Ich musste mir soeben nach dem gefühlt 37. Neustart am letzten Speicherpunkt – unterlegt mit entsprechenden Äußerungen der Frustration – von einem Anfang 20jährigen sagen lassen, ich wäre nicht mehr die Zielgruppe für DOOM Eternal. Nun mag ich nicht mehr der Jüngste sein und ich muss (bzw. kann) mich nicht mehr in epischen Multiplayer-Gefechten mit Profis messen, aber wie kann man in der Kampagne einen solchen Schwierigkeitsgrad schon in der einfachsten Spielstufe einbauen?
Aber beginne ich von vorne – von ganz vorne. Im Jahr 1993 veröffentlichen John Carnack und John Romero mit ihrem Studio id Software einen Meilenstein in der Geschichte der Videospiele. DOOM wird zum Urvater der Ego-Shooter und alle weiteren Titel dieses Genre orientieren sich ab jetzt an Spielbarkeit und Steuerung. Es folgen viele weitere Teile, jetzt liegt hier DOOM Eternal und wird von allen anderen bis über den grünen Klee gelobt. Nun sitze ich in diesem Test und versuche den verbalen Balance-Akt zwischen dem neben Gears of War 5 grafisch aufregendsten Titel seit ganz langer Zeit und einem barbarischen Schwierigkeitsgrad zu finden.
Da ich den letzten Teil von 2016 nicht gespielt habe, ist DOOM Eternal also eine vollkommen neue Spielerfahrung für mich. Und ich bin anfangs wirklich begeistert. Die Grafik auf der Xbox One X läuft in 4K mit 2160p und HDR, schon die ersten Minuten lassen mir den Mund offen stehen, was an Grafiken aus der Konsole herauszuholen ist. Bildschirm-füllende Dämonen, hektoliterweise Blut und zerfetzte Extremitäten wohin man schaut. DOOM Eternal ist schon in den ersten Minuten das erwartete Schlachthaus.
Die Steuerung mit dem Pad ist einwandfrei, trotz des sofort anziehenden Schwierigkeitsgrades führen kleine, ins Spiel integrierte Tutorials in die korrekte Handhabung von Waffen, Kettensäge und Glory Kill ein. Auch wenn alle Knöpfe des Pads belegt sind, so sind die Funktionen doch innerhalb kurzer Zeit in Fleisch und Blut übergegangen. Und das muss auch so sein, denn bereits nach den ersten kleinen Zombies zum Warmspielen, geht es recht schnell mit der Action los. Bereits im ersten Abschnitt warten reihenweise Dämonen auf den DOOM Slayer, um seine Mission zur Rettung der Erde vorzeitig zu beenden.
Und hier kommt dann das erste Mal Hektik auf. Man muss dauerhaft in Bewegung bleiben, Plattformen nutzen und ständig zwischen den Waffen und der Kettensäge umschalten, um nicht von allen Seiten gleichzeitig unter Beschuss genommen zu werden. Dabei ist der Wechsel von Nah- und Fernkampf entscheidend. Denn einerseits lässt man sich mit manchen Gegnern besser nicht auf ein Duell Mann gegen Dämon ein, andererseits ist dies aber nötig, um seine Munitionsvorräte aufzustocken und die eigene Gesundheit auf einem überlebensfähigen Level zu halten.
Zerhacke ich nämlich Dämonen mit der Kettensäge mal quer, mal diagonal, dann hinterlassen diese Munition, schieße ich einen Gegner so weit in Grund und Boden, dass er benommen zu blinken beginnt, kann ich ihn mit dem Glory Kill zurück in die Hölle schicken und erhalte dafür eine Auffrischung meiner Gesundheit. Man kommt also um den Nahkampf nicht herum, möchte man nicht mit bloßen Fäusten auf Gegner einschlagen. Denn die Munition verbraucht sich bei den Massen an Monstern schneller als man sie einsammeln kann. Und überhaupt der Glory Kill – seinem Gegner den Arm zu brechen und dann den freigelegten Knochen durch dessen eigenen Schädel zu treiben hat schon etwas äußerst Destruktives und anfangs auch Verstörendes.
Aber so brutal, blutig und grausam auf den ersten Blick DOOM Eternal auch erscheint, es ist eine Parodie auf sich selbst. Vieles ist so hoffnungslos überzeichnet, dass es fast schon wieder comichaft komisch wirkt. Hier schießt man einem Zombie den Schädel vom Hals, dort verliert ein Soldat unter Beschuss seinen Arm, es platschen Gedärme durch die Gegend oder Monster zerplatzen beim Einsatz von Granaten einfach und bleiben als Klumpen dampfenden Fleisches zurück. Aber diese Brutalität ist es, was DOOM seit jeher ausmacht und die ersten Teile lange Jahre auf den Index verbannte. Nach einer ruhigen Passage der Erholung und einem Rätsel ist man mittendrin in der Arena, Dutzende Monster hetzen auf den Slayer zu und dieses Ausmaß der Gewalt ist fast schon wieder lächerlich komisch, ohne an irgendeiner Stelle gewaltverherrlichend zu sein oder Anspruch an Realismus zu erheben.
Bei allem Gemetzel verliert man so manches Mal das großartige Level-Design aus den Augen. Jeder Schauplatz ist eine visuelle Augenweide, es ist beeindruckend, wenn man das erste Mal einen gigantischen Mech zwischen den zerstörten Häuserschluchten sieht. Überall Zerstörung und Chaos, jeder einzelne Level könnte auch das Plattencover einer Death-Metal Band zieren und wäre damit bei jedem Musik Award als bestes Cover nominiert. Und so entsteht aufgrund des durchdachten Aufbaus ein unfassbar schneller Spielablauf.
