Manchmal verlaufen Dinge anders als geplant. Das gilt sowohl im privaten Bereich, als auch im geschäftlichen. Da veröffentlicht Fostex einen neuen Studiokopfhörer namens Fostex T50RPmk4 und die Dinge schlagen einen vollkommen anderen Weg ein. Denn statt wie geplant, dieses Headset im Studio einzusetzen, entdecken japanische Gamer diesen Kopfhörer für sich – etwas, was Fostex bis dahin offensichtlich niemals auf dem Schirm hatte. Vom Überraschungserfolg in Japan überrollt, veröffentlicht man parallel zum T50RPmk4 nun einfach den Fostex T50RPmk4g, wobei das g am Ende genau diese Gaming-Tauglichkeit hervorheben soll.

Das alles wäre an sich kein Problem, wenn es sich hierbei nicht um das vollständig baugleiche Gerät wie dem Studiokopfhörer handeln würde. Die Entscheidung, das g hinzufügen hat also offenbar Marketing-Gründe, um jetzt den Gamer direkt ansprechen zu können und zu zeigen, dass man auch Stereo-Gaming-Headsets bauen kann. Schade nur, dass diese Fähigkeit erst japanische Spieler entdecken mussten. Aber egal, ob das Headset nun ein kleines g am Ende hat oder nicht, ich teste das hier jetzt ausschließlich für das Gaming.
Ich starte also mit einem Game an der Xbox, von dem ich niemals gedacht hätte, dass mich das so unfassbar mitnehmen könnte – Path of Exile 2. Ich war nie Fan von Diablo oder ähnlichen Action-RPG Titeln, aber nachdem mich unser PC- Redakteur Tim bereits über Wochen mit dem anstehenden Release des Games genervt hatte, weil er als Dauer-Gamer des ersten Teils einen Gratis-Release Code von GGG bekam, entschloss ich mich nach den ersten Videos und zahlreichen weiteren kleinteiligen Erklärungen zum Kauf des Codes. Und das waren die am besten 30 investierten Euros seit langer, langer Zeit.

Weil ich befürchtete, mit all den Zauberfähigkeiten so vieler Charaktere überfordert zu sein, entschloss ich mich, mit dem Warrior zu spielen, gegen den Conan der Barbar verblasst. Leider musste ich erst viel später erfahren, dass dieser aufgrund seiner fast ausschließlichen Nahkampf-Fähigkeiten der wohl schwierigste Charakter im Spiel ist. Was soll`s, wild auf das richtige Knöpfchen hämmern kann ich und mein Reaktionsvermögen, um gegnerischen Hieben und Zaubern auszuweichen, ist trotz meines fortgeschrittenen Alters noch immer überragend. Inzwischen bin ich im 3. Akt auf Level 45 angekommen und kämpfe mich durch Das Geschmolzene Gewölbe.

Aber neben all seiner grafischen und spielerischen Pracht hat dieses Game auch eine überragende Soundkulisse – was ich regelmäßig von Frau konsolenfan zu hören bekomme, wenn sämtliche Türen zwischen 5.1.2 Heimkino und Wohnzimmer schalldicht verschlossen werden. Dann spiele ich eben ab jetzt mit dem Fostex T50RPmk4g. Allerdings ist der erste Eindruck beim Öffnen des Versandpaketes doch überraschend dünn. Nachdem ich im letzten Jahr den überragenden Fostex TH808 zum Test hatte, der mit allem daherkam, was sich der HiFi-Fan wünscht, ist der Fostex T50RPmk4g auf allen Ebenen abgespeckt. Das beginnt bei der Verpackung.
Eine Packung aus bedrucktem Karton in den Fingern zu halten, ist in Zeiten von Umweltschutz und Recycling mit Sicherheit kein Problem, aber innerhalb dieser Packung einen eher lose herumfliegenden Kopfhörer in Luftpolsterfolie vorzufinden, hinterlässt dann schon einen Beigeschmack, wenn man eben vorher den HiFi-Kopfhörer TH808 in den Fingern hatte. Zumal diese Luftpolsterfolie dann wieder dem Umweltschutzgedanken widerspricht.

