Kopfhörer finden seit Jahren reißenden Absatz, die Zahlen verkaufter Geräte zeigen stetig nur nach oben. Dass diese Statistik auch mit dem Absatz verkaufter Smartphones verknüpft ist, liegt auf der Hand. Denn begnügten sich Käufer eines neuen Handys vor nicht allzu langer Zeit noch mit dem beigefügten In-Ear-Kabelsalat, so legen immer mehr Menschen Wert auf bestmöglichen Klang auch unterwegs.
Dabei reicht das Angebot von klein und preiswert bis High-End und eben nicht mehr ganz so preiswert. Um sich also von der Konkurrenz abzuheben, muss man sich inzwischen etwas einfallen lassen, sei es beim Design oder der Technik – oder beidem gleichzeitig. Und so wollte ich nach der ersten Pressemitteilung den Aventho wireless unbedingt hören. Nach einem kurzen Intermezzo auf der High End in München, bei dem ich schon begeistert war, liegt das gute Stück nun hier für einen ausgiebigen Test.
Neben dem Kopfhörer selbst befinden sich ein gepolsterter Transportbeutel, ein USB-Kabel zum Laden, ein Klinkenstecker sowie zwei Anleitungen für das Pairing per Bluetooth und die Bedienung des Touchfeldes und eine für die Einrichtung der MIY-App – diese allerdings nur in englischer Sprache – in der Verpackung.
Der Kopfhörer macht schon beim ersten Anfassen einen hervorragenden Eindruck. Ich habe glücklicherweise das Modell mit braunem Leder erhalten, der Retro-Look nimmt auf Anhieb mit. Alternativ ist der Aventho wireless aber auch in schwarz erhältlich. Die Ohrmuscheln sind extrem beweglich, so lassen diese sich in der Vertikalen um 45 Grad und in der Horizontalen um 180 Grad bewegen. Dazu kommt eine beidseitige Größenverstellung von vier Zentimetern. Durch diese Beweglichkeit passt der Kopfhörer auf so gut wie jeden Kopf.
Das Leder der Ohrmuscheln und des Kopfbügels ist herrlich weich und lässt somit auch längere Tragezeiten zu. Selbst nach über zwei Stunden intensiven Hörens verspürte ich keinen Druck auf den Ohren oder dem Kopf. Das liegt aber sicher auch an dem geringen Gewicht von nur 238 Gramm. Die Halterungen der Muscheln und das Raster sind aus Metall und wirken einwandfrei verarbeitet. Die Außenseiten sind in einem Ring aus Metall eingefasst und somit wirkt der komplette Kopfhörer modern und retro zugleich. Es ist hier der gelungene Mix von Materialien und Farben, der diesen so schönen optischen Eindruck entstehen lässt.
Die komplette Technik ist in der rechten Ohrmuschel verbaut. So befinden sich dort nicht nur der Eingang für den Klinken- und USB-Anschluss, sowie der kleine Power-Knopf, sondern der Aventho wireless wartet für die Bedienung mit einem Feature auf, das ich vor Jahren zuerst im Parrot Zik kennenlernen konnte. Denn statt für Lautstärke und Titelsprung weitere Knöpfe im Gehäuse unterzubringen, setzt man beim Aventho wireless auf ein Touchfeld, welches sämtliche Funktionen übernimmt. Ähnlich wie bei der Bedienung des Smartphones werden Funktionen mit dem Streichen über das Touchfeld bedient.
Streichen nach oben oder unten reguliert die Lautstärke, streichen nach vorn oder hinten sorgt für einen Titelsprung. Durch tippen auf das Feld werden Anrufe entgegen genommen, Titel pausiert und fortgesetzt oder Siri und der Google Assistant aufgerufen. Die Sensibilität lässt sich in der App den persönlichen Bedürfnissen anpassen. Anfangs mag diese Methode der Bedienung etwas ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig sein, aber nach wenigen Versuchen hat man den Dreh raus und die Bedienung erfolgt intuitiv. Das mitunter nervige Ertasten von Knöpfen, nur um die Lautstärke zu regulieren, entfällt hier völlig.
