Die Überschrift auf der Blackberry Seite lautet An Icon For All und nach über 3 Monaten täglicher Nutzung trifft das auf mich zu. Das Blackberry Key 2 LE ist ein persönliches Statement, weil es so anders ist, als der inzwischen übliche Einheitsbrei am Massenmarkt. In einem Jahr sind die Handys zu klein, im nächsten zu groß. Dann sind Ecken rund, nur um beim nächsten Modell wieder kantig zu wirken. Heute ist der Rahmen zu dick, morgen so zierlich, dass er sich beim Tragen in der Hosentasche verbiegt. Es lassen sich etliche Argumente finden, die dem Handy-Wahnsinn neues Futter liefern.
Dabei war es mal so einfach. Ein Handy hatte nur eine Funktion: Man wollte auch unterwegs erreichbar sein. Sein Nokia lud man auf, steckte es in die Tasche und man erschrak, wenn das Ding nach Tagen dann tatsächlich mal klingelte. Akkulaufzeit war kein Thema, ein Nokia musste einmal in der Woche auftanken. Heute ist man schon froh, wenn man ohne Steckdose über den Tag kommt. Aber das waren auch die Zeiten, als sich Anbieter mit täglich wechselnden und teuer zu erwerbenden Klingeltönen eine goldene Nase verdienten.
Üblicherweise schreiben wir bei konsolenfan.de nicht über Smartphones. Es gibt wohl kaum eine trockenere Materie als sich ernsthaft mit der Chip- und Akkuleistung eines neuen Handys im Vergleich zum Vorgänger oder zu anderen aktuellen Modellen auseinander setzen zu müssen. Ein Handy ist ein Handy, entweder es läuft oder es läuft nicht. Ich kann dem Hype um ein neues iPhone, Samsung, Huawei oder wem auch immer nichts (mehr) abgewinnen und die TV-Werbung bestätigt mir das mit jedem neuen Gerät – Innovationen gibt es keine mehr, außer das Smartphone wird jetzt auch in den Farben Neongrün, Champagner oder limitiertem Tatütata-Rot angeboten.
Und trotzdem werfen die üblichen Verdächtigen im Jahrestakt neue Geräte auf den Markt, die jetzt noch runder, eckiger, schmaler, dicker, größer oder kleiner sind. Außerdem wurde die Akkulaufzeit noch einmal um 3,45 Minuten pro Tag verbessert und die Kamera macht nun noch bessere Bilder. Also muss ein neues Handy her, obwohl das alte noch in der Blüte seines Lebens steht. Es gibt wohl kaum einen elektronischen Artikel, der eine so geringe Halbwertszeit hat, wie ein Smartphone. Jedes neue Modell weckt neue Begehrlichkeiten – warum auch immer?
Aber ohne Handy geht es heute kaum noch. Erreichbarkeit rund um die Uhr, Kommunikation mit Geschäftspartnern und Kollegen, den Liebsten zu Hause oder der WhatsApp Gruppe erleichtern an vielen Stellen das Leben. Ein Telefonat oder eine kurze Nachricht mit dem Nachwuchs geben in unsicheren Zeiten das Gefühl von Sicherheit. Auch ich mache mich davon nicht frei, wenn mein Kind sich auf einer Party befindet. Ein kleiner Smiley per WhatsApp reicht schon zur Beruhigung des eigenen Nervenkostüms.
Aber damit komme ich zu meinem persönlichen Hauptproblem, dem Tippen auf einer virtuellen Bildschirmtastatur. Nichts nervt mich mehr, als auf einem flachen Bildschirm herumtippen zu müssen, um eine Nachricht halbwegs fehlerfrei zu schreiben. Zu leicht verirren sich meine Finger auf angrenzende Tasten. Als wäre das nicht schon schlimm genug, mischt sich in solchen Fällen auch noch die Autokorrektur ein, die nach einem simplen Rechtschreibfehler dann den Text auch noch vollständig sinnentfremdet. Und bevor man sich versieht, hat man diesen Schwachsinn schon abgesendet.
Ich liebe seit Anbeginn der Smartphone-Zeiten Handys mit physischer Tastatur. Ich habe das Gefühl echter Tasten und haptischer Rückmeldung. Fehler bemerke ich schon beim Tippen auf eine falsche Taste, weil ich einfach weiß, dass der Finger dort nicht hingehört. Ich mag da altmodisch sein, aber auch eine WhatsApp Nachricht schreibe ich gerne fehlerfrei und mit Interpunktion. Mein Gegenüber soll nicht den Eindruck gewinnen, sich mit jemandem auseinander setzen zu müssen, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Fehler sind mir peinlich.
