Es war einmal vor langer Zeit, da war das Monatsende eine Zeit der Vorfreude. Nicht nur das damals noch mäßige Gehalt wurde auf das Konto überwiesen, am Kiosk lagen die neue ASM, der Amiga Joker oder die Maniac aus. Später erschienen Game Star, Game Pro, Computer Bild Spiele und einige andere und die Alteingesessenen verschwanden irgendwann ganz leise vom Markt.
Meine persönlichen Highlights sind bis heute noch immer die Power Play und die Video Games, zum Kult erhobenes Papier! Nun kämpfen die letzten Printmagazine tapfer aber aussichtslos um ihr Überleben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch diese von ihrem Jahre währendem Siechtum erlöst werden.
Der Grund dafür scheint auf den ersten Blick simpel. Schuld an allem ist das Internet – wieder einmal. Nirgendwo verbreiten sich Informationen schneller als hier. Kein noch so schnell gedrucktes Magazin kann so aktuell sein, wie eine Meldung im Netz. Diverse Websites und Social Media wie Twitter oder Facebook verbreiten täglich neue Nachrichten und erreichen damit so viele Leser, wie es einem Magazin niemals möglich wäre. Obendrein ist das Internet gratis. Warum also für ein Printmagazin am Kiosk bezahlen, wenn ich die gewünschte Information im Netz schneller und umsonst erhalten kann? Und ich muss dazu nicht einmal meinen warmen Sessel verlassen.
Aber ist das alles wirklich so einfach? Gibt es hier tatsächlich nur Schwarz oder Weiß und haben sich Zeitschriften über Videospiele einfach überlebt? Dazu ein klares: Keine Ahnung! Schaut man auf das Design, kann keine Website so aufregend, interessant und witzig gestaltet sein, wie dies eine Zeitschrift darzustellen vermag. Print muss sich außer an sein eigenes einschränkendes Papierformat nicht an Konventionen halten. Websites sind trotz inzwischen umfangreicher technischer Möglichkeiten hier noch immer begrenzt. Aber legt der Leser Wert auf farbenfrohes Layout? Scheinbar nicht, denn viele Websites kehren wieder zu einem klassischen und damit gut am PC-Monitor lesbaren Design zurück.
Ein Grund für das Aussterben scheint auch die Spezialisierung auf ein Format zu sein. Gerade Magazine, die nur über ein einzelnes System berichten, haben massive Umsatzeinbußen zu verzeichnen. Heutzutage sind Exklusivtitel für nur eine Konsole an einer Hand abzuzählen. Das Risiko, alles auf Rot oder Schwarz zu setzen, kann sich kein Publisher mehr erlauben. Letztes Beispiel hierfür ist Rayman Legends. Als Wii U only Titel angekündigt, zog man bei Ubisoft angesichts der schlechten Verkaufszahlen der Konsole die Notbremse und verschob Rayman monatelang. So blieb genug Zeit, das Spiel auch auf die Xbox und Playstation zu portieren. Obendrein musste der Titel nur einmal für alle drei Systeme beworben werden. Warum also dann ein Magazin, das sich nur mit Xbox, Playstation oder Wii U beschäftigt?
Erschwerend kommen das verhältnismäßig geringe Durchschnittsalter und die Technikaffinität der Videospieler hinzu. Ich hatte vor Kurzem ein Gespräch mit einem Computer und Technik-Redakteur einer großen deutschen Tageszeitung. Auch dort beklagt man den Rückgang der Verkaufszahlen im Printbereich. Doch im Gegensatz zu Videospielen kämpfen Tageszeitungen noch mit einem ganz anderen Problem, nämlich ihrem eigenen Klientel. Der Altersdurchschnitt scheint bei Lesern von Tageszeitungen um ein Vielfaches höher zu liegen, als im Bereich der Videospielmagazine. Und so bestehen alteingesessene Leser weiterhin auf ihre tägliche gedruckte Ausgabe, während andere sich inzwischen lieber online informieren. Hier ist man demnach noch zwingend auf beide Medien angewiesen.
Entscheidend wird also nur der Zeitpunkt sein, an dem der große Schnitt erfolgt. Der Tag X, an dem Print im Bereich der Zeitschriften und Tageszeitungen endgültig der Vergangenheit angehört, wenn man denn die technischen Möglichkeiten nutzt und dann online publiziert. Im Bereich der schon etliche Male totgesagten Bücher hat man die Zeichen der Zeit längst erkannt. So gut wie jedes Buch wird parallel als eBook veröffentlicht. Und dennoch lebt das gedruckte Buch scheinbar besser als je zuvor. Das Mountainbike Magazin kaufe ich schon seit Anfang des Jahres als elektronische Version für mein iPad. Ein ebenso perfekt gestaltetes Videospielmagazin würde ich mit Sicherheit ebenfalls lesen. Warum also nicht konsequent diesen Tag X herbeiführen und sich stattdessen mit ständig sinkenden Verkaufszahlen auseinander setzen?
Aber egal wie man das Thema dreht und wendet, der große Gewinner sind die Publisher. Im Fußball wurde das Financial Fairplay eingeführt. Ein Fairplay wäre auch im Bereich der Videospiele nötig, um hochwertige Magazine und Websites weiterhin am Leben zu erhalten. Denn finanziert werden diese noch immer über Werbeeinnahmen. Doch wenn weiterhin hunderte kleinerer Websites über jeden Titel umsonst berichten und sich allein für ein Testmuster verbiegen, muss ein Publisher online kaum etwas in Werbung investieren. Dass viele dieser Beiträge dann von teils unterirdischer Qualität sind, scheint nicht weiter zu stören, Hauptsache der Titel ist korrekt geschrieben.
Obendrein nutzt man das virale Marketing über die sozialen Medien, die man zu diesem Zweck selbstverständlich auch gleich in das Dashboard der eigenen Konsolen einbindet. Was gibt es besseres, als wenn Spieler über Facebook oder Twitter umsonst für ein Spiel werben? Letztendlich sind mangelnde Werbeeinnahmen somit ein Teufelskreis. Weniger Einnahmen heißt weniger qualifizierte Redakteure. Weniger qualifizierte Redakteure heißt weniger hochwertige Berichte. Weniger hochwertige Berichte heißt weniger verkaufte Exemplare. Und die wiederum heißen weniger Werbeeinnahmen.
Somit schaffen die Publisher bewusst oder unbewusst die Printmagazine ab, weil die Marketingstrategen inzwischen andere Medien für sich entdeckt haben. Man verlässt die ausgetretenen Pfade von Print und Online und wendet sich einer viel breiteren Öffentlichkeit mit Werbung in TV und Rundfunk zu. Und wenn das immer noch nicht reicht, mietet man eben einen kompletten S-Bahnhof. Wozu also noch in Spartenmagazine investieren, wenn Videospiele in den Köpfen aller angekommen sind? GTA V kann man sich zumindest dieser Tage nirgendwo entziehen.