Wem die Marke EPOS auf Anhieb noch nicht viel sagt, dem sei verziehen. Denn erst vor kurzem wurde die Gaming-Sparte der Sennheiser-Kopfhörer an EPOS übergeben. Im letzten Jahr noch als EPOS | Sennheiser geführt, prangt nun nur noch das EPOS Logo auf den Produkten. Nachdem wir bereits vor fast genau einem Jahr den GSP 370 zum Test hier hatten, hat man uns nun den neuen EPOS H3 zukommen lassen. Dieser will sich jetzt mit seinem doch sehr überschaubaren Preis in einem bereits durch unzählige andere Produkte der verschiedensten Hersteller besetzten Markt beweisen. Mal schauen, ob das gelingt und ob der EPOS H3 etwas besser kann, als andere, schließlich spricht man bei EPOS auf der Website ganz selbstbewusst vom besten Allround-Gaming-Headset. Allerdings lässt man unerwähnt, in welcher Disziplin das H3 der beste Allrounder sein soll?
Wer sich für das EPOS H3 entscheidet, entscheidet sich für das Kabel, aber damit auch für die volle Kompatibilität zu Playstation, Xbox, Switch und PC. Der Klinkenstecker passt an jede Konsole bzw. deren Pad, für den PC liegt ein gesondertes Kabel mit einem Y-Stecker bei. Kabelgebundene Headsets haben den unbestreitbaren Vorteil, dass nicht in der größten Action der Akku zur Neige geht und man als Spieler dann erst einmal das Kabel suchen muss, um eben Stecker-gebunden das Game fortführen zu können. Aber ob kabellos oder kabelgebunden muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden. Allerdings gibt es bereits hier den ersten Fehler im Fact-Sheet, denn das PC-Kabel hat die angegebene Länge von zwei Metern, das Kabel für die Konsolen misst 1,50 Meter.
Nimmt man das EPOS H3 das erste Mal aus seiner ordentlichen Verpackung, ist man erst einmal über das geringe Gewicht erfreut. Hier nachgemessen wiegt das Headset nur 276 Gramm, somit werden stundenlange Game-Sessions nicht zu einer Herausforderung für die Nackenmuskulatur. Auf den ersten Blick wirken die Ohrmuscheln etwas klein, setzt man das H3 dann aber auf stellt man fest, dass selbst große Ohren ohne jeglichen Druck ihren Platz finden, das Headset ist also tatsächlich ohrumschließend. Diese geschlossene Bauweise sorgt dafür, dass selbst bei hohen Pegeln nur wenig nach außen dringt und umgekehrt bei niedriger Lautstärke auch wenig das Spiel von außen stört. Die Ohrpolster machen schon auf Anhieb nur beim Anfassen einen hervorragenden Eindruck, sitzt das EPOS H3 erst einmal auf dem Kopf, ist der Tragekomfort sehr angenehm.
Zu diesem einwandfreien Sitz tragen nicht nur die weichen Materialien von Muscheln und Headband bei, sondern auch die für Gaming-Headsets noch immer ungewohnt ergonomische Form der Konstruktion. Was auf den ersten Blick etwas schief wirkt, tut es auf den zweiten immer noch, aber der Sitz des H3 ist dadurch nahezu perfekt. Die Scharniere der Ohrmuscheln sind auf deren Rückseite angebracht, die Beweglichkeit ist einwandfrei. Auch wenn hier nur Kunststoff verwendet wird, so knarrt oder knirscht hier nichts, es gibt bei Bewegung des Kopfes keine nervenden Störgeräusche durch billige Verarbeitung oder schlechtes Material.
Ebenfalls ohne Beanstandungen ist die Größenverstellung des Kopfbügels. Die Führung aus dünnem Edelstahl und Kunststoff rastet sauber ein und passt sich selbst großen Köpfen an. Edelstahl hat den Vorteil, im Gegensatz zu Alu nicht zu verbiegen, eine längere Lebensdauer ist somit garantiert. Was das Gaming- von einem HiFi-Headset noch immer unterscheidet ist das Mikrofon. Hersteller, die auf eine Kombination von beiden Wert legen, verpassen ihrem Headset ein gesondertes Mikrofon, welches für das Gaming an das Headset gesteckt wird. Das um mehrere Hundert Euro teurere Audeze LCD-GX ist eine solche Kombination aus HiFi und Gaming.
