Audeze MM-100 im Test – direkte, rohe und ungefilterte Audiowiedergabe für Musikanalytiker

Der Audeze MM-100 erweitert die MM-Serie um einen Kopfhörer speziell für das Mix- und Mastering. Die gesamte Serie wurde mit dem mehrfach Grammy ausgezeichneten Plattenmischingenieur Manny Marroquin entwickelt. Dieser hat bereits mit Künstlern wie Rihanna, Taylor Swift, Linkin Park und noch vielen weiteren Größen zusammengearbeitet.

Obwohl ich in meinen Testberichten mit großer Begeisterung die Technik hinter dem Klangzauber beleuchte und erkläre, liegt der Fokus bei diesem Kopfhörer meiner Meinung nach vor allem auf dem verfolgten Konzept des Mix- und Masterings. Und dafür hat sich Audeze einen unangefochtenen Experten an seine Seite geholt. Wir können also großes Erwarten.  

Nachdem ich mich ein wenig in das Konzept des Kopfhörers und die Geschichte dahinter eingelesen hatte, konnte ich es kaum erwarten das gute Stück zu testen. Zum Lieferumfang gehört neben dem MM-100 ein einen halben Meter langes, geflochtenes Audiokabel, ein Samtbeutel mit Kordanzug, sowie ein Echtheitszertifikat und eine Garantiekarte. Das Kabel ist mit einer Steckerkombination 6,35-mm-Stereo-Klinke auf Stereo-Miniklinke ausgestattet, wobei dem Testgerät aber unverständlicherweise kein 3,5-Millimeter-Adapter beiliegt. Nach Info der Agentur liegt dieser Adapter aber nun den käuflichen Geräten bei.

Das Design des Kopfhörers ist schlicht und gradlinig, mit dem Audeze typischen Inlay. Ich finde die Optik gelungen und passend zum Konzept. Der Kopfhörer soll ein Arbeitskopfhörer zum Mix- und Mastering sein. Das heißt der Fokus liegt auf Robustheit, Funktionstüchtigkeit und Griffigkeit und nicht auf einem verspielten Design. Der Kopfhörer sitzt mit einem angenehmen Anpressdruck auf den Ohren, die Hörmuscheln sind dreh- und schwenkbar für die perfekte Einstellung und auch das geringe Gewicht sorgt für ein komfortables Tragegefühl. Die Ohrpolster sind mit Memory-Schaumstoff gefüllt und ein umlaufender Gel-Ring sorgt für einen extra sanften Sitz.

Genug zu den Hardfacts, wir sind schließlich hier für den Test. Beim MM-100 steht der Einsatz zum Mix- und Mastering im Vordergrund. Beim Mixen wird der Song „gebaut“. Hier kann auf alle aufgenommenen Tonspuren individuell zugegriffen werden, mit dem Ziel, aus vielen einzelnen Audioaufnahmen ein einheitliches Klangbild zu erzeugen. Das Mastering wird auf den fertigen Mix angewendet, quasi als letzter Feinschliff. Mit diesem Schritt wird dafür gesorgt, dass die verschiedenen Elemente, aus denen der Song besteht, ausgeglichen sind und unabhängig von den verwendeten Lautsprechern gut klingen. Beim Mischen und Mastern steht die exakte und genaue Wiedergabe aller Tonspuren im Vordergrund.


Um es bildlicher zu beschreiben, werde ich dazu ein Beispiel geben: Dieser Kopfhörer ist nicht darauf spezialisiert, die harmonische Einheit eines Orchesters wiederzugeben, eher wird er dem Zuhörer 70 Solisten präsentieren. Das ist keineswegs etwas Schlechtes, es ist für die Anwendung im Mix- und Mastering erwünscht und notwendig. Ich war dementsprechend auch nicht überrascht, dass meine Lieblingslieder beim Hören über den MM-100 spitz und analytisch klingen. Jedes Instrument wird deutlich hervorgehoben, jede eher leisere Tonspur aus dem Hintergrund wird hörbar. Ich habe schnell gemerkt, dass mich die Reizüberflutung der vielen hörbaren Elemente aber fast schon ein wenig überfordert. Dennoch sei auch hier nochmal erwähnt, dass der MM-100 genau dafür entwickelt wurde.

Der Kopfhörer zeichnet sich durch seine Eigenschaft der direkten, rohen und ungefilterten Audiowiedergabe aus, was ihn zum perfekten partner-in-crime beim Hören von Acoustic-Versionen macht. Wenig Tonspuren, wenig Instrumente, dafür die Stimme im Vordergrund. Ich habe mir also kurzerhand eine Spotify-Playlist mit Acoustic-Versionen meiner Lieblingslieder zusammengestellt. Diese Songs habe ich schon hunderte Male in verschiedensten Versionen gehört, sowohl digital als auch live. Doch der MM-100 hat mir eine neue Version dieser Lieder präsentiert, wie ich sie noch nie gehört und gefühlt habe. Die Wiedergabe der Stimmen ist so ungeschliffen, klar und ehrlich.

Ich bin großer Fan der Band Imagine Dragons und auch in dieser Playlist durften Acoustic-Versionen ihrer Songs nicht fehlen. Von Thief über Next to me bis One Day, aber ganz besonders berührt hat mich Demons. Zugegeben, der Song ist bereits in der Originalversion sehr intensiv und ergreifend, aber die Acoustic-Version ist mit nichts vergleichbar. Ich hatte das Gefühl, Dan Reynolds sitzt tatsächlich direkt vor mir. Jede Facette seiner Stimme ist hörbar, jeder Vibrato klingt raumfüllend nach und jedes Mal, wenn seine Stimme beinahe heiser klingt oder fast bricht, wird der Schmerz, den er mit diesem Lied verarbeitet hat, geradezu greifbar. Eventuell standen mir auch ein bisschen die Tränen in den Augen.

Ein weiteres Dauer-Gänsehaut-Lied für mich war zudem die Acoustic-Version von Sias Elastik Heart. Ich weiß gar nicht, wo ich da anfangen soll, am besten man hört es sich mit eigenen Ohren an. Die Stimme dieser Frau ist unglaublich und der MM-100 schafft es jeden emotionsgeladenen Ton perfekt wiederzugeben. Ich könnte hier noch zahlreiche Songs aufzählen, aber das würde den Rahmen sprengen, zumal ich zum für mich immer gleichen Ergebnis komme: Der Audeze MM-100 ist sicher kein Kopfhörer für jedermann, aber er ist ein Kopfhörer für mich.



Link zum Hersteller: Audeze MM-100