Das erste Pairing zwischen mobilen Endgerät und Aventho wireless ist unkompliziert und innerhalb von Sekunden erledigt, der Kopfhörer ist schnell einsatzbereit. Über den Zustand informiert etwas ungewohnt eine weibliche Computerstimme. Schaltet man den Kopfhörer an, erhält man die akustische Meldung „power on, battery 60 percent, your headset is connected“. Man ist somit auch ohne LED jederzeit über den Akkustand seines Kopfhörers informiert. Die Laufleistung wird von beyerdynamic mit dreißig Stunden angegeben, diese werden tatsächlich auch in der Realität erreicht. Nach dreimaligem Aufladen lief der Kopfhörer bei mir gute 31 Stunden.
Audiophile Feingeister können Bluetooth-Kopfhörern noch immer nichts abgewinnen, aber auch hier entscheidet die Technik über den Klang. Für die bestmögliche Übertragungsqualität nutzt beyerdynamic die Tesla-Technologie und das Bluetooth 4.2 Protokoll mit dem aptX HD und AAC Codec von Quallcom, was in meinem Fall an meinem Moto Z2 auch wieder von der freundlichen Dame im Ohr mit „apt X HD activ“ kommentiert wird. Die Qualität der Musik ist also vom wiedergebenden Endgerät abhängig, der Aventho wireless ist technisch voll auf der Höhe.
Wie schon auf der High End in München war ich auch hier bei den ersten Songs von der Klangqualität des kleinen Kopfhörers begeistert und überrascht. Denn der Aventho wireless ist ja „nur“ ein On-Ear-Hörer, man sollte also meinen, dass Umgebungsgeräusche den Hörgenuss trüben könnten. Aber weit gefehlt. Auch ohne integriertes Noise-Canceling dringt so gut wie kein Geräusch von außen an das Ohr. Gleiches gilt aber auch umgekehrt. Kaum etwas stresst mehr, als der Sitznachbar in den Öffentlichen Verkehrsmitteln, dessen Brüll-Stecker den gesamten Bus unterhalten. Mit dem Aventho kann man sich getrost auch in der Menschenmenge bewegen, ohne andere zu nerven.
Bis hierhin ist der Aventho wireless ein Kopfhörer – ein klanglich sehr guter und optisch bildschön – aber eben ein Kopfhörer. Was ihn von allen anderen unterscheidet, ist so ungewöhnlich wie genial. Schaut man sich einmal das menschliche Hörvermögen an, wird man erkennen, dass das Gehör mit zunehmenden Alter nachlässt. Junge Menschen nehmen einen Frequenzbereich von 20 bis 20.000 Hertz wahr, das entspricht etwa 400.000 unterscheidbaren Tönen. Im Alter sinkt dieses Vermögen auf bis zu 5000 Hertz. Die simple Regel lautet also, je älter wir werden, desto weniger Töne nehmen wir wahr. Das gilt dann leider auch bei Musik.
Hier setzt beyerdynamic mit einer Idee an, die es so vorher noch nicht gab. In Zusammenarbeit mit dem Berliner Unternehmen mimi hearing technologies entwickelte man eine App für einen Hörtest, der dem Hörer sein individuelles Klangerlebnis auf seinem Kopfhörer ermöglicht. Nach dem Download der MIY-App – MIY steht für Make it yours – wird der Kopfhörer mit der App gekoppelt. Hier hatte ich allerdings das erste und einzige Mal Schwierigkeiten, da die App den Kopfhörer nicht finden konnte. Es stand aber für den Aventho ein Update bereit, welches erst über den PC installiert werden musste. Nach dem Update funktionierte die App dann tadellos.
