Eines meiner ersten Videospiele war das wohl weltbekannte Tetris. Ich weiß noch ganz genau wie meine ältere Cousine mir ihren Game Boy in die Hand gedrückt hat und schauen wollte, wie ich mich anstelle. Natürlich war diese Version von Tetris nicht die erste, definitiv auch nicht die letzte, denn Tetris hat seitdem unzählige andere Spiele… sagen wir inspiriert. Vermutlich gibt es hunderte Klone von dem originalen Tetris. Manche Games haben das Spielkonzept übernommen und es ergänzt oder sogar verbessert. Und eines dieser Spiele ist das kürzlich erschienene Drop Duchy.
Hierbei handelt es sich um ein Rätsel- bzw. Puzzlespiel im Stil von Tetris, welches um einige strategische Aspekte und Roguelike-Elemente ergänzt wurde. So haben die allseits bekannten Tetris-Steine nicht nur verschiedene Formen, sondern auch verschiedene Gelände oder Gebäude. So kann der ikonische L-Stein ein Wald, ein Militärgebäude oder etwas ganz anderes sein – ein L-Stein bleibt es förmlich trotzdem. Ein Tetris-Klon der mehr als ein Tetris-Klon ist? Mich persönlich hat das direkt abgeholt. Und während des Schreibens dieser Sätze ist es auch schon fertig heruntergeladen. Also bleibt keine weitere Zeit zu verlieren. Ich spiele eine Runde mit dem Herzogtum, dem ersten Kartendeck.

Keine Sekunde im Spiel und die erste Entscheidung steht an. Nach links oder rechts? Während links die Karten zu 75% aus Grasland und zu 25% aus Wald bestehen, ist es rechts 50/50. Die Karten in meinem Deck harmonisieren viel eher mit Grasland, daher entscheide ich mich für links. In diesem Level geht es darum, möglichst viele Ressourcen zu sammeln, um unsere Karten zu verbessern. Ressourcen sammeln wir durch das Abschließen von Zeilen – klar, ist ja trotzdem noch Tetris. Die ersten paar Steine sind platziert und schon ändert sich das Gelände. Das Gebäude „Waldrodung“ wandelt Wald in Reichweite in Grasland um und gibt mir extra Holz. Das Gebäude „Bauernhof“ wandelt Grasland in Weizenfelder um und gibt extra Nahrung. Ich habe auch noch ein drittes Gebäude in meinem Deck, den Wachturm. Dieser rekrutiert Bogenschützen für Grasland und Weizenfelder in Reichweite – zwei Bogenschützen für ein Grasland, fünf für ein Weizenfeld. Das Level zu schaffen ist nicht das Problem, sondern das beste Ergebnis zu erzielen. Nach dem Level darf ich mir eine neue Karte aussuchen. Ich entscheide mich für die Karte „Täglich Brot“; ein passiver Effekt, der mir pro acht abgeschlossenen Weizenfeldern einmal „Glaube“ gibt, wobei ein Glaube am Ende eines Levels die erhaltenen Ressourcen um fünf Prozent steigert. Es fängt schon wieder an kompliziert zu werden.

Bei der nächsten Wegentscheidung darf ich mir aussuchen, ob ich in die Universität gehen möchte, oder in die Gilde. Ersteres gibt mir eine neue Technologiekarte, letzteres eine neue Gebäudekarte. Da es mir noch an strategischer Weitsicht mangelt und Gilde viel cooler klingt als Universität, ist mein Ziel klar. Hier habe ich wieder drei zufällige Karten zur Auswahl. Ich entscheide mich für eine weitere Produktionsgebäudekarte, da die anderen nicht wirklich zu meinem Deck passen. Auch hier habe ich drei Karten zur Auswahl, eine unbefriedigender als die andere. Trotzdem nehme ich den „Fruchtbaren Boden“, welche als Grasland, Wald und Fluss gleichzeitig gilt. An der kommenden Weggabelung kann ich zwischen mehr Holz oder mehr Nahrung wählen. Da meinem Deck Nahrung mehr liegt, wähle ich das Holz. Als nächstes folgt ein Kampf, daher verbessere ich meine Karten mit den erlangten Ressourcen und stürze mich ins Gefecht.