Weiterhin liegt der Verpackung einzig ein 2-Meter Kabel mit 3,6 Millimetern Klinkensteckern und ein Adapter auf 6,35 Millimetern bei. Klar, mehr braucht es eigentlich nicht zum Zocken oder Musikhören, aber bei einem momentan aufgerufenen Preis von 289€ darf man zumindest mehr Liebe bei der Präsentation erwarten. Mein Auge isst schließlich mit. Obendrein wäre ein Beutel zum Transport ebenfalls angebracht gewesen, denn viele Gamer nehmen ihr persönliches Lieblingsheadset gern mit zu Freunden und auf Events.
Beim Design des Headsets setzt man bei Fostex vollumfänglich auf Kunststoff. Das ist inzwischen bei so vielen Herstellern üblich und kein die Qualität minderndes Merkmal mehr. Entscheidend ist die Verarbeitung und die ist bei dem kleinen Kopfhörer einwandfrei. Ohrmuscheln aus Kunstleder liegen sauber über den Ohren, ein rasterloses System sorgt für den perfekten Sitz auch auf gigantisch großen Köpfen. Ich kann mich kaum erinnern, jemals einen Kopfhörer auf eine solch immense Größe habe einstellen zu können. Einzig das Kopfband könnte für mich persönlich ein wenig voluminöser sein, denn nach gut 3 Stunden bemerkt man eben doch trotz des geringen Gewichts von nur gemessenen 332 Gramm, dass man einen Kopfhörer trägt.

Technisch kommt der Fostex T50RPmk4g eher ungewöhnlich daher. Denn statt der üblichen offenen oder geschlossenen Bauweise präsentiert Fostex hier ein halboffenes Headset. Angetrieben wird der Kopfhörer von magnetostatischen RP-Treibern. Diese Regular Phase-Treiber erfuhren gegenüber dem Vorgänger eine Überarbeitung, so dass jetzt der Schwingungsbereich vergrößert ist. Das sorgt für ein stärkeres Magnetfeld und damit für eine bessere Dynamik. In der Praxis bedeutet das einen Hochtonbereich bis 40 KHz und am anderen Ende einen Tieftonbereich bis 10 Hz. Soweit zur Theorie, es wird Zeit, das Headset endlich in Betrieb zu nehmen.

Beim Anstecken des Kabels fällt auf, dass dieses sowohl in die linke, als auch in die rechte Ohrmuschel gesteckt werden kann. Das mag beim Anschluss an ein Joypad nebensächlich sein, aber wer mit dem Fostex am PC sitzt, hat ungerne das Kabel dauerhaft vor dem Bauch, wenn sich PC und Kopfhörer-Eingang gegenüberliegen. Allerdings ist mir auch das ein wenig unverständlich, da es sich um ein symmetrisches Headset handelt. Es spielt also keine Rolle, welche Ohrmuschel auf welchem Ohr liegt, aber die Entwickler werden sich etwas dabei gedacht haben.
Ich betrete bei Path of Exile 2 das Geschmolzene Gewölbe und überquere die Brücke zum Level-Einstieg, meine Schritte hallen in den Katakomben. Schon steht mir der erste Gegner im Weg. Der geschmolzene Wächter ist eine riesige Statue aus erkaltetem Gold und Stein, die knackt und knirscht, als sie aus ihrer Erstarrung erwacht und sich in Bewegung setzt. Doch bevor mich der erste Hieb trifft, habe ich mit meiner Keule schon zum rollenden Hieb ausgeholt. Mein Warrior stöhnt vor Anstrengung, Tennisspielern bei einem Grand Slam Turnier nicht unähnlich. Mein Hieb trifft den Boden und alles vibriert von diesem Einschlag. Zwei dieser Treffer und der Wächter ist Geschichte, schon jetzt nimmt mich der Fostex T50RPmk4g komplett mit, da der Tiefton genau das ist, was ich in diesem Level erwarte – Hall, schließlich befinde ich mich in einem Gewölbe und Tiefton pur, ohne dass dieser nur dröhnt, wie es so viele andere Modelle tun.

