Fasziniert und etwas überfordert stehe ich vor dem Spiegel und tippe auf dem Touchpanel des neuen Kopfhörers herum. Vor 15 Minuten erhielt ich ein Paket mit einem Logo, dass mir nur allzu bekannt vorkommt. Genau genommen ist es fast wie ein Déjà-Vu, denn vor einem Jahr erhielt ich schon mal ein solches Paket, darin der AT-LP5 Plattenspieler von der Firma für praxisgerechte, hochwertige Audioausrüstung – Audio Technica.
Dieses Mal erhielt ich jedoch den ATH-ANC700BT zum ausgiebigen Alltagstest. Aus Sicht vieler Jugendlicher würde man meine Art des Musikhörens vermutlich als spießig bezeichnen. Denn entgegen der Bewegung, die ganz klar in Richtung Musikstreaming und „Musik unterwegs hören“ geht, setze ich darauf eine Schallplatte aufzulegen und die Musik dann in Ruhe, ohne Umgebungsgeräusche, zusammen mit meiner Katze zu genießen.
Der ATH-ANC700BT kommt somit gerade recht, denn er verspricht durch die sogenannte „Störgeräuscheunterdrückung“ ein hervorragendes Klangerlebnis für all die Leute, die auch unterwegs, im Büro, oder auf Reisen ihre Musik in vollen Zügen genießen wollen. Da sich die Meinungen über Bluetooth Kopfhörer und deren Klangqualität ganz klar spalten und es Befürworter aber auch starke Gegner dessen gibt, war ich gespannt wie der edle 199€ Kopfhörer im Test abscheidet.
Der wohl interessanteste Part des „Theorietestes“ ist immer wieder das Auspacken des neuen Gerätes. Denn die Hersteller lassen sich die unterschiedlichsten Methoden einfallen, damit nicht nur ihr Produkt, sondern auch der Auspackvorgang etwas ganz Besonderes ist.
So auch bei dem ATH-ANC700BT. Die Verpackung wirkt zunächst sehr minimalistisch und verrät übersichtlich, was sich alles im Inneren befindet. Öffnet man diese, kommen der edle Kopfhörer und sein Zubehör zum Vorschein. Besonders verstärkt wird dessen Wirkung durch ein schwarzes, faltenschlagendes Tuch, welches als Untergrund dient.
Der Over-Ear-Kopfhörer selbst ist matt und ebenfalls sehr schlicht. Es gibt kaum Verzierungen oder Designspielereien, doch gerade das lässt ihn sehr hochwertig wirken. So findet man auf der rechten Kopfhörerseite nur ein kleines Mikrofon mit einem Frequenzbereich von 50 – 4.000 Hz. Dieses ermöglicht nicht nur das angenehme Telefonieren mit dem Kopfhörer, sondern auch das „Noise-Cancelling“.
Auf der linken Kopfhörerseite befinden sich der An-/Aus-Schalter, eine weiße und eine grüne LED-Lampe, die den Status der Bluetooth Verbindung und die der Störgeräuscheunterdrückung anzeigen. Der Micro-USB Ladeeingang ist ebenfalls schlicht und sticht nicht aus dem Gesamtbild des Kopfhörers heraus. Zudem findet man dort die Buchse für den mitgelieferten 3,5mm Kopfhöreranschluss, mit einer Kabellänge von 1,2 Metern, welcher das Hören von Musik auch ermöglicht, wenn die Akkukapazität ausgeschöpft ist.
Apropos Akku: Der ATH-ANC700BT hat beeindruckende Akkulaufzeiten von minimal 25 Stunden, unter gleichzeitiger Nutzung von Bluetooth und Noise-Cancelling, bis zu ungefähr 30 Stunden, wenn die Musikwiedergabe nur per Bluetooth erfolgt. Somit ist der Edelkopfhörer perfekt für längere, stromunabhängige Reisen. Ergänzend dazu beträgt die Aufladezeit 5 Stunden. Da der Kopfhörer über keine Schnellladefunktion verfügt ist es jedoch etwas schwierig, ihn im Alltag komplett aufzuladen.
Wer unterwegs den Kopfhörerakku jedoch „über Wasser halten möchte“, kann ihn mit einer herkömmlichen Powerbank aufladen, auch wenn hierbei natürlich nicht die volle Akkuleistung erreicht werden kann. Das Musikhören während des Ladevorganges ist aber nicht möglich. Für solche Fälle eignet sich nur die direkte Verbindung zwischen Musikausgabegerät und Kopfhörer durch das Klinkenkabel.
Mit nur 250g liegt der Over-Ear Kopfhörer ohne unangenehmen Druck auf und lässt sich durch verstellbare Bügel beliebig an den Kopf anpassen. Auch wenn man den Kopf schüttelt oder hin und her springt, sitzt der Kopfhörer fest und fällt nicht herunter. Somit ist auch die Sicherheit, dass man den Kopfhörer beim Rennen zur Bahn nicht verliert, gegeben.