Bei EPOS macht man keine halben Sachen oder lässt den Spieler im Unklaren, welchen Zweck das H3 erfüllen soll. Das Mikrofon ist fest mit der Konstruktion verbunden, eine Nutzung als Musik-Kopfhörer am Handy für unterwegs entfällt somit zumindest optisch. Aktiviert wird das Mikro durch einfaches herunterklappen, ein akustisches Klicken und ein fühlbares Raster zeigen an, dass man nun mit anderen kommunizieren kann. Will man seine Gegenüber kurz stummschalten, reicht ein einfaches Hochklappen der Konstruktion. Wer bei seinen Mitspielern zu leise ankommt, biegt sich den stabilen und gummierten Arm einfach ein wenig zurecht. Bei EPOS gibt man an, dass es sich beim Mikrofon um eines in Studio-Qualität handelt. Schaut man auf die Werte im Datenblatt, dann darf man das gerne glauben. Ein bidirektionales Mikro mit einem Übertragungsbereich von 10 – 18.000 Hz verbaut man tatsächlich nicht überall.
Was allerdings Geschmackssache ist und bei dem ich meine Schwierigkeiten im Game hatte, war die Lautstärkeregelung. Denn statt der üblichen und bewährten Konstruktion eines versenkten Drehreglers setzt man bei EPOS auf ein Rad, welches auf der rechten Ohrmuschel angebracht ist. Dies funktioniert ohne Raster und ist damit eigentlich perfekt zu justieren, aber es passierte mir zu häufig, dass ich mit dem Finger über das Rad rutschte und so Probleme hatte, die Pegel korrekt einzustellen.
Aber Grau ist alle Theorie, die Wahrheit eines Headsets liegt immer auf den Ohren. Und das eben nicht nur, wenn die Action am Überkochen ist, sondern auch und gerade, wenn es auf die leisen Töne ankommt. Krach und Bass können fast alle, die Kunst einen guten Gaming-Kopfhörers liegt eigentlich darin, die eher unscheinbaren Nebengeräusche einzufangen und so dem Spieler auch akustisch eine Rückmeldung zur aktuellen Situation auf dem Bildschirm zu geben. Ich habe dafür das EPOS H3 an PS5, der Xbox Series X und der Nintendo Switch getestet. Den PC lasse ich außen vor, da ich kein PC-Spieler bin.
Bereits bei den ersten Tönen fällt die gute Abstimmung der Mitten und Höhen auf. Dialoge von Protagonisten werden einwandfrei und ohne nervige Zisch-Laute wiedergegeben, ein weiteres Problem vieler preiswerter Kopfhörer, die nur Wert auf brachialen Bass legen. Auch die Höhen sind gut abgestimmt, empfindliche Ohren haben gerade in den Höhen ihre Probleme, weil ab einem gewissen Level hohe Töne nur noch als unangenehm empfunden werden. Somit machte das EPOS H3 in Sackboy auf der PS5 einen überragenden Eindruck, da es wirklich in der Lage war, alle Geräusche des Spiels perfekt einzufangen und an den Spieler zu übertragen.
Aber – denn es geht niemals ohne eine Einschränkung und ein Aber – das H3 schwächelt dann genau in der Disziplin, die eigentlich vorrangig einem Gaming-Headset zugeschrieben wird: Dem Bass. Nun muss man kein Fan von alles die Szene bestimmenden Tiefen sein, aber ein wenig mehr hätte es dann meiner Meinung nach dann doch sein dürfen. Ja, der Sound ist immer noch klar und es vibriert oder dröhnt nichts, aber man stellt schnell fest, dass gerade in Schlachten bei Ego-Shootern, bei denen üblicherweise der tiefe Ton das Geschehen dominiert, alles ein wenig ohne entsprechende Dynamik auskommen muss. Ja, es klingt nicht schlecht, aber eine Nuance mehr hätte dem bis dahin positivem Gesamtbild wirklich gut getan.
Dafür macht das Mikrofon diese kleine Schwäche wieder wett. Auch in epischen Multiplayer-Schlachten, bei denen im Teamwork die Kommunikation unerlässlich ist, kommt jedes gesprochene Wort deutlich, wenn auch bei einigen Mitspielern etwas dumpf an. Das mag aber vielleicht auch an deren Headsets gelegen haben?
Fazit:
Das EPOS H3 ist ein gutes Gaming-Headset für einen überschaubaren Preis mit fehlerfreier Verarbeitung, auch wenn diese nur aus Kunststoff besteht. Der Sitz und die Ergonomie sind durch das sauber verarbeitete Kunstleder einwandfrei, das geringe Gewicht macht auch längere Game-Session möglich, ohne dass irgendwann Kopf- oder Nackenschmerzen dem Spaß ein Ende bereiten. Der Klang ist in den Höhen und Mitten gut abgestimmt, allerdings fehlt es dem H3 ein wenig an Punch und Dynamik in den tiefen Bereichen. Action-Spieler, denen der grollende Bass unerlässlich ist, hören Probe, alle anderen bekommen für 119,-€ ein gutes Headset, das nichts schlechter oder besser macht, als viele Konkurrenten in ähnlicher Preisklasse. Hören ist schließlich noch immer ein subjektives Empfinden.
Link zum Hersteller: EPOS H3