Was mich persönlich doch relativ schnell genervt hat, sind die Sprungpassagen. Ja, man springt über Abgründe und hält sich an Wänden fest ganz wie die gute Lara, aber aus einem U-Bahn Waggon auf eine sich bewegende Stange springen, um in der Luft einen Doppelsprung hinzulegen und dann auf der anderen Seite der Straßenschlucht mitten drin im nächsten Gemetzel zu sein, raubte mir mehr als einige Nerven. Von was springt der Slayer in der Luft eigentlich ab, außer von Luft? Dabei ist die Abwechslung durch mehrere Ebenen wirklich gut gelungen. Man springt auf eine höhere Plattform, nimmt Dämonen von oben unter Beschuss, um sie dann im Nahkampf zur Herausgabe von Gesundheit oder Munition zu bitten. Die Ebenen bringen nicht nur grafisch, sondern auch spielerisch eine strategische Komponente ins Spiel.
Damit man als Spieler auch mal ein wenig durchatmen kann, sind in allen Leveln Geheimnisse versteckt. Die frei rotierbare Levelkarte bietet eine Übersicht auf das, was ihr noch finden könnt. Hier haben die Designer so einiges an sammelbaren Items versteckt, vom Metal-Soundtrack über Runen und Kristalle bis hin zu Cheat-Codes ist so ziemlich alles vorhanden, was man als Slayer und Spieler so benötigen könnte. Gerade die Cheat-Codes sind dabei so nah und doch so fern. Ein Fragezeichen markiert zwar schon im Level deutlich sichtbar den Ort, aber den Weg dahin zu finden, gestaltet sich doch als recht knackig. So bekommt DOOM Eternal neben der Action auch einen Touch von Action-Adventure.
Großartig gelöst ist das umfangreiche Upgrade-System. Jede Waffe und auch die Rüstung lassen sich im Laufe des Spiels aufmotzen und bringen eine spürbare Verbesserung mit sich. Allein der erste Waffen-Mod bietet die Wahl zwischen Haftbomben oder Dauerfeuer. Und so wird, wie die Monster auch, das eigene Arsenal im Laufe des Spiels immer durchschlagskräftiger. Das muss aber auch so sein, denn jeder Dämon benötigt seine eigene Taktik mit entsprechender Feuerkraft. Reichen bei verwandelten Soldaten oder Zombies noch einfache Ladungen aus der Pump-Gun, so wollen kommende Dämonen auch mit entsprechendem Material stilgerecht zunichte gemacht werden.
Ungewöhnlich wie das Spiel selbst ist auch der Multiplayer Modus. Denn hier betritt id Software Neuland, statt mit dem bereits Üblichen den sicheren Weg zu gehen. Statt Deathmatch oder Capture the Flag treten gleich zwei Dämonen in mehreren Runden gegen den Slayer an. Während diesem das volle Arsenal zur Verfügung steht, sind die Dämonen neben ihren bekannten Bewegungs- und Angriffstechniken auch mit Beschwörungsfähigkeiten ausgestattet. Diese reichen von der Beschwörung von Shield-Soldiers bis hin zu Schutzschilden zur Wiederbelebung des anderen Dämonen.
So gut der Multiplayer gemeint ist, er reicht nicht an die Kampagne heran. Alles spielt sich taktischer und damit zäher. Auch wenn sich die Dämonen eher träge steuern, so sind die Kämpfe viel ausgewogener, komplexer und langwieriger. Diesen Modus hat man einmal gespielt, um sich dann doch wieder der Single-Player Orgie zuzuwenden, um vielleicht doch den nächsten Cheat-Code oder die übersehene Rune zu erspielen.
gestestet an der Xbox One X
Fazit Micha (Altersklasse fortgeschritten)
Ich komme bei DOOM Eternal an meine Grenzen. Bis zu einem gewissen Grad war der Titel gerade grafisch eine willkommene Abwechslung zu vielen anderen Spielen des Genres. Aber bereits nach kurzer Zeit wurden aus dem Spielspaß eine Mischung aus harter Arbeit und Frust und das bereits in der einfachsten Stufe.
Und ich muss gestehen, dass ich das Spiel dann irgendwann entnervt beendet habe, weil mir der Ablauf zu chaotisch und unübersichtlich wurde. Ich habe mich bis zum ersten Boss-Gegner regelrecht durchgearbeitet, um dann endgültig aufzugeben. Vielleicht bin ich also doch nicht (mehr) die Zielgruppe für DOOM Eternal? Wer als älterer Spieler vor Jahren bei Ghouls`n`Ghosts am SNES oder Mega Drive das Pad zerhackt hat, bekommt eine Vorstellung dessen, was ihn hier erwartet.
Fazit Tim (Altersklasse U23)
Üblicherweise bin ich PC-Spieler, daher habe ich einen Moment gebraucht, um mich mit dem Pad der Xbox One X zurecht zu finden. Aber danach war DOOM Eternal ein zwar nicht einfaches, aber durchaus machbares Dämonen Gemetzel. Die Mischung aus Fern- und Nahkampf, der Einsatz von Kettensäge und Glory Kill, die ständige Bewegung und der teils hektische Ablauf zeichnen das Spiel für mich aus. Gerade diese Balance und die Wahl der richtigen Waffe für den entsprechenden Gegner ist eine Herausforderung, an dessen Ende ein besiegter End-Boss steht.