Das Kopf-, sowie die Ohrpolster sind mit schwarz-mattem Proteinleder überzogen und beinhalten Memory-Schaum, wodurch der Tragekomfort um einiges erhöht wird. So kann man den ATH-ANC700BT problemlos mehrere Stunden lang tragen und auf Reisen sogar damit schlafen. Doch auch hierbei ist, wie bei allen Over-Ear Kopfhörern, zu beachten, dass es besonders im Sommer schnell warm für die Ohren werden kann.
Etwas unangenehm wirkte auf mich das Gefühl eines Unterdrucks, welches entsteht, sobald man den Kopfhörer aufsetzt und welcher ganz besonders bei aktivierter Störgeräuscheunterdrückung zu spüren ist. Setzt man den Kopfhörer ab, fühlt es sich tatsächlich so an, als hätte man den Taucher-Druckausgleich gemacht, da der Druck sofort verschwindet. Die Ohrmuscheln des Kopfhörers sind um 90 Grad drehbar, wodurch man den Kopfhörer gut in einer Tasche oder im mitgelieferten, sehr edel aussehenden Lederbeutel transportieren kann.
Doch nun zur Spezialfunktion des Kopfhörers – das Touchpanel.
Besonders bei der ersten Benutzung stellt sich die Bedienung der Touchoberfläche als sehr schwierig heraus, weshalb es teilweise passieren kann, dass man das Lied wechselt anstatt es zu pausieren oder man die Lautstärke verändert. Zumindest passierte mir das, als ich keinen Spiegel in der Nähe hatte und krampfhaft versuchte mit dem Finger auf der richtigen Position zu landen.
Dabei ist die eigentliche Bedienung ganz einfach. Tippt man auf den oberen oder unteren Bereich des Touchpanels auf der linken Kopfhörerseite, so erhöht oder senkt man die Lautstärke. Das Antippen der Mitte führt dazu, dass man die Musik stoppt oder wieder abspielt. Wischt man von der Mitte aus nach oben oder unten, so kann man Lieder überspringen oder zurücknavigieren. Legt man den Finger etwas länger auf die Mitte, so wird der Sprachassistent des Handys aktiviert – auch wenn dieser bei mir eigentlich deaktiviert ist. Mit etwas Übung lässt sich das Touchpanel aber immer einfacher bedienen und nach einer Weile hat man den Dreh raus.
Letztendlich ist da noch die Funktion des Noise-Cancellings, die mir tatsächlich immer noch ein wenig suspekt ist. Eigentlich soll man die flache Hand für 2 Sekunden auf das Touchpanel legen um damit die Störgeräusche zu unterdrücken oder die Funktion auszuschalten. Nun kann es gut möglich sein, dass meine Hände vielleicht einfach zu klein oder „anders“ als normale Hände sind – zumindest funktioniert diese Funktion bei mir eher nach dem Motto:
Mal ja – Mal nein.
Zu guter Letzt gibt es noch ein kleines Manko. Vermutlich fühlen sich nur Perfektionisten von solch einer Eigenschaft gestört, jedoch finde ich, dass es dennoch erwähnenswert ist und nicht vergessen werden sollte: Durch das matte Plastik, aus welchem der gesamte ATH-ANC700BT gefertigt ist, sieht man Fingerabdrücke sofort. Besonders bei intensiver Benutzung kann dadurch der edle Touch des Kopfhörers etwas verloren gehen.
Das Koppeln von Kopfhörer und Smartphone erweist sich als sehr einfach. So dauert es nur ein paar Sekunden und schon kann der Musikgenuss losgehen. Problematisch wird es nur, wenn man den Kopfhörer mal mit einem anderen Gerät als dem Erstgerät verbinden will da es passieren kann, dass sich der ATH-ANC700BT einfach mit dem gewohnten Gerät, anstatt mit dem Neuen verbindet. Andererseits verhindert dies aber das Verbinden mit fremden Handys in der Umgebung, wenn man in der Bahn unterwegs ist, was einen echten Vorteil darstellt.
Auch in der Entfernung punktet der Kopfhörer. Man kann problemlos durch das gesamte Haus gehen, ohne das Handy ständig mittragen zu müssen. Nur bei dickeren Wänden kann es passieren, dass die Verbindung gestört wird. Auf freier Fläche beträgt die Maximalreichweite zwischen Handy und Kopfhörer bis zu 20 Meter.
Die 40mm Treiber des Edelkopfhörers versprechen einen klaren, detailreichen Klang. Ob dies auch wirklich der Fall ist fand ich im Praxistest heraus. Mein aktuelles Lieblingslied „Let’s Kill Tonight“ von Panic! At The Disco eignet sich, aufgrund des starken Einsatzes von E-Gitarre, Schlagzeug und dem Zusammenspiel dieser mit einem Orchester perfekt zum Testen der Höhen.
Besonders meine Alltagskopfhörer versagen immer wieder im Refrain des Liedes, weshalb ich sehr gespannt war, ob der ATH-ANC700BT diese Hürde meistert. Tatsächlich war der Kopfhörer in der Lage die Höhen problemlos und unfassbar angenehm wiederzugeben. Dazu kommt, dass auch das Klangbild der Violinen am Ende des Liedes viel räumlicher wirkte, als ich es zuvor kannte.
