Hardwaretest: Samsung GQ75Q90R – die Kinoleinwand im Wohnzimmer

Wenn der Arbeitsplatz für den Test von TV mit maximal 65 Zoll Displaygröße ausgerichtet ist, dann sollte man bei der Kommunikation zu einer neuen Teststellung doch Vorsicht walten lassen. Bereits länger verabredet, sollte ich den neuen Q90R von Samsung erhalten, leider waren aber weder das 55, noch das 65 Zoll Modell verfügbar. Damit nun aber endlich etwas zu Papier bzw. auf den Monitor kommt, sagte ich leichtsinnigerweise beim 75 Zoll Gerät Samsung GQ75Q90R zu.

Wer also auf die Idee kommt, sich für einen TV in Übergröße zu entscheiden, sollte immer mehrere Hände zur Verfügung haben. Denn der Karton des Ungetüms wiegt bereits 65 Kilogramm. Davon entfallen 42 Kilogramm auf den Bildschirm, den Rest teilen sich der massive Standfuß und die One Connect Box – die schrankwandgroße Umverpackung ist hierbei vollständig zu vernachlässigen.

Aber der TV ist den Aufwand und jeden Tropfen Schweiß wert. Denn wenn dieses Monstrum erst einmal an seinem ihm zugewiesenen Platz steht, ist man vom ersten Moment an gefesselt. Das liegt nicht nur an der schieren Größe des Displays, sondern auch an der Qualität der dargestellten Bilder. Dabei hat Samsung gegenüber dem Vorgängermodell Q9FN nur wenig geändert. Schon dieser Bildschirm bestach durch eine exzellente Darstellung.

Die Diskussion um das richtige Format ist so alt wie die Unterhaltungselektronik selbst. Musste man sich früher beim Filmformat zwischen Betamax und VHS entscheiden, bei der Musik zwischen DVD und Mini-Disc, mit der Einführung von HD zwischen Blu-ray und HD DVD und zu Beginn der Flachbildschirme zwischen LCD und Plasma, hat man heute die Wahl zwischen LCD und OLED. Und wie überall gibt es bei jedem System Vor- und Nachteile.

Auch der Q90R ist ein LCD-TV, aber eben ein besonderer mit der Samsung-eigenen Quantum Dot Technologie – deswegen QLED. Im Gegensatz zu den selbstleuchtenden Pixeln eines OLED-TV werden diese bei der QLED Technik von einer LED-Matrix beleuchtet. Hinter dem LCD-Panel sind Nano-Kristalle verbaut. Wird ein solches Kristall von der farbigen Hintergrundbeleuchtung getroffen, ist das Ergebnis eine perfekte Farbwiedergabe in allen Helligkeitsbereichen. Die Helligkeit geht sogar so weit, dass man sich beim Umblenden von dunklen in helle Bereiche beim Blinzeln ertappt, weil der Bildschirm extrem hell strahlt.

Entscheidend für starke Kontraste ist das Local Dimming, bei denen der TV die Hintergrundbeleuchtung zonenweise verringert. So entstehen brillante Farben, scharfe Kontraste und ein tiefes Schwarz. Dennoch ist der Q90R ein LCD-Bildschirm und somit einem OLED zumindest im Bereich der Schwarzwerte noch minimal unterlegen. Während bei einem OLED die Beleuchtung für jedes einzelne Pixel abgeschaltet wird und dieses somit tatsächlich Schwarz ist, wird beim Q90R das Schwarz durch Abschaltung der Zonen erreicht. Aber dies fällt im Echtbetrieb so gut wie niemals auf. Selbst Blooming-Effekte sind nur aus geringster Entfernung auszumachen. Hierbei strahlen sehr helle Objekte auf sehr dunkle Bereiche über. Bei weniger guten Diplays entstehen damit unerwünschte Lichtkränze.

Immer wieder bemängelt wird bei großen Bildschirmen die ungleichmäßige Ausleuchtung des Panels. Samsung hat für die aktuelle Serie an QLED-Displays hier aber weitere Verbesserungen umgesetzt. So arbeiten zwei Schichten parallel. Schicht 1 konzentriert das Licht der Hintergrundbeleuchtung in die korrekte Richtung und minimiert sogenannte Lichtlecks. Dies sind Bereiche, die nicht gleichmäßig ausgeleuchtet sind. Schicht 2 verteilt das auftreffende Licht gleichmäßig für die optimale Hintergrundbeleuchtung. Eine ungleichmäßige Ausleuchtung war aber bei unserem Testgerät zu keinem Zeitpunkt auszumachen.

Für mich eine der unsinnigsten Diskussionen bei einem Bildschirm ist die über den Blickwinkel. Ein LