hatte, Auge in Auge im Kampf Wurm gegen Wurm auf Leben und Bildschirmtod.

Es war anfangs lustig, sich mit jeweils vier Würmern und einem fast unerschöpflichen Waffenarsenal vom Bildschirm zu sprengen, doch im Laufe der Zeit waren auch die Würmer irgendwann einmal langweilig geworden. Kein Wunder, wurden doch seit 1995 bis ins Jahr 2012 sagenhafte zwanzig verschiedene Worms Titel für alle gängigen und auch mal weniger gängigen Konsolen und Computer veröffentlicht. Es gab die schleimigen kleinen Kriecher in klassischem 2D, dann wieder in 3D, sie kämpften an fast jedem erdenklichen Ort auf diesem Planeten und in Odyssee im Wurmraum auch mal außerhalb desselben. Es wurde an der Grafik geschraubt und gelegentlich kamen mit der Heiligen Handgranate, dem Giftangriff, der Oma oder dem Betonesel neue, äußerst brutale Waffen hinzu. Kurzum, seit gut einer menschlichen Generation bekämpfen sich die Würmer untereinander und niemand weiß so wirklich warum.

In Prä-Internet Zeiten wurden die Würmer noch auf Disketten und CD ausgeliefert. Nachdem der Online- und Download-Wahn um sich griff, musste man sich die Würmer herunterladen. Umso überraschter war ich, letzte Woche mit Worms: The Revolution Collection eine klassische Box-Version zu erhalten, Inhalt gleich zwei Spiele. Aber weder mit Worms 2: Armageddon noch mit Worms Revolution konnte ich namentlich oder inhaltlich etwas anfangen. Mein letztes Worms war schließlich im Jahr 2008 Worms HD auf der XBOX 360. Dieser Titel wurde online über Wochen gezockt, irgendwann vergessen und verschwand dann in den Tiefen der Festplatte.

Die anfängliche Vorfreude über ein neues Worms wich dann nach kurzer Recherche einiger Ernüchterung. Denn bei dieser Würmersammlung handelt es sich tatsächlich um zwei schon vor längerer Zeit erschienene Aracde-Titel. Worms 2: Armageddon stammt bereits aus 2009 und Worms Revolution erschien im Oktober letzten Jahres. Seit Mai diesen Jahres werden also zwei alte Titel in neuer Verpackung angeboten und sollen so scheinbar weniger informierte Kunden, die nicht jedes Worms gespielt haben und damit nicht vollständig mit jedem Teil der Serie vertraut sind – wie mich zum Beispiel – zum Kauf verleiten.

Quelle: YouTube – Worms Revolution – PietSmiet

Einziger Vorteil dieser Box-Version: Es sind alle erhältlichen Downloads mit auf die Disc gepresst. Wer diese Spiele kauft, muss demnach nicht noch einmal für DLC gesondert MS-Points investieren. Im Einzelnen stellt sich der Inhalt folgendermaßen dar:

Spiele:

  • Worms Revolution
  • Worms 2: Armageddon

DLC:

  • Worms Revolution Funfair Pack
  • Worms Revolution Mars Pack
  • Worms Revolution Medieval Tales Pack
  • Worms 2 Battle Pack
  • Worms 2 Forts Pack
  • Worms 2 Mayhem Pack
  • Worms 2 Puzzle Pack
  • Worms 2 Retro Pack
  • Worms 2 Time Attack Pack

Auf das Spielprinzip der beiden Titel gehe ich hier nicht weiter ein, dies ist unverändert und auf diversen anderen Seiten nachzulesen. Worms war Worms, ist Worms, bleibt Worms auch wenn in Revolution nun das erste Mal verschiedene Wurmklassen mit unterschiedlichen Fähigkeiten am Start sind, die dem Spiel eine eher unwesentliche taktische Note hinzufügen. Weiterhin gibt es jetzt Waffen mit Wasser und eine leicht 3D-angehauchte Grafik, die aber beim Zoomen an den Kanten Treppchen bildet.

Das Spiel selbst hat obendrein scheinbar einen Programmierfehler. Denn im Startbildschirm kann man zwischen den Spielen und dem zu installierenden Content wählen. Leider werden die einzelnen Titel aber nicht farblich hinterlegt, so dass man nicht weiß, wo sich der Cursor zur Auswahl nun gerade befindet. Man muss auf Verdacht und gut Glück alle Inhalte hintereinander installieren, damit nachher nur die Wahl zwischen den beiden Spielen bleibt. Die eigentlich zur optischen Unterstützung gedachten Bildchen zeigen nur die beiden Titel, aber nicht den jeweiligen Content an.

Fakt ist letztendlich, hier wird eine Lizenz billig eingekauft und nun ausgeschlachtet, an der diesmal die NBG EDV Handels & Verlags GmbH noch richtig dick verdienen möchte. Denn fast 40,-€ für zwei alte Titel sind trotz vorhandenem DLC schon fast eine Frechheit! NBG zeichnet sich als Publisher bisher durch Titel wie Das Horst Schlämmer Quiz – Weisse Besscheid?! oder Zumba Fitness sowie einige andere Videospiel-Perlen aus. Worms: The Revolution Collection ist und bleibt eine Ansammlung von alten Spielen und alten Zusatzinhalten. Der einzige Vorteil für mich: Ich habe eine Disc-Version, die ich mir nach einigen – wieder witzigen – Spielen Worms ins Regal stellen kann, auch wenn man bei NBG zu geizig war, dem Spiel eine wie auch immer geartete Anleitung über Inhalt oder Spielprinzip in Papierform beizulegen. Aber wenigstens gibt es auch keine Werbeflyer, es gibt außer dem Cover gar kein Papier.



Das war vor also jetzt schon wieder 12 Jahren. Aber egal wie, die Würmer haben mich begleitet und mir ungezählte Stunden an Spielspaß bereitet, es fällt mir schwer zu glauben, dass das schon wieder 30 Jahre her sein soll? Ich kann mich auch nicht erinnern, wann ich das letzte Mal eine Partie Worms gezockt habe? Aber ich belasse es dabei und schwelge als alter Gamer lieber in den schönen Erinnerungen, die ich mit und in diesem Game erlebt habe. Manchmal ist es sinnvoller, die Realität auszublenden, um Enttäuschungen zu vermeiden. Ruhet also in Frieden, all ihr Würmer, die ich im Laufe meines Videospiellebens gesprengt, erschossen, von Klippen oder ins Wasser gestoßen habe. Es war eine großartige Zeit mit euch.