Von daher pflastern Modelle wie der unsagbar teure Nokia 9000 Communicator, das Motorola Flipout, HTC Desire Z oder das Samsung Galaxy 551 meinen Weg. Allen gemein ist eine echte Tastatur. Ein Blackberry kam jedoch aufgrund des Betriebssystems für mich bis dato nie in Frage. Leider starb diese Gerätegattung im Laufe der Zeit aus. Eine Bildschirmtastatur war einfach umzusetzen und man sparte sich den Platz echter Tasten für noch größere Displays. So musste ich die letzten Jahre eher notgedrungen mit einigen Samsungs und zuletzt Moto Z auskommen, die jedoch alle unbestritten ihre Qualitäten hatten. Umso erfreuter war ich, als ich irgendwann mal wieder über den Namen Blackberry stieß.
Das Key One war mir vollkommen entgangen, aber das Key 2 sprach mich sofort an. Die ersten Testberichte verhießen jedoch nicht viel Gutes. Ein Mittelklasse-Smartphone für fast 650,-€? Ja, das aktuelle Blackberry hat zahlreiche auf dem Papier tolle Funktionen, aber dennoch ist der Preis ein nicht unwesentliches Kriterium. Bis zu dem dem Zeitpunkt, an dem ich auf das Key 2 aufmerksam wurde, war keine Preissenkung in Sicht. Umso interessanter war es, als zur IFA 2018 das Key 2 LE, also eine abgespeckte Variante angekündigt wurde.
Dort konnte ich das neue Gerät das erste Mal in die Finger nehmen und mich sprach alles sofort an. Ein aktuelles Android 8.1 Oreo, ein ausreichend großer Bildschirm und vor allem die physische Tastatur waren Kriterien die mich dazu veranlassten, dieses Smartphone am Tag seines Erscheinens zu kaufen, ohne auch nur etwas halbwegs Handfestes darüber gelesen zu haben. Die Blackberry PR-Abteilung hatte und hat es bis heute nicht nötig, auf Anfragen zu reagieren, aber ich wollte dieses Handy. Vorbei die Zeiten fehlerhafter Texte bei wichtigen Mails oder WhatsApp.
Bis dahin hatte ich die Website zum Key 2 fast schon auswendig gelernt. Mir war klar, dass Blackberry selbst keine Handys mehr produziert, sondern nur noch die Software bereitstellt, aber diese schien zumindest auf der Website Hand und Fuß zu haben. Allein die Funktion Privacy, die nur einen Teil des Bildschirms sichtbar macht, fand ich cool. Endlich starrt mir mein Sitznachbar in den Öffentlichen Verkehrsmitteln beim Lesen nicht mehr auf den Bildschirm. Dass ich so gut wie nie Öffentliche Verkehrsmittel nutze, hatte ich in diesem Moment vollkommen vergessen.
Dazu kam die Funktion, wichtige Anwendungen über Speed Key starten zu können. Statt also eine App auf dem Bildschirm zu suchen, drückt man einfach eine Tastenkombination und schon startet eine App. Die Akkulaufzeit machte zumindest in der Theorie einen für mich vernünftigen Eindruck und die zahlreiche Sicherheitssoftware von Blackberry versprach – Sicherheit. Die auf der Website beworbene einzigartige U-Form war mir hingegen vollkommen egal.
Zum ersten Mal also kaufte ich ein Smartphone am Tag des Release, ohne wirklich viel darüber zu wissen. Ein neues Handy aus seiner Verpackung zu nehmen, ist jedes Mal ein erhabenes Gefühl. Man nimmt das Gerät in die Hand und erfreut sich daran. Die Einrichtung eines Smartphones ist zum Glück keine Hexerei mehr und auch das Blackberry Key 2 LE war innerhalb kurzer Zeit nach meinen persönlichen Bedürfnissen eingerichtet. Und diese sind recht einfach. Ich muss mit einem Smartphone telefonieren, Mails und WhatsApp schreiben. Das ist der Job. Daneben habe ich meine Banking- und Sport-Apps installiert und auch das eine oder andere kleine Spiel fehlt nicht.
Im Laufe der Zeit folgen zahlreiche Apps verschiedener Hersteller von Elektronik. Die Yamaha MusicCast-App ist zur Steuerung meiner zahlreichen Boxen unverzichtbar, ebenso wie Philips Hue und Alexa für die Steuerung meines Lichtsystems zu Hause. Meine Smartwatches von Fossil und Skagen wollen über eine App eingerichtet werden, mein Saugroboter iRobot erhält von unterwegs den Auftrag, die Wohnung auf Vordermann zu bringen und selbstverständlich darf Audible nicht fehlen. Meine devolo App greift auf meine Kameras zu Hause für die Fernüberwachung zu und Musik von Apple Music und Spotify ist selbstverständlich. Alles in allem nutze ich mein Blackberry Key 2 LE also täglich mehrfach für die verschiedensten Dinge.
