Bereits im September auf der IFA 2018 konnten wir das neue Bundle, bestehend aus dem Kopfhörer TYGR und dem Mikrofon FOX, das erste Mal begutachten und vor allem hören. Seitdem warteten wir gespannt auf den Release des TEAM TYGR in diesem Monat. Jetzt ist das Set im Online-Shop von beyerdynamic erhältlich und wir haben eines der ersten Testmuster auf dem Tisch.
Trotz der überragenden Kopfhörer Amiron und Aventho war das Unternehmen bisher eigentlich eher im Tonstudio bekannt, dort wo überragender Sound beim Mischen unerlässlich ist. Nun aber will man auch den privaten HiFi-Fan für sich gewinnen. Dazu führte man im letzten Jahr MAKE IT YOURS ein, eine Technik zur Klang-Individualisierung des eigenen Kopfhörers. Ich habe den Aventho Wireless hier und bin jedes Mal aufs Neue begeistert. Für unterwegs ist dies noch immer mein Lieblingskopfhörer.
Beyerdynamic geht jedoch noch einen Schritt weiter, denn man hat auf dem neu eingeschlagenen Weg auch von Anfang an die Gamer auf dem Schirm. Wenn man als Kernkompetenzen Kopfhörer und Mikrofone im Portfolio hat, kann man dies auch gleich kombinieren. Ein Gaming-Kopfhörer war bisher immer ein klassischer Gaming-Kopfhörer – eben ein Headset mit angestecktem Mikrofon. Das Team TYGR ist daher für den Gaming-Bereich eher ungewöhnlich. Es geht auseinander, was bisher zusammengehörte.
Kopfhörer und Mikrofon kommen also getrennt daher. Wer beim Thema Gaming und Mikrofon bisher an ein zierliches Mikrofon mit beweglichem Bügel dachte, muss beim FOX komplett umdenken. Denn der FOX kann seine Herkunft kaum verbergen. Optisch hat das Mikrofon Studioqualität. Verbaut sind im Inneren ein Mikrofonvorverstärker, ein Kopfhörerverstärker und ein AD/DA-Wandler. Laut beyerdynamic ist das Mikrofon daher nicht nur für das Gaming geeignet, sondern auch für die verzögerungsfreie Abnahme von Gesang und Musikinstrumenten sowie die Nachvertonung oder Interviews. Für Aufnahmen im Freien liegt sogar ein Windschutz bei. Ich selbst streame nicht, kann mir aber vorstellen, dass gerade auch Streamer mit dieser professionellen Lösung ihre Freude haben.
Die Bedienung ist mit wenigen Knöpfen sehr übersichtlich und simpel gestaltet. Ein Drehregler ist zuständig für die Lautstärke, der andere kümmert sich um das Verhältnis von Game-Sound und Sprache im Chat. Zusätzlich sorgt ein Mute-Button bei Bedarf für absolute Stille. Angeschlossen an die Playstation 4 wird der FOX per USB, der Kopfhörer TYGR wird per Klinkenstecker direkt mit dem Mikrofon verbunden.
Durch den Tischfuß steht der FOX absolut sicher und auch das Neigen des Mikrofons ist stufenlos möglich. Allerdings wird dafür und für den Aufbau ein Inbus-Schlüssel benötigt, der leider nicht im Lieferumfang enthalten ist. Die Länge des nylonummantelten USB-Kabels von 1,50 Meter lässt viel Freiraum für die Aufstellung vor dem Bildschirm. Die Verarbeitung macht einen wirklich hervorragenden Eindruck. Das komplette Gehäuse des FOX besteht aus Metall.
Aber ein Mikrofon ist ohne einen entsprechenden Kopfhörer nur die halbe Miete. Der TYGR 300 R ist ein offener und ohrumschließender Kopfhörer, der sofort gefällt. Und das liegt an dem schlichten Design, welches eher in Richtung eines HiFi-Kopfhörers, denn eines knalligen Gaming-Kopfhörers geht. Komplett in Schwarz gehalten, stechen optisch eigentlich nur die offenen Schalen hervor, die in dem jetzt neuen beyerdynamic Orange daherkommen.
Auch hier macht die Verarbeitung schon beim ersten Anfassen einen klasse Eindruck. Die Ohrmuscheln sind aus Kunststoff gefertigt, so ist der Bügel hingegen aus Metall. Die Größenverstellung rastet sauber ein und gibt selbst bei heftigen Bewegungen nicht mehr nach. Die Ohrpolster sind aus Stoff gefertigt, was gegenüber Kunstleder den Vorteil hat, nicht so schnell ins Schwitzen zu geraten bzw. Schweiß besser aufzunehmen.