Wer keine Lust auf eine fünfminütige Einrichtung hat, gibt einfach sein Geburtsjahr ein und die App errechnet anhand der mimi-Datenbank das ungefähre Hörvermögen des Trägers. Viel spannender und genauer hingegen ist der Test. Kopfhörer aufsetzen, die Lautstärke auf 50% regulieren und der App folgen. Hierbei werden getrennt für das linke und rechte Ohr Töne eingespielt, man hält einen Button auf dem Smartphone solange gedrückt, bis man den Ton nicht mehr wahrnimmt. Anhand dieser Ergebnisse errechnet die Software das persönliche Hörprofil. Dieses wird auf dem Aventho wireless gespeichert und funktioniert selbst dann, wenn die Musik von einem anderen Zuspieler kommt, auf dem die App nicht installiert ist. Und selbstverständlich lässt sich der Hörtest jederzeit wiederholen und neu abspeichern.
Ich habe den Hörtest gemacht und höre offenbar (noch) so gut, dass ich kaum Unterschiede bei Musik mit und ohne Profil feststellen konnte. Also stellte ich mich für den nächsten Test taub und tat so, als könnte ich diverse Frequenzen und Töne kaum bis gar nicht wahrnehmen. Und jetzt kommt der Unterschied zwischen Original und persönlichem Profil zum Tragen. Es macht wirklich einen Unterschied, ob ich die App mit dem eigenen Profil verwende und meinen Kopfhörer individualisiere oder ob ich bereits die einwandfrei Originaleinstellung höre. Darf ich der MIY-App und dem Hörtest demnach Glauben schenken, habe ich noch immer ein einwandfreies Gehör.
Der Klang ist beeindruckend. Was die Tesla-Treiber da an den Ohren abliefern, macht wirklich Spaß. Da ich mich am liebsten auf der Rock-Schiene bewege, war mir die aktuelle Spotify-Playlist Rock This ein inneres Blumenpflücken. Hier war der Song Just Say When von Nothing More ein Highlight. Die Lead-Gitarre spielt sich so unauffällig in den Vordergrund, dass jedes Zupfen der Saiten zu einem Erlebnis wird. Der Aventho spielt so sanft in den Mitten und Höhen auf, dass es Gänsehaut verursacht.
Imagine Dragons ist bekannt für basslastige Stücke. Nach einer kurzen Einführung mit Gesang geht es bei Natural mit dem Bass auch schon in die Vollen. Und auch hier ist der Aventho problemlos dabei. Der Bass ist so dynamisch und kräftig ohne aufzutrumpfen und die anderen Instrumente in den Hintergrund zu drücken – einwandfrei!
Und selbstverständlich kann momentan kein Test ohne ein Stück von Bishop Briggs beendet werden. Hier steht in jedem Song die unglaubliche Stimme von Sarah Grace McLaughlin ganz klar im Vordergrund, auch wenn der Takt von Schlagzeug und der Bass so großartig begleiten. All das bringt der Aventho wireless so perfekt an das Ohr, als stände ich wieder live beim Konzert im Saal.
Fazit:
Was habe ich mich nach dem kurzen Probehören auf der High End in München auf den Aventho wireless gefreut und ich wurde nicht enttäuscht. Denn was sich dort bereits ankündigte, wurde in den eigenen vier Wänden Gewissheit: Der Aventho ist ein rundherum gelungener Kopfhörer mit tollem Design und überragendem Sound – auch schon ohne die Klangpersonalisierung. Diese aber setzt dem Sound noch einmal die Krone auf.
Denn endlich kann jeder Klang so genießen, wie es das eigene Hörvermögen hergibt. Und ich bin mir sicher, dass so mancher nach dem ersten Probehören mit dem eigenen Profil verwundert schauen wird, was ihm da sonst an Tönen abhandenkommt. Zugegebenermaßen sind die zurzeit aufgerufenen 449,- Euro sicher kein Schnäppchen, aber die Individualität macht diesen Preis wieder wett.
Link zur Herstellerseite: beyerdynamic Aventho wireless
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