Jetzt im Januar habe ich das Blackberry Key 2 LE gute 3 Monate in Gebrauch und ich liebe es wie am ersten Tag heiß und innig. Und das, obwohl ich die zahlreichen Funktionen wie Dual-Sim für zwei verschiedene Telefonnummern auf dem Handy oder den Speed Key noch nie genutzt habe. Ich brauche keine zwei Nummern und ich wische und tippe tatsächlich eher auf dem Bildschirm herum, als eine Speed Key Tastenkombination zu nutzen, deren Zusammenstellung mir ohnehin morgen wieder entfallen ist. Da bin ich mit dem Streichen von Bildschirm zu Bildschirm doch erheblich schneller. Auch die Privacy Funktion musste ich noch nie nutzen, weil ich tatsächlich seit dem Kauf des Handys ganze 2 Mal mit der S-Bahn unterwegs war und dort allein auf meiner Bank saß.
Der Akku hält bei meinem Nutzungsverhalten fast 2 Tage und wenn das Key 2 LE geladen werden muss, ist es Dank Quick Charge nach 2 Stunden wieder vollständig einsatzbereit. Tatsächlich mag man dem Chip seine nicht allzu hohe Qualität anmerken, wenn er bei FreeCell beim Antippen einer Karte gefühlte 0,21 Sekunden überlegen muss, ob das nun eine Eingabe war oder nicht. Alle anderen Apps und das komplette Betriebssystem laufen dafür seit dem ersten Tag fehlerfrei und ohne einen einzigen Absturz. Regelmäßige Updates geben das Gefühl von Sicherheit, auch wenn ich die zahlreichen Apps zur ultimativen Privatsphäre nicht nutze. Ich habe einfach keine Dateien auf dem Handy, die ich mit einem Passwort oder Fingerabdruck müsste sichern.
Selbst die Kamera ist für den einen oder anderen Schnappschuss mehr als nur tauglich. Wer sein Handy jedoch als Fotoapparat mit in den Urlaub nimmt, um dort Food-Porn aus dem Restaurant oder zahlreiche Selfies zu posten, hat ohnehin nicht verstanden, was ein gutes Foto ausmacht. Denn nicht umsonst kostet ein guter Fotoapparat heute immer noch mehr als ein Handy.
Unter dem Strich steht für mich ein aktuelles Smartphone mit einer physischen Tastatur. Ich tippe damit zwar immer noch nicht so schnell wie meine Tochter auf ihrem iPhone, aber ich liebe die echte Haptik tatsächlich vorhandener Tasten. Damit wird das Blackberry Key 2 LE noch für lange Zeit mein Lieblingshandy bleiben.
Fazit:
Wie bereits im Text erwähnt, testen wir bei konsolenfan.de keine Smartphones. Von daher ist dieser Beitrag auch eher Erfahrungsbericht, denn echter Test mit Messungen und Daten. Aber wenn mir bei einem Handy-Test etwas auf den Geist geht, ist es eben der stumpfe Vergleich von Zahlen. Denn diese sind eben nur Zahlen auf Papier oder einer Website und sie ersetzen kein Gefühl. Und letzten Endes kommt es bei der Nutzung von egal welcher Technik immer auf das eigene Gefühl an. Wenn mir etwas nicht gefällt, reißen Zahlen auch nichts mehr raus. Und was unterscheidet aktuelle Handys heute wirklich noch voneinander? Die Bauform? Android oder Apple? Die Kamera?
Das Blackberry Key 2 LE ist kein normales Handy. Legt man das auf den Tisch, erhält man eine Reaktion. Das ist bei anderen schon lange vorbei. Ja, der Bildschirm mag aufgrund der Tastatur kleiner sein, als man das inzwischen gewohnt ist, aber man kann trotzdem alles lesen. Auch der Chip mag langsamer sein, als dies bei anderen Geräten der Fall ist. Na und? Selbst bei zahlreichen geöffneten Anwendungen geht der trotzdem nicht in die Knie, Systemabstürze gibt es nicht. Obendrein ist das Key 2 nicht vollgestopft mit unnützer Software, die stundenlang deinstalliert werden muss.
Wer ein Handy mit echter Tastatur sucht und obendrein kein Vermögen ausgeben mag, nimmt das Key 2 LE einfach mal in die Hand und entscheidet selbst.
Link zur Herstellerseite: Blackberry Key 2 LE
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