Der Kopfbügel ist mit weichem Kunstleder unterfüttert, der Tragekomfort ist damit einwandfrei. Mit nur gemessenen 291 Gramm sind auch lange Spiele-Sessions möglich. Das mit 150 Zentimetern lange Klinkenkabel wird direkt mit dem FOX verbunden. Zur Verfügung steht aber für den Solo-Gebrauch ohne Mikrofon auch ein Adapter von 3,5 auf 6,35 Millimetern. Wie schon auf der IFA macht das TEAM TYGR auch zu Hause einen hervorragenden Eindruck. Aber anschauen und anfassen machen eben noch keinen Gaming-Kopfhörer.
Meine Verkabelung der Playstation läuft logischerweise über HDMI, die PS4 ist damit direkt mit dem TV verbunden. Nach dem Start hatte ich jedoch trotz des in den USB-Port eingestöpselten Kopfhörers weiterhin Sound über das Heimkino. Der TV gibt nämlich über HDMI mit ARC seinen Sound an den Receiver, so nutze ich auch beim schnöden TV-Programm das Heimkino System und eben nicht die TV-Boxen zur Wiedergabe von Klang. Die Problemlösung ist jedoch simpel.
Beim Einschalten des TV ist meine Anlage so eingestellt, dass sich per CEC-Steuerung auch gleich das komplette Heimkino mit aktiviert. Schalte ich jedoch den Receiver ab, gibt die PS4 den Sound tatsächlich nur noch über den Kopfhörer aus. Habt ihr keinen Kopfhörer in der Playstation aktiviert, ist das eine ganz kleine Einstellung:
- im Menü in die Einstellungen gehen
- hier Geräte auswählen
- jetzt in die Audiogeräte wechseln
- der FOX ist als Eingabe- und Ausgabe-Device vorgegeben
Ihr könnt dann noch die Wahl treffen, ob Audio jedes Mal automatisch umgeschaltet werden soll, wenn ihr den Kopfhörer ansteckt oder ob ihr das manuell regeln wollt und ob ihr über den Kopfhörer das gesamte Audio oder nur den Chat verfolgen wollt.
Ist das erledigt, kann der TYGR nun endlich zeigen, ob er als Gaming-Kopfhörer tauglich ist. Wie üblich auf der PS4 geht zuerst Gran Turismo Sport in den Schacht. Durch regelmäßige neue Updates bleibt das Spiel spannend und neue Autos und Strecken motivieren auch den Profi zu immer neuen Rennen.
Gaming-Kopfhörer neigen von Natur aus dazu, den Bass besonders zu betonen. Dabei bleiben leider zahlreiche kleine, aber so feine Nebengeräusche im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke. Was nützt es mir, wenn der Motor meines Ferraris dröhnt, aber ich sonst nichts von der Umgebung mitbekomme? Der TYGR jedoch bietet ein fehlerfreies Klangbild. Jeder Motor klingt so, wie man sich den in der Realität auch vorstellt. Man hört das Überfahren der Curbes, man fühlt durch den simulierten Fahrtwind die Geschwindigkeit. Aber das können andere Headsets auch.
Der TYGR hingegen bringt auch das leise Quietschen des Fahrwerks unter Extrembelastung an das Ohr. Man hört die Dämpfer förmlich arbeiten. Das Überfahren von Bodenwellen oder Kanten im Asphalt, das Geräusch des kurz komprimierten Fahrtwindes beim Unterfahren einer Brücke oder ein Überholmanöver eines anderen Fahrzeugs sind jedoch die Sounds, die der TYGR so sauber herausarbeitet. Akustisch ist das Gefühl, einen Supersportler mit Hunderten von PS zu bewegen, einfach authentisch.
Zusätzlich habe ich mir für den Test Battlefield V zugelegt, weil eben zu einem hochwertigen Kopfhörer zuerst einmal Action gehört. Nicht dass ich großer Fan von Ego-Shootern wäre und das Thema WW II ist inzwischen auch schon ausgeknautscht bis zum Abwinken, aber gerade Battlefield und CoD erfreuen sich online großer Beliebtheit.
Nach einem wie üblich gigantischen Update startet dann Battlefield V endlich. Allein das Intro fesselt, optisch wie akustisch. In kurzen Häppchen wird man vom profanen Infanteristen in einen Panzer oder ein Flugzeug befördert und spielt kleine Abschnitte an, bevor es dann endlich losgehen kann. Im Solo-Modus stehen 5 verschiedene Missionen zur Verfügung, jede spielerisch anders und damit auch vom Klang her völlig unterschiedlich.
Ich starte mit der ersten Mission Unter keiner Flagge. Hier geht es darum, als mehr oder weniger Freiwilliger unerkannt ein Lager zu infiltrieren und mit Sprengsätzen Flugzeuge zu zerstören. Hier ist die Geräuschkulisse eher gemäßigt. Vom Anschleichen bis hin zum grafisch unglaublich schlechten Robben vermittelt der TYGR die typischen Geräusche, wenn man über Geröll läuft oder sich durch das Unterholz bewegt. Faszinierend war der Moment, in dem ich Schritte gehört habe und mich in der Erwartung umschaute, entdeckt worden zu sein. Doch es sind nur Soldaten, die zum Straf-Jogging antreten und sich nicht für mich interessieren. Kommt es dennoch zum Gefecht, klingt jede Waffe anders, man hört Soldaten sich Befehle zurufen. Jeden Sound arbeitet der TYGR sauber heraus, auch wenn man nichts sieht, so bekommt man doch akustisch seine Umgebung mit und kann Gegner einwandfrei orten.
Ganz anders die Mission Der letzte Tiger. Hier verteidige ich in einem deutschen Panzer eine Stadt am Rhein gegen den Vormarsch der Amerikaner. Auch wenn das Motorengeräusch des Tigers wenig imposant klingt – was aber an der Programmierung und nicht am Kopfhörer liegt – so sind die Gefechte gegen die Shermans ein akustisches Feuerwerk. Granaten schlagen ein, Metall verbiegt sich, Schutt regnet zu Boden, die Ketten überrollen Trümmer, all das sorgt für Adrenalin, während man sich gegen eine Übermacht zur Wehr setzen muss. Beim TYGR dominieren hier nicht nur die zu erwartenden Bässe, sondern auch alle Nebengeräusche werden perfekt in Szene gesetzt.
Der FOX leistet in Online-Spielen ganze Arbeit, auch wenn es anfangs gewöhnungsbedürftig ist, das Mikro vor sich auf dem Tisch zu stehen zu haben, statt als Bügel am Kopfhörer. Aber dafür kommt der Klang der eigenen Stimme in Chats und während des Spielens klarer und voluminöser bei den Mitspielern an. Es macht eben doch einen Unterschied, ob man beim Spielen in ein winziges Bügelmikrofon spricht oder aber ein professionelles Mikrofon verwendet.
Da beyerdynamic trotz der bereits beim Termin auf der IFA von mir angesprochenen Problematik einen USB Stecker zu benutzen, nicht von diesem abgewichen ist, kann das TEAM TYGR nicht an der Xbox One verwendet werden. Microsoft lässt bis heute keine Audio-Geräte über USB an der Konsole zu.
So genial die Trennung von Mikrofon und Kopfhörer auch sein mag, an der Xbox funktioniert dieses System nicht, an das Pad passen eben nur Klinkenstecker.
Ich kann zwar den TYGR als Kopfhörer verwenden, habe dann aber konstruktionsbedingt kein Mikrofon für Ingame-Kommunikation zur Verfügung.
Fazit:
Das Konzept des TEAM TYGR ist ungewöhnlich. Statt einen klassischen Gaming-Kopfhörer mit angesetztem Bügelmikrofon zu produzieren, hat man sich bei beyerdynamic dazu entschlossen, beides zu trennen. Herausgekommen ist ein professionelles Mikrofon und ein ebensolcher Kopfhörer, die beide optisch wie akustisch ihre Studioherkunft weder verbergen können, noch wollen.
Allerdings schränkt diese Konstruktion auch den Kreis derer ein, die online spielen wollen. Denn durch die getrennte Aufstellung ist das TEAM TYGR sicher nicht für jeden Spieler geeignet. In meinem Racing-Seat beim Autorennen mit Freunden ist das gesonderte Mikrofon eher unhandlich. Dafür ist der Klang in beide Richtungen wirklich gut. Der Kopfhörer arbeitet auch feinste Geräusche heraus, man taucht als Spieler noch tiefer ins Geschehen.
Wer also einen ungewöhnlichen Gaming-Kopfhörer für die Playstation 4 sucht oder vielleicht nebenbei auch noch Spiele auf Twitch, Youtube oder andere Plattformen streamt, sollte sich das TEAM TYGR auf alle Fälle einmal anhören. Der Coolness-Faktor ist auf jeden Fall gegeben.
Link zur herstellerseite: beyerdynamic TEAM TYGR
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