Hinter der nächsten Tür erwarten mich einbalsamierte Schwertkämpfer und Bogenschützen. Dieses Mal mache ich von der vulkanischen Spalte Gebrauch und Lava aus meinem Streitkolben lässt den Boden vor mir in verschiedene Richtungen, der Vielzahl von Gegnern entgegen, knisternd aufplatzen, die ersten Monstren stehen in Flammen. Ein Hieb mit dem Verwüster lässt die Lava explodieren und die ersten Feinde sind vernichtet, bevor sie überhaupt in meine Nähe gekommen sind, ein zweiter Hieb erledigt den Rest der Monsterschar. Einige von denen stöhnen oder kreischen auf, als sie ihr digitales, untotes Leben aushauchen. Die nächsten Gegner sehe ich noch nicht, aber kann sie bereits hören.
Im Gang dahinter hat sich alles versammelt, was dieser Level bisher aufzubieten hat und ich muss aufgrund mangelnden Platzes in diesem Gang in den Nahkampf. Mein rollender Hieb lässt den Boden splittern, Gesteinsbrocken fliegen durch die Gegend und man hört jeden einzelnen davon auf dem Boden aufschlagen. Das reicht, um mit einem weiteren und einzigen mörderischen Hieb alle Gegner auf einmal zum Explodieren zu bringen. Aber im Hintergrund decken mich Bogenschützen mit Pfeilen und Blitzen ein. Jeder einzelne blaue Blitz zuckt und alles knistert, diese Soundeffekte sind so großartig. Mit ein paar meiner geschmolzenen Explosionen, die inzwischen eine beachtliche Reichweite haben, bringe ich auch die Bogenschützen zum Schweigen. Bei jedem dieser Hiebe entzündet sich nicht nur optisch, sondern auch akustisch eine Flamme, die über den Bildschirm lodert und direkt im Gegner einschlägt.

Und trotz aller noch so großartigen Soundeffekte begeistert mich der zumeist nur unterbewusst wahrgenommene Soundtrack im Hintergrund, der stets für die dem Level angepasste Stimmung sorgt. Üblicherweise schalte ich jede Hintergrundmusik – außer bei Mario – in einem Game ab, denn diese nervt doch meist mehr, als dass sie unterhält und für ein akustisches Erlebnis sorgt. Kane Bennet hat als Sound-Designer dieses Spiels aber so unfassbar viel Liebe in noch so kleine Details gesteckt und der Fostex T50RPmk4g ist in der Lage, ein jedes davon auch wiederzugeben, ohne dass es zum klanglichen Durcheinander kommt.
Ich könnte hier noch einige Games aufführen, die ich mit dem Fostex-Headset gespielt habe, aber der wirklich gute Eindruck beim Zocken bleibt. Gaming-Sound wird so wiedergegeben, wie es sich der Sound-Designer vorstellt, man merkt dem Fostex seine Studio-Herkunft an. Und ja, der Fostex T50RPmk4g ist kein „echter“ Gaming-Kopfhörer, ganz einfach, weil dem das Mikrofon für das Online-Gaming und damit die Kommunikation zwischen den Team-Playern fehlt. Und dennoch kann man den zum Zocken nutzen, ganz einfach, weil er den Sound eines Games ungeschönt wiedergibt.
Selbstverständlich habe ich den Kopfhörer auch für Musik oder Film genutzt, um da zu einem ähnlich guten Ergebnis zu kommen. Für Studio-Musiker und analytische Hörer könnten hier vielleicht die Höhen ein wenig intensiver sein, aber das ist eine Sache des persönlichen Geschmacks. Gerade in den Mitten und im Tieftonbereich macht der kleine Kopfhörer einen tollen Job.
Fazit:
Manchmal kommt es anders, als man denkt und so rutscht Fostex mit einem Mal in einen Bereich, den man dort offenbar nicht auf dem Schirm hatte. Eigentlich bekannt für hochwertigen Klang im Studio- und HiFi-Segment zeigen japanische Gamer dem Unternehmen, dass sich deren aktueller Kopfhörer Fostex T50RPmk4g auch zum Gaming eignet – ein Thema, welches ich so vielen Herstellern von Sound seit Jahren näherbringe. Es würde mich also nicht überraschen, wenn man bei Fostex in nicht allzu ferner Zukunft den ersten echten Gaming-Kopfhörer mit Mikrofon präsentiert, statt nur ein kleines g an den Namen eines Studio-Kopfhörers zu hängen.
Davon abgesehen hat mich der Kopfhörer beim Gaming voll überzeugt. Das kleine Stereo-Headset bringt fast schon analytisch jedes noch so feine Detail an das Ohr des Gamers, sofern denn der Sound-Designer des Spiels hier seinen Job ordentlich gemacht hat. Aber das gleiche gilt eben auch bei Musik und Film, der Sound ist immer nur so gut wie sein Ausgangsmaterial. Neben dem einwandfreien Klang steht ein sehr guter Tragekomfort, der auch lange Sessions ohne Druck auf Ohren oder Kopf ermöglicht. Einzig den geringen Lieferumfang und die etwas lieblose Verpackung könnte man bei Fostex überdenken.

Link zum Deutschland-Vertrieb: Fostex P50RPmk4g