Gamer kaufen immer weniger Spiele – warum eigentlich?

Die Games-Branche kannte jahrelang nur einen Weg – nach oben. Besonders zu Corona-Zeiten verkaufte sich jedes Game fast von allein. Und wie in so vielen Branchen dachte auch die Games-Industrie, dass dies bis in alle Ewigkeit so weitergeht. Dummer Fehler, denn dieser Trend scheint nun eine erste große Delle zu erhalten. Laut eines Beitrages im Wall Street Journal vom 24. Juni 2025 der US-amerikanischen Forschungsgruppe Circana geben Spieler in der Altersklasse der 18 – 24jährigen 25% weniger Geld für Games im Vergleich zum Vorjahr aus. Und nun stutzt die Branche und sucht nach Gründen. Es werden tiefgriefende Gedanken wie ein schwieriger Arbeitsmarkt und sogar Studienkredite aufgeführt, um hier eine halbwegs stimmige Begründung für das veränderte Kaufverhalten zu präsentieren. Dabei liegen die Gründe in der Branche selbst.

Ein Triple-A Titel wie Call of Duty war vor Jahren noch ein Selbstläufer. Allein die Ankündigung eines neuen Titels reichte aus, um die weltweite Gemeinschaft der CoD-Jünger in helle Aufregung zu versetzen. Und zugegeben, die ersten Titel waren immer ein Erlebnis, herausragend ist noch immer Modern Warfare 2. Aber dieses Erlebnis nutzte sich im Laufe der Zeit mit immer dümmeren Features ab, weil man ja, um die Taktzahl der jährlichen Veröffentlichungen halten zu können, auch immer neue Features bieten muss.

Der Rubel muss schließlich rollen, also wird die Kuh gemolken. Nun scheint die Kuh tot zu sein, denn in Japan verzeichnet Call of Duty: Black Ops 7 den schlechtesten Start seit Beginn der Serie. Der Analyst Zuby_Tech (über Insider Gaming) zeigt auf, dass sich das Game seit seinem Release bis zum 16.11.2025 als physische Version nur 12.311 Mal verkaufte. Nun ist Japan sicher nicht der Markt für westliche Shooter, dennoch werden die Zahlen im Rest der Welt vermutlich ebenfalls rückläufig sein. Aber dies ist nur ein Beispiel, denn die Gründe sind mehr als nur ein ewig gleiches Gameplay, ein schwieriger Arbeitsmarkt oder Studienkredite.

Jetzt erzählt Opa vom Krieg, denn früher war alles anders. Zu Beginn der Ära der Videospiele hieß ein neues Game den regelmäßigen Weg ins Kaufhaus. Zeitschriften zum Thema Gaming gab es kaum, also informierte man sich in der Spielwarenabteilung über Neuerscheinungen. Und wenn nach Wochen mal ein neues Game in der Auslage stand, dann wurde das anhand des Textes und weniger Bilder auf der Rückseite der Verpackung gekauft. Egal wie gut oder schlecht das Spiel dann auch war, man zockte das sogar mehrfach bis zum Ende durch. Wir hatten ja sonst nichts 😀
Heute erscheinen Games tatsächlich im Stundentakt für alle Konsolen und den PC – und die wenigsten sind erfolgreich. Aber woran liegt das?

Grund 1- der Markt ist übersättigt und der Müll nimmt Dank KI zu

Laut der Website Webseite gamalytic.com sind auf Steam seit Januar 2025 gut 13.000 neue Spiele erschienen. Beim Schreiben dieses Beitrages befinden wir uns in Kalenderwoche 48. Das sind also bis heute 331 Tage. Das heißt, das täglich über 39 neue Spiele, also 1,625 Spiele pro Stunde auf Steam veröffentlicht wurden. Und egal, ob erfolgreich oder nicht – denn nur 8% dieser Games generierten mehr als 100.000 US-Dollar Umsatz – das ist schlicht und ergreifend zu viel, der Markt ist also hoffnungslos übersättigt. Dazu kommt, dass zu viel Müll online geht, der inzwischen mit zu viel KI erstellt wird. Eine Qualitätskontrolle für Games gibt es leider nicht, der Spieler ist der Leidtragende.

