Call of Duty: Black Ops 6 – wer braucht das?

Zum Glück abonniere ich den Xbox Game Pass Ultimate, ansonsten hätte ich nach einem Kauf zum Vollpreis des mit so viel Vorschusslorbeeren ausgestatteten und hochgelobten Call of Duty: Black Ops 6 vermutlich mehr als nur einen Finger im Hals gehabt. Denn nach Jahren der Abstinenz entschloss ich mich in momentaner Ermangelung von Software, die mich wirklich interessiert, zum Download des Spiels. Ich bin bereits beim ersten Call of Duty eingestiegen und die Kampagnen gehörten für mich zum Besten, was der Ego-Shooter Markt bis dahin hatte aufbieten können.

Für mich persönlich das beste Spiel war Modern Warfare. Allein diese brachiale Bordkanone der Lockheed AC-130 H Spectre Gunship zu verwenden, machte diese Kampagne zu einem Highlight der Serie. Dennoch war nach Call of Duty 4 der große Reiz verpufft. Zu sehr wiederholte sich das Spiel und deren Elemente oder schlimmer noch: Zu sehr drehten die Entwickler am Rad mit noch bunter, lauter, hektischer und immer geistloser. Dazu kommt, dass ich Ego-Shooter aufgrund meines fortgeschrittenen Alters lieber für mich allein spiele, denn im Multiplayer-Modus bin ich grundsätzlich der erste, der von der Karte geschossen wird. Von daher freute ich mich also nach langer Zeit mal wieder auf einen coolen Shooter auf meinem Sofa.

Eine kurze Einführung in Form einer Videosequenz später, befinde ich mich bereits im ersten Gefecht. Alles wie immer am Joypad, die Finger vielleicht etwas eingerostet, aber nach kurzer Zeit bin ich wieder im Game. Doch bereits nach dem ersten Abschnitt folgt direkt das nächste Video, erneut ein wenig BlaBla, um dann in die nächste Session zu springen. Wieder viel Geballer gegen eine Überzahl an Gegnern, diesmal während einer Flucht durch einen Schlauch … ähh … eine Schlucht. Wie üblich verläuft Call of Duty linear, ausweichen, um dem Feind in die Flanke zu fallen, ist nicht möglich. Aber alle Mühe ist umsonst, der von mir gerettete Bösewicht wird kurz darauf von einem angeblich abtrünnigen CIA-Agenten erschossen. Nun folgt die Flucht vor einem Hubschrauber, der Jeep wackelt, ich verfehle den Heli etliche Male, er mich hingegen nicht und genauso häufig sehe ich mir ab dem letzten Speicherpunkt die gleiche Sequenz an, bis ich erneut versuchen darf, den Heli vom Himmel zu holen. Ich bin genervt.

Aber gut, vielleicht nimmt das Game ja jetzt ein wenig an Fahrt auf, denn bisher bin ich einfach nur gestresst von diesen andauernden Videos. Aber es kommt noch schlimmer: Eine an den Haaren herbeigezogene Story verschleppt mich nun in ein altes Herrenhaus irgendwo im Nirgendwo und nun muss ich einen prall gefüllten Sack an Multiple-Choice Gesprächen über mich ergehen lassen, bis ich endlich in den ersten echten Einsatz darf. Diese Frage- und Antwort-Sessions sind geistlos bis zum Geht-nicht-mehr, denn sie bringen keinerlei Veränderung an der Story. Der Einsatz führt mich dann endlich nach Fragen über Fragen nach Venedig, dort ich soll einen Waffenhändler ausschalten. Statt mich aber nun unbemerkt an den unzähligen Wachen vorbeischleichen zu können, werde ich in zahlreiche Feuergefechte verwickelt, bei der ich gut ausgebildete Söldner an mörderischen Gewehren einzig mit einer Pistole mit Schalldämpfer erledigen soll – Wow, furchtbar realistisch!

Damit der Spannungsbogen hochgehalten wird, soll ich nach dem Töten von gefühlt 67 Gegnern – mit einer Pistole wohlgemerkt – obendrein als völlig deplatziertes Geschicklichkeitsspiel ein Schloss knacken, um dann eine Leiter auf den Glockenturm zu erklimmen. Oben auf dem Turm angekommen darf ich per Scharfschützengewehr endlich den Waffenhändler per Headshot eliminieren, um dann zu erfahren, dass erneut Hunderte von Wachen unterwegs sind, um mir das gleiche Schicksal angedeihen zu lassen. Nachdem ich aufgrund der hakeligen Steuerung nun mehrmals vom Turm falle, statt die Leiter zu erklimmen, beende ich das Spiel und verschaffe meiner Xbox freien Speicherplatz, indem ich Call of Duty: Black Ops 6 direkt wieder lösche.

Und nun sitze ich auf meinem Sofa und frage mich, wer eigentlich so etwas entwickelt und wenn ja, warum? Ja, man möchte eine spannende Geschichte in der Kampagne präsentieren, aber nervt den Spieler dann mit einer Story, bei der jeder Drehbuchautor selbst bei Netflix lachend abgewunken hätte – und die verfilmen momentan wirklich jeden Mist. Dazu kommen so unfassbar anstrengende und vollkommen sinnfreie Dialoge als Multiple-Choice oder in Videos, die die nicht vorhandene Story voranbringen sollen. Black Ops 6 ist als Spiel deklariert und versucht einen sinnfreien Spagat zwischen Game und Film – und der ist mal gründlich in die Hose gegangen. Aber offenbar verkauft sich Call of Duty noch immer, so dass Spieler auch diesen Teil bedenkenlos konsumieren. Und ich frage mich, was ich ohne meinen Game Pass getan hätte? Bei einem Kauf zum Vollpreis wären diese Zeilen vermutlich noch vernichtender ausgefallen?

Kurzum: Call of Duty: Black Ops 6 ist für mich ein brutaler Griff ins Klo, den ich aber nach 30 Minuten Spielzeit kostenlos revidieren konnte. Aber die Spieler bekommen das, was sie wollen: Einen sich wiederholenden Ego-Shooter, bei dem Skins und bunte Ausrüstung über jede Taktik gestellt werden. Hauptsache laut, hektisch und doof. Und jetzt ich freue mich, dass ich kein angestellter Game-Tester eines Magazins oder einer Website bin, der sich das von Anfang bis Ende antun muss, um ein fundiertes Urteil abgeben zu können bzw. dürfen. Mein Urteil darf ich jederzeit fällen, auch nach 30 Minuten Spielzeit. Anders als die armen Kollegen von golem.de, die dem Multiplayer den treffenden Titel „Call of Duty macht uns dümmer “ >>> gegeben haben.