Meine Gegner sind auch hier Tetris-Steine, welche einfach in das Feld vor mir gelegt werden. Dabei kann ich entscheiden, wo diese liegen, nicht aber wann sie drankommen. Da auch meine Gegner Gebäude haben können, welche mit dem umliegenden Gelände teils stark harmonisieren, ist dies kein unwichtiges Detail. So hat der Gegner das Gebäude „Belagerungslager“, welche meine Truppen in der Nähe schwächt. Es sollte also möglichst nicht neben meinem Wachturm platziert werden. Nach dem Platzieren aller Steine, beginnt die Kampfphase. Auf meiner Seite befinden sich 30 Bogenschützen und 15 Schwere Infanterie, auf der gegnerischen 9 Schwere Infanterie und insgesamt 22 Leichte Infanterie. Ich kann mir die Reihenfolge aussuchen in der gekämpft wird, dabei läuft dieser nach dem Stein-Schere-Papier-Prinzip ab. Meine Schwere Infanterie kümmert sich also um seine Leichte Infanterie, meine Bogenschützen um seine Schwere. Da es erst der erste Kampf ist, ist dieser recht einfach gewonnen. Meine verbleibenden Truppen werden in Gold umgewandelt.

Ich habe noch sechs Wegpunkte vor mir, bevor der Boss „Die Mauer“ auf mich wartet. Mit meiner aktuellen Stärke schaffe ich diesen nicht, das ist klar. Mir fehlen noch mehr Militärgebäude. Vor mir liegt ein Handelsposten. An diesem kann ich Karten eintauschen oder aber Ressourcen gegen andere Ressourcen handeln. Der Händler macht mir ein Angebot: „70 Gold gegen 175 Holz, was sagst du?“. Für meinen Wachturm brauche ich sowohl 400 Nahrung als auch 400 Holz, daher nehme ich das Angebot an. Die nächste Weggabelung ist entscheidend. Gehe ich links zum Golddepot um Gold zu erhalten? Dann ist der nächste Wegpunkt ein Kampf. Oder nach rechts zum Nahrungsdepot, dann folgt ein friedliches Level. In diesen gibt es keine Gegner, weshalb man sich ohne große Rücksicht viele Ressourcen einverleiben kann. Jedoch wird der Boss dadurch stärker. Da ich mir sowieso schon Sorgen um meinen militärischen Arm mache, nehme ich lieber den einfachen Kampf auf mich. Dieser verläuft nicht optimal und ich nehme fünf Punkte schaden. Ärgerlich, aber ein kalkuliertes Übel.

Es folgt ein weiterer Kampf, danach ein Dorf oder ein Händler und dann endlich stehe ich vor der Mauer. Meinen Wachturm zu verbessern und ein weiteres Militärgebäude wären wichtig. Der Kampf – in dem ich mich etwas blöd angestellt habe – ist gewonnen. 46 Leben verbleibend, aber die nötigen Ressourcen für die Verbesserung bekommen. Eine weitere Militärkarte… auf die warte ich immer noch. Letzte Chance das Dorf. Entweder meine Verteidigung auffüllen oder eine Karte auswählen, die zu meiner Fraktion passt. Ich entscheide mich für die Karte. Zwei passen zu den Feldern, eigentlich eine gute Sache. Jedoch bringen diese vor allem wirtschaftliche Vorteile. Das Milizgebäude bringt pro angrenzenden Wirtschaftsgebäude vier Soldaten. Ich bin kein Fan dieser Karte, aber ich brauche mehr Soldaten. Dann nochmal alle Karten verbessern, das restliche Gold zum Heilen benutzen und ab zum Bosskampf.

Dieser hat vier Militärgebäude und bringt 30 Soldaten von Hause aus mit. Zwei der Militärgebäude sind gut neben anderen Militärgebäuden, die anderen beiden sollten möglichst nicht neben Wald oder Grasland stehen, dann könnte ich den Kampf gewinnen. Leider darf man bei der Mauer nur sehr eingeschränkt nach oben hinaus bauen, sodass man die ganze Zeit möglichst kompakt die Teile zusammenschustern muss; es bleiben also nur wenig Optionen, wo die Teile platziert werden können und man muss oft mit dem leben, was man kriegt. Nach dem Platzieren setzt man die Mauer obendrauf. Ändert nichts mechanisch, soll wahrscheinlich bedrohlich wirken. Jedenfalls hat die Einschränkung ihr Übriges getan, mit dem Setzen der Steine bin ich leider gar nicht zufrieden. Meine 41 Soldaten müssen sich gegen seine 104 behaupten. Wenn ich meine 55 Leben dazu addiere, habe ich insgesamt 96 Leben. Da ich mir aber die Reihenfolge der Kämpfe aussuchen kann, sollte es knapp klappen. Und Tatsache, mit fünf Leben habe ich den Kampf gewonnen! Ich darf mir eine neue Karte aussuchen; zwei harmonisieren mit Gebirge, eine mit neuem Gelände. Dafür tausche ich die Fluss-Felder ein, da diese mit meinen Karten keine Effekte haben. Und auf geht’s in Akt Zwei! Aber nicht jetzt. So viel Aufregung schafft mein Herz nicht auf einmal.

Drop Duchy ist ein kniffliges Tetris-Spiel, welches die Bezeichnung „Klon“ wirklich nicht verdient hat. Die Entwickler haben das Spielkonzept genommen, jedoch um so viele eigene Elemente ergänzt, dass man während des Spielens vergisst, dass man erst durch das bekannte Tetris auf dieses Spiel aufmerksam gemacht wurde. Nach dem ersten Akt folgen noch zwei weitere Akte. In jedem Spieldurchlauf gibt es Herausforderungen, welche bei Abschluss Kronenpunkte geben, welche wiederum für neue Karten und Spielmechaniken eingelöst werden können. So kann zum Beispiel das Kartendeck „Die Republik“ freigeschaltet werden. In diesem geht es darum, eine riesige zusammenhängende Stadt zu bauen und damit Boni zu erlangen. Dabei entstehen ganz neue Entscheidungen, wann wo welcher Stein gesetzt werden muss. Von diesen sind insgesamt drei vorhanden (bzw. vier, durch das DLC „The Tribe“). Wiederspielwert ist also garantiert und die Entwickler arbeiten weiter an dem Spiel. Dabei wechselt sich die friedliche Mittelalter-Musik mit den hektischen und frustrierenden Tetris-Passagen ab. Schafft man einen Kampf, ist die Erleichterung groß. Geht eine Strategie hinter einem zusammengestellten Deck auf, ist die Freude umso größer. Und sollte man einen kompletten Durchgang einmal geschafft haben, ist die Freude so groß, dass man mit den neuen Karten direkt einen neuen Durchlauf startet.
Fazit:
Als Freund von Roguelikes, Strategie oder Rätselspielen ist man hier gut aufgehoben. Ist der Einstieg einfach und das Spielprinzip simpel, kann es schnell recht kompliziert werden und für Kopfzerbrechen sorgen. Wenn man aber die Grundmechaniken verstanden hat, geht ein Durchlauf 60-90 Minuten, perfekt also für Zwischendurch, wenn man etwas Zeit überhat. Um alles freizuschalten, braucht es ein paar dutzend Stunden – 15€ sind hier also wirklich gut investiert. Und da am Spiel noch fleißig weitergetüftelt wird, dürfte da wohl auch noch einiges dazukommen.
Gastbeitrag Eric Michaelis
