Die Marke beyerdynamic ist seit der IFA 2018 aus dem Schatten der Studios ins Licht der Allgemeinheit getreten und arbeitet seitdem an einem stetig wachsenden Bekanntheitsgrad. Wir hatten hier schon einige der Heilbronner Kopfhörer zum Test und der kleine Aventho wireless gehört noch heute zu meinen absoluten Lieblingskopfhörern, wenn ich unterwegs bin. Mit dem TEAM TYGR versuchte man auch den Schritt in Richtung Gaming, aber die Kombination aus Kopfhörer und gesondert aufzustellendem Mikrofon ist beim Gaming doch eher hinderlich. Deswegen ist das MMX 300 der 2. Generation dann doch zum Zocken die bessere Wahl.
anfassen und aufsetzen erlaubt
Schon beim Auspacken wird klar, dass das Headset auf stundenlanges Tragen ausgelegt ist. Große austauschbare Ohrmuscheln und ein ebenso dickes und weiches Polster am Kopfbügel, welches mit einem Klettverschluss versehen ist, fallen sofort auf. Die Halter der Ohrmuscheln sind aus Metall, alles ist ordentlich verschraubt, auffällig ist der Knickschutz für die Kabel an allen neuralgischen Punkten. Das MMX 300 ist also auf Langlebigkeit ausgelegt. Auch wenn die Schalen nur aus mattschwarzem Kunststoff bestehen, so machen sie dennoch einen hochwertigen Eindruck. Wem das nicht gefällt, kann sich sein Headset von beyerdynamic gegen Aufpreis personalisieren lassen. Das Schwanenhals-Mikro sitzt auf der linken Schale und ist in so gut wie jede Position auszurichten. Was noch positiv heraussticht: Das MMX 300 ist kein Gaming-Headset, das um jeden Preis auffallen will. Es gibt keine mich persönlich störenden LED, die anzeigen müssen, dass man Gamer ist.
Zum Packungsinhalt gehört dann neben dem Headset auch ein stabiles Transport Case, welches den MMX 300 sicher von A nach B bringt. Die Anschlusskabel sind steckbar, das Klinkenkabel verfügt darüber hinaus über die klassische Steuerung zur Lautstärke-Regelung und der Stummschaltung. Das Y-Kabel wird für den PC-Anschluss benötigt.
Das Klinken-Kabel verfügen nur über eine Länge von 1,25 Metern, aber gerade Konsolen-Spielern kommt das sehr entgegen, wenn das MMX 300 direkt am Joypad angeschlossen wird. Es gibt keinen Kabelsalat.
Das erste Tragegefühl überrascht dann aber. Gut, mit 344 Gramm inklusive des Kabels ist das Headset mit Sicherheit kein Leichtgewicht, aber dieser doch gerade für größere Köpfe fast schon massive Anpressdruck der Muscheln auf die Ohren ist doch gewöhnungsbedürftig. Auch wenn die weichen Polster auch das Tragen einer Brille ermöglichen, so liegen die Muscheln sehr fest am Kopf. Das hat aber wiederum den Vorteil, das bei LAN-Partys auch nichts von außen an den Spieler dringt. Die geschlossene Bauweise des beyerdynamic MMX 300 sperrt tatsächlich die Umwelt aus.
Erlebnis Klang
Gaming-Kopfhörer müssen Bass können. Und zwar dynamisch, punktgenau und differenziert. Preiswerte Headsets neigen dazu, dass tiefe Töne zwar dargestellt werden, aber alles zu einem unschönen Soundbrei verkommt. Der Bereich der Bässe ist beim MMX 300 aber annähernd perfekt aufgestellt. Gerade in Shootern sollen Explosionen als solche erkennbar sein, aber eben nicht die anderen Sounds überlagern und dominieren. Das bekommt beyerdynamic hier gut gelöst, auch wenn bei übermäßigem Pegel die Treiber spürbar zum Vibrieren neigen. Aber in einem Frequenzbereich von 5 – 35 kHz, der deutlich über und unter dem liegt, was das Ohr eigentlich in der Lage ist zu hören, ist überzogene Lautstärke fast schon unnötig. Selbst bei gemäßigtem Pegel macht das Headset schon richtig Freude.
Gleiches gilt für den Mitten- und Hochtonbereich. Auch hier ist der MMX 300 klanglich großartig aufgestellt. Gerade bei der Wiedergabe von Musik wird das deutlich. Instrumente werden differenziert voneinander dargestellt, jedes Instrument kommt mit seiner eigenen Klarheit daher, es ist schon fast ein Muss, bei Spielen den Sound im Background laufen zu lassen. Wenn man gerade nicht zockt, taugt der MMX 300 somit auch zum puren Musik-Genuss. Stimmen sind wunderbar zu vernehmen, neigen aber bei hoher Lautstärke an der einen oder anderen Stelle zum Zischeln.