Um die Qualität der Basswiedergabe zu Testen wählte ich den Song „Blame“ von Bastille.
Denn auch, wenn der Hauptfokus des Liedes nicht auf den Bässen liegt, sind diese doch sehr stark vertreten und erzeugen bei der richtigen Wiedergabe bei mir immer wieder Gänsehaut. Auch dies meisterte der Kopfhörer mit Bravur und gab wirklich alle Tiefen klar und deutlich wieder, ohne andere Töne zu verschlucken. Für manche ist die Intensität des Basses etwas zu stark, wie ich feststellen musste. Ich aber mag etwas dominanteren Bass, weshalb es mich eher begeisterte.
Zu guter Letzt brachte ich beide Kriterien mit satten Mitten zusammen – denn auch hier gibt es Kopfhörer, die teilweise nicht das wiedergeben, was sie eigentlich sollten. Dafür entschied ich mich für das Lied „Motel“ von Meg Myers.
Dank High-Res Audio und der Qualcomm® aptX™-Technologie des Kopfhörers, überzeugte auch das Lied voll und ganz – und das trotz der Übertragung durch Bluetooth, welche in den meisten Fällen zu minderwertiger Qualität der Lieder führt.
Jedoch ist da ja noch die Sache mit der Störgeräuscheunterdrückung. Denn schließlich ist sie der wohl umstrittenste Punkt zwischen audiophilen Personen. Manche schwören darauf, andere wiederum verteufeln diese Funktion, da sie das originale Klangbild der Musik zu sehr beeinflusst. Das System funktioniert so, dass das Mikrofon des Kopfhörers Umgebungsgeräusche aufnimmt und dann ein Signal herausgibt, damit die Geräusche reduziert werden. Ich habe während dieses Tests mein ganz eigenes Fazit ziehen können und muss sagen, dass ich nicht wirklich ein Fan des Noise-Cancellings bin.
Der erste Punkt, der mich sehr stark stört, ist tatsächlich die Beeinflussung der Lieder durch diese Funktion. Die Musik wirkt dadurch viel weniger räumlich und sehr dumpf. Zweiter Aspekt ist, dass die Unterdrückung der Störgeräusche gar nicht so effektiv ist, wie ich es erwartete. Man hört nämlich immer noch Stimmen und andere Geräusche, bloß sind diese nur dumpfer. Etwas später fand ich die Erklärung für das Problem – in den Sicherheitsanweisungen des Kopfhörers.
Die Unterdrückungsfunktion verringert nämlich nur Geräusche von 300Hz oder niedriger. Stimmen oder Klingeltöne werden dadurch überhaupt nicht beeinflusst, sondern erreichen ungehindert das Ohr des Hörers.
Gerade aufgrund meiner Rechercheergebnisse hinterfrage ich nun die Notwendigkeit dieser Funktion. Natürlich ist die Filterung von Umgebungsgeräuschen wie dem Motor eines Busses hilfreich, aber wenn ich trotzdem die Stimmen aller Menschen meiner Umgebung höre, vollfüllt das Noise-Cancelling nicht ganz den Zweck, den es eigentlich erbringen sollte. Besonders im Büro sollten die Kopfhörer dazu dienen, dass man die Umgebungsgespräche für einen Moment abschalten kann, was mit der Funktion aber nicht möglich ist.
Positiv fiel mir während des Tests im Alltag jedoch auf, dass die Musik – bei egal welcher Lautstärke – nicht andere Fahrgäste oder Kollegen erreichte und sich so auch niemand von meiner Musik genervt fühlen konnte. In Hinsicht auf die Durchlässigkeit der Kopfhörer anderer Fahrgäste, ist dies wirklich ein großer Pluspunkt, da man mit diesem Over-Ear-Kopfhörer keine bösen Blicke auf sich zieht.
Fazit:
Der ATH-ANC700BT vereint sowohl viele Stärken als auch ein paar Schwächen. So überzeugt er ganz klar mit seiner Akkuleistung und dem klaren, dynamischen Klangbild. Auch in Sachen Reichweite, Erscheinungsbild und Verstaubarkeit punktet er und ermöglicht eine unkomplizierte Benutzung im Alltag. Das Noise-Cancelling und seine Bedienung sind jedoch gleichermaßen uneffektiv wie kompliziert, wodurch sie nicht ganz den Zweck erfüllen, den sie eigentlich sollten.
Für 199€ bietet der Edelkopfhörer von Audio-Technica jedoch eine Menge und besonders für die Menschen, die ihre Musik gerne unterwegs hören wollen, ist der Kopfhörer genau das Richtige. Wer aber zu der Kategorie der „Musik-in-Ruhe-Genießer“ gehört, der wird mit dem Kopfhörer nicht ganz so glücklich werden, da er wirklich voll und ganz für die Benutzung unterwegs, im Alltag gedacht ist.
Link zur Herstellerseite: Audio Technica ATH-ANC700BT
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