GameStop schließt endgültig – ein Verlust, der keiner ist

Herstellern und Publishern von Games waren die Filialen von GameStop schon immer ein Dorn im Auge. Wo sonst konnte man als Gamer sein durchgezocktes Spiel abgeben und ein neues oder gebrauchtes gleich mitnehmen? Ich weiß nicht, ob die Zahl der entgangenen Gewinne durch GameStop durch nicht neu verkaufte Spiele jemals irgendwo beziffert wurde, aber es war mit Sicherheit eine unfassbar hohe Summe. Nicht umsonst wurden physische Spiele immer rarer oder erst verzögert nach dem digitalen Release veröffentlicht und nach und nach durch Downloads-only ersetzt. Nun gibt GameStop endgültig auf und die Spielebranche atmet hinter verschlossenen Türen ganz leise auf – der Handel mit gebrauchten Spielen nähert sich seinem Ende.

Zu Anbeginn der Zeiten, als Spiele noch auf Scheibe gekauft wurden, war GameStop der Platzhirsch unter den Gaming-Stores, obwohl ich mich lieber im Robby Rob Shop herumgetrieben habe. Neuware, gebrauchte Spiele und tolles Merch zeichneten die Läden aus. Dazu kamen Mitarbeiter, die ihren Job nicht nur verstanden, sondern selbst mit Leib und Seele Gamer waren. Für mich am nächsten lag der GameStop in den Berliner Borsighallen und allzu häufig pendelte ich zwischen dem Store und dem MediaMarkt hin und her – teils um Preise zu vergleichen, teils um einfach fachzusimpeln, auch wenn ich nie ein Fan des Gebrauchtkonzeptes bei GameStop war.

Denn Spiele wurden zu Spottpreisen aufgekauft und zu Apotheken-Preisen verkauft. Früher, auf dem mittelalterlichen Markplatz, wäre man dafür wegen Wucher an den Pranger gestellt worden. Selbst nahezu neue Games erzielten nur einen Bruchteil dessen, was man online im bekannten Auktionshaus dafür hätte erhalten können. Aber Geduld ist eine Tugend und somit nicht die hervorstechendste Eigenschaft der meist jugendlichen Kundschaft. Und so trugen die zahlreichen Taschengeldempfänger ihre guten Spiele eben in den GameStop, um sich freudestrahlend über das noch recht grüne Ohr hauen zu lassen. Ein Konzept, welches jahrelang funktionierte und ein Vermögen einbrachte.

Von Mike Mozart from Funny YouTube, USA – GameStop, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=89854717

Heute betritt man einen GameStop und wird von einer inzwischen unübersichtlichen Anzahl von Funko Pop Figuren in allen Größen erschlagen, die in solch unfassbaren Massen produziert werden, dass sich auch hier das Sammeln nicht mehr lohnt. Dazu kommt Merch, welches entweder der zukünftige Plastikmüll aller sieben Weltmeere ist oder aber sich in Preisklassen bewegt, dass man pures Gold dahinter vermuten muss. Auch ist von der einstigen guten Laune bei den Verkäufern heute nicht mehr viel übrig. Wenn man auf seinen höflichen Gruß beim Betreten des Shops zumindest noch ein gelangweiltes Grunzen erhält, hat der Mensch hinter der Theke entweder gute Laune oder aber Schnupfen. Wie in so vielen Bereichen fehlt auch hier seit Langem von Fachpersonal mit Liebe zum Job jede Spur.

Hätte man bei GameStop dieser Entwicklung entgegenwirken können? Wohl eher nicht, denn der digitale Download hat die Gamer fest im Griff. Warum soll ich mich vom Sofa bewegen, wenn ich mit wenigen Klicks ein schnelleres Resultat erziele? Alles muss sofort und schnell zu erreichen sein, so auch im Gaming. Also sind auch die Spieler in einem nicht geringen Maß am Niedergang des nächsten Einzelhändlers mit Schuld. Dieses Ende war demnach abzusehen. Aber auch das wurde von der Spieleindustrie geschickt eingefädelt, denn immer häufiger enthalten die Hüllen nur einen Code für einen digitalen Download und ich als Spieler stelle mir keine leere Plastikhülle ins Regal. Bleibt also zu hoffen, dass Nintendo noch lange auf Cartridges setzt.

Schon seit Jahren fristeten die Shops ein tristes Dasein in den immer ranzigeren Einkaufszentren, die nach Corona immer weniger Besucher anlockten. In der Pandemie lernten eben so viele Menschen, online einzukaufen, die vorher keinen Bezug dazu hatten. Und wer eines dieser Zentren kennt, kennt alle, egal wo in Deutschland diese vertreten sind. H&M neben Douglas neben MediaMarkt, Abwechslung sieht anders aus. Aber Veränderung ist den Deutschen von der Mentalität her offenbar nicht gegeben, der Spruch „das haben wir schon immer so gemacht“ kommt nicht von ungefähr. Und dem hat sich auch GameStop angeschlossen. Nun wird der Shop im Einkaufszentrum nur eine weitere mit Zeitungspapier verklebte Glasfront sein und mein Mitleid hält sich in Grenzen. Wenn man nicht weiß, wann Schluss ist, wird man eben von der Zeit überholt.  

Aber selbst im Todeskampf versucht man bei GameStop noch so viel Kohle zu scheffeln, wie irgend möglich. Obwohl voraussichtlich am 06.01.2025 endgültig der Vorhang fällt und man nun vielleicht versuchen sollte, die Restbestände loszuwerden, werden trotz angeblichem 10% Nachlass noch immer so viele Spiele zu überteuerten Preisen verkauft. Wenn es eines letzten Beweises bedurft hätte, warum GameStop dem Untergang geweiht ist – die Website lügt nicht. Noch ist nicht klar, ob zumindest der Online-Shop von GameStop weiter bestehen bleibt, es werden allerdings keine Vorbestellungen mehr angenommen. Vielleicht macht man am 05.01.25 im Shop noch das eine oder andere Schnäppchen, ich wage das aber zu bezweifeln.

GameStop gehört definitiv nicht zu den Ketten, die man vermissen wird – denn im Bewusstsein so vieler Spieler hat diese schon lange aufgehört zu existieren.