Wichtig bei einem Gaming-Kopfhörer ist auch immer die Qualität des verbauten Mikrofons und hier kann der MMX 300 seine beyerdynamic Studio-Herkunft und die Erfahrung darum nicht verbergen. Das Kondensator Mikrofon in Nierencharakteristik ist darauf ausgelegt, einzig die Stimme des Spielers aufzuzeichnen und Umgebungsgeräusche so weit als möglich außen vor zu lassen. Und das kann das Mikrofon. Stimmen klingen warm und natürlich, ganz im Gegensatz zu manch überteuertem Smartphone, bei denen das Gegenüber in einer Konservendose zu sitzen scheint. Egal ob beim Gaming oder in Zeiten von Home-Office und Teams oder Zoom, stets war ich einwandfrei zu verstehen, ohne das Umgebungsgeräusche wie das Bellen meiner Hunde meinem Gesprächspartner unangenehm aufgefallen wären.
Software verbessert Hardware
Bis hierhin ist der beyerdynamic MMX 300 ein hervorragender Stereo-Gaming-Kopfhörer, aber schon bei den nur für die Musik vorgesehenen Kopfhörern wie dem Aventho wireless hat beyerdynamic mit der Klang-Personalisierung gearbeitet. So sorgte bisher die MIY-App von mimi hearing technolgies für den persönlichen Sound, der über einen Hörtest ermittelt wurde. Jetzt wertet man den MMX 300 mit einem ungewöhnlichen Software-Paket für den PC auf. Ungewöhnlich deshalb, weil dazu das rechte Ohr per Handy fotografiert werden muss, um das Headset für den personalisierten Raumklang vorzubereiten, aber zurück auf Anfang.
Für das perfekte Gaming-Erlebnis ist heute Raumklang in etlichen Spielen fast unerlässlich geworden. Durch das zweidimensionale Bild kommt dem Hörvermögen eine besondere Bedeutung zu. Man muss seine Umgebung akustisch orten können, um im Spiel wirklich erfolgreich sein zu können. Dieses Erlebnis hatte ich zum ersten Mal tatsächlich mit dem Audeze Mobius, für mich bis heute eines der komplettesten und besten Gaming-Headsets. Nun arbeitet beyerdynamic zusammen mit Embody, herausgekommen ist die Software Immerse with beyerdynamic. Die Einrichtung dieser Software gehört bis hierhin wohl zum Seltsamsten, was ich jemals für den korrekten Gebrauch derselben erledigen musste.
Die Software wird auf der Seite des Headsets heruntergeladen. Ihr registriert euch mit einer E-Mail und bekommt kurz darauf an diese eine Antwort. In dieser Mail verbirgt sich ein QR-Code, den ihr daraufhin mit dem Handy öffnet. Bitte darauf achten, dass ihr den nun erhaltenen Link mit einem vollumfänglichen Browser öffnet, der auch den Zugriff auf die Kamera gestattet. Ich bin hier anfangs mit dem Thunderbird Portable gescheitert, da dieser keinerlei Zugriff gewährt. Und nun müsst ihr tatsächlich mit dem Handy euer rechtes Ohr fotografieren, was sich als nicht ganz so einfach herausstellt. Ist das erledigt und ihr habt das Bild abgesendet, wird auf dem PC ein persönliches Hörprofil erstellt, welches innerhalb weniger Minuten verfügbar ist. Hier könnt ihr dann die verschiedensten Einstellungen vornehmen, um das Beste aus dem Sound eurer Games zu holen.
Und tatsächlich ist das Hörerlebnis mit der Software noch einmal ein komplett anderes. Aus dem schon großartigen, aber eben für das Gaming doch profanen Stereo wird nun ein simuliertes 5.1 oder sogar 7.1 System. So wird der Klang noch intensiver und durch die Räumlichkeit lassen sich nun Objekte aller Art perfekt orten. Das ging hier sogar soweit, dass ich mitten im Gefecht bei CoD zusammengezuckte, weil hinter mir trotz aller Action Schritte zu hören waren oder an anderer Stelle Stimmen links von mir im Gebüsch. Aber nicht nur beim Gaming ist die Software eine Bereicherung. Auch bei Filmen kommen hier zahlreiche Soundeffekte zum Vorschein, die bisher verborgen blieben. Auch hier musste eine meiner Lieblingsszenen zum Test herhalten. Im ersten Deadpool findet zu Beginn eine Verfolgungsjagd auf der Autobahn statt und hier habt ihr tatsächlich das Gefühl, das Motorrad fährt euch von rechts nach links und zurück im Kopf herum.
Fazit:
Der MMX 300 mit Immerse with beyerdynamic ist ein echtes Erlebnis, und das nicht nur bei Spielen, sondern auch bei Musik und Filmen. Mit einwandfreiem Klangbild auch ohne zusätzliche Software an den Konsolen macht das Headset schon einen großartigen Job, am PC mit installierter Software wird dem Ganzen noch einmal die Krone aufgesetzt.
Dass die Software nach einer 14tätigen Testphase entweder 16,99€ im Jahr oder 49,99€ für gleich 7 Jahre kostet, ist ein zu vernachlässigender Wermutstropfen. Denn durch die Preissenkung des MMX 300 von 299€ auf jetzt 233€ relativiert sich diese zusätzliche Ausgabe auch sofort wieder.
Die Verarbeitung ist beyerdynamic-typisch einwandfrei, das gesamte Headset ist hochwertig ohne mit zusätzlichen LED darauf aufmerksam machen zu müssen, dass es sich um ein Gaming-Headset handelt. Understatement ist hier Programm, das MMX 300 überzeugt mit Leistung und nicht mit auffälligem Design.
Link zum Hersteller: beyerdynamic MMX 300