Grund 2 – Day One Patch, denn kein Spiel kommt mehr fertig auf den Markt

Zu Zeiten von früheren Konsolen ohne I-Net Dauerinfusion war ein Spiel bei seiner Veröffentlichung fertig! Man legte das Modul in seine Konsole und das lief von Anfang bis Ende fehlerfrei. Ich kann mich an keinen Titel erinnern, der an einem Bug litt. Sonic, Zelda und Hunderttausende anderer Games liefen einfach. Heute kommt kein Titel auf den Markt, der nicht mit einem Patch zurechtgedengelt werden muss, damit der halbwegs fehlerfrei funktioniert. Es ist erschreckend, dass dafür sogar der Begriff Day One Patch erfunden wurde. Und wer bis heute in der Digital-Wüste Deutschland auf dem Dorf fernab von stabiler und schneller I-Net Leitung lebt, hat ohnehin wenig Chancen auf halbwegs lauffähige Spiele.

Grund 3 – weg von physischen Versionen hin zum Download only

Siehe Punkt 2, denn in Zeiten der Standleitung ins Netz funktioniert kein Game mehr, ohne dass Daten, Updates, Patches, Bug-Fixes und sonstiges von hinten in PC und Konsole geschoben werden, um ein schlichtes Spiel zocken zu können. Der Vollpreis-Titel Gran Turismo 7 auf der PS5 hat ohne ständige Verbindung ins Web nur 13 Fahrzeuge und 16 Strecken, auf den Karriere-Modus muss man ganz verzichten. Spieler ohne dauerhafte I-Net Verbindung bekommen hier für viel Geld eine Demo. Und so geht es vielen anderen Titeln auch.

Die Industrie macht es sich hier in Sachen Download zu einfach. Ja, man spart Kosten für Verpackungen, Anleitung und CD unter dem Aspekt des Umweltschutzes und der Nachaltigkeit, aber der eigentliche Grund ist noch immer, dem Zweitmarkt mit dem Verkauf gebrauchter Games den Hahn zuzudrehen. Und die Diskussionen, wem ein Download letztendlich gehört, klingen bis jetzt nach. Ein Modul oder eine CD gehören mir, ein Download zum Vollpreis ist eine Miete, bis der Hersteller oder Publisher den Server abschaltet. Die Kohle und das Spiel sind dann weg. Daher verzichten immer mehr Spieler auf kostenpflichtige Downloads.

Grund 4 – selbstgeschaffene Leiden durch Preiserhöhungen

Auf meinen alten Atari 2600 Packungen klebt noch heute das Preisschild mit der Summe 120,-DM, also heute rund 60€. Dieser Preis stand lange Zeit als ungeschriebenes Gesetz als Obergrenze für Videospiele. Auch daran rüttelt die Industrie jetzt mit Macht und so sind 80€ jetzt das neue normal. Und nicht nur das, denn für das erneut verschobene GTA 6 waren in der Gerüchteküche bis zu 120€ als Preis im Umlauf. Nun wird das ein Titel sein, der sich ohnehin allein aufgrund seines Hypes von allein verkauft, egal welcher Preis am Ende dafür aufgerufen wird, aber das wird andere Hersteller nur dazu animieren, hier mit ihren Titeln nachzuziehen.

Und da sind wir wieder bei Spielen wie CoD, Assassins Creed oder FC Sport Fifa whatever, die in jährlicher Taktrate erscheinen. Diese Titel mit marginalen Verbesserungen, die meist nicht mehr als ein Update sind, werden selbstverständlich zum Vollpreis verkauft. Hier ziehen aber offenbar immer mehr Spieler die Reißleine und verzichten auf einen Kauf. Nun kann man einen Indie-Titel nur schwerlich mit dem Triple-A Titel großer Publisher vergleichen, aber gerade Indie hat regen Zulauf. Beste Beispiele sind wohl Titel wie Brotato, Hollow Knight: Silksong oder Balatro, die sich nicht nur wegen des überschaubaren Preises, sondern auch wegen ihrer ungewöhnlichen und frischen Spielidee verkaufen.

Die großen Publisher stecken also in einer Zwickmühle: Große Titel erfordern Personal, Entwicklungskosten, Marketing und so viel mehr. Diese Kosten müssen über den Kaufpreis wieder eingeholt werden. Aber das funktioniert eben nicht mit den ewig gleichen Titeln in neuer Verpackung, neuer Jahreszahl und dem immer gleichen Spielprinzip – siehe Indie-Titel. Und hier scheinen Preiserhöhungen der falsche Weg zu sein, um diese Titel in großer Stückzahl an den Mann zu bringen. Damit schlage ich dann den Bogen zurück zu Call of Duty: Black Ops 7. Statt hier das Game von Grund auf zu überdenken und vielleicht der Serie mit neuen Ideen zu neuem Glanz zu verhelfen, wird man höchstwahrscheinlich mit dem nächsten Call of Duty lieber an der Preisschraube drehen, um möglichst viel Gewinn herauszupressen. Und dann werden vielleicht noch weniger Spieler Geld dafür ausgeben?!