Mit reichlicher Verwunderung habe ich die Tage die Diskussion um Werbemaßnahmen im Internet und Adblocker verfolgt. Da bitten einige Anbieter deutscher Online-Nachrichtenportale öffentlich die Besucher ihrer Websites darum, den Adblocker abzuschalten, weil Werbeeinnahmen verloren gehen.
Das gegenseitige Wettrüsten erreicht hiermit scheinbar eine neue Stufe der Internet-(R)evolution, der die sonst mächtigen Medien sichtlich hilflos gegenüber stehen. Sie gehen nun in die Offensive, weil der Besucher Werbung blockiert, der nach eigenen Aussagen einzigen Einnahmequelle für Online-Medien. Spiegel-Online geht sogar einen Schritt weiter und appelliert an die Solidarität der Leser!
Was auf den ersten Blick ungewöhnlich wirken mag, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als das Aufeinanderprallen von gänzlich unterschiedlichen Interessensgemeinschaften. Auf der einen Seite stehen Internetnutzer, die es gewohnt sind, alle gewünschten Informationen gratis per Mausklick zu erhalten, aber auf Werbung verzichten wollen, auf der anderen Seite stehen gewinnorientierte Unternehmen, die mit dem Angebot genau dieser Informationen und der Werbeschaltung ihren Lebensunterhalt bestreiten. Und somit trifft die Generation Geiz-ist-geil auf diejenigen, die ihre erbrachten journalistischen Leistungen auch entsprechend honoriert wissen wollen.
Die gesamte Diskussion zu verfolgen, überfordert den technischen Laien, der ohnehin meistens keinen Adblocker benutzt und sich nur kurz informieren will. Er nimmt die aggressiv blinkende, den Bildschirm überlagernde oder mit Tönen hinterlegte Werbung seit Jahren mehr oder weniger Zähne knirschend hin. Er nimmt zur Kenntnis, dass sein Rechner wieder einmal unter Volllast läuft, weil eine Flash-Animation den Prozessor an seine Belastungsgrenze bringt. Und gelegentlich auch darüber hinaus. Nun schreiben die einen, dass sie sich von solch aggressiven Werbemitteln distanzieren. Schuld sei ja ohnehin nur die Werbeindustrie, „die das Internet noch immer nicht verstanden hätte und im I-Net die gleiche Werbung einsetzt, wie im TV.“ Die anderen überlegen, Nutzern mit Adblockern zukünftig den Zugang zur Seite zu verwehren. Alles klingt also ein wenig nach dem sprichwörtlichen Pfeifen allein im dunklen Wald, Fragen und Verunsicherung überall.
Print-Magazine aller Art finanzieren sich seit je her durch Werbung und nicht durch den Verkauf desselben. Und genau das ist der wesentliche Punkt. Ich kaufe in der echten Welt auch nur die gedruckten Informationen, die für mich relevant sind. Wenn ich mich für Sport interessiere, greife ich nicht auch nebenbei zur Frauenzeitschrift mit Diät-Teil. Doch genau dies geschieht im I-Net. Irrelevante Werbung, soweit das Auge blickt. In meinem Mountainbike-Magazin finde ich nur Werbung zu allem, was sich um das MTB dreht. Entweder diese interessiert mich, dann schaue ich sie an oder ich blättere bzw. wische beim e-Magazin bei Desinterresse einfach weiter. Zeitschriften mit mehr Werbung als Inhalt kaufe und lese ich grundsätzlich nicht. Im Internet bin ich blinkenden Bannern jeglicher Art ohne Blocker aber weitestgehend schutzlos ausgeliefert. Schlechtestes Beispiel ist hier wohl sport1.de!
Die Frage, die sich mir stellt ist, ob ich mit einer anderen Form des Internets leben könnte? Ein Internet ohne Werbung, bei dem ich gegen Gebühr für Informationen zahle? Schwer vorzustellen, aber dennoch denkbar. Ich könnte dann nicht mehr jedes Online-Angebot nutzen, nur weil es eben verfügbar ist. Genauso wie ich nicht jede Zeitschrift kaufe, nur weil sie beim Händler im Regal liegt. Ich notiere meine absolvierten Trainingseinheiten online bei runtastic.com. Dort habe ich die Wahl, dies gratis mit Werbung zu tun oder aber eine jährliche Goldmitgliedschaft vollkommen werbefrei mit einigem mehr an Statistiken abzuschließen.
Vielleicht ist genau das der Weg in die Zukunft des modernen, zeitgemäßen Internets? Bezahlangebote, die ich mir bei Interesse vielleicht sogar individuell zusammenstellen kann oder komplett kaufe, genau wie ich mir das MTB-Magazin monatlich auf mein iPad lade oder eine Zeit lang die elektronische Ausgabe der Berliner Morgenpost abonniert habe. Praktisch ein RL im Internet? Die Anbieter wären gezwungen, erstklassige Inhalte zu liefern, um Kunden langfristig zu binden. Der Kunde könnte sich wieder auf einige wenige, für ihn relevante Angebote konzentrieren, ohne bei diversen verschiedenen Onlinediensten die immer gleiche Meldung ein wenig anders formuliert zu lesen. Das jetzige Informationsüberangebot mit zu viel qualitativem Ausschuss im Netz würde sich über kurz oder lang selbst regulieren. Je besser das Angebot – egal welcher Art – desto mehr Kunden werden gebunden. Es lässt sich für fast alles eine Zielgruppe finden.
Das eigentliche Problem besteht meines Erachtens in der zurzeit stattfindenden Umbruchphase zwischen den alteingesessenen Printmedien-Käufern und den modernen Nutzern elektronischer Medien. Im Moment sind Tageszeitungen und Magazine noch gezwungen, zweigleisig zu fahren, also Print UND Online anzubieten, um beide Käuferschichten zu bedienen. Spätestens eine Generation weiter stellt sich diese Frage nicht mehr, da ein Tablet zur Grundausstattung gehören und das Papier verdrängt haben wird. Aber bis dahin ist es ein steiniger Weg für alle. Diejenigen, die es gewohnt sind, das Internet als Gratismarktplatz für alle Arten von journalistischen Angeboten zu betrachten, werden wieder lernen müssen, dass Leistung einfach Geld kostet. Niemand arbeitet umsonst!
Ist das die Lösung aller Werbebanner-Probleme? Keine Ahnung, aber von Bezahlmodellen profitieren könnten langfristig alle. Informative Berichte sähen dann allerdings so aus, wie dieser Beitrag. Ich frage mich jedoch, ob das vielen Nutzern und Besuchern nicht zu viele Buchstaben ohne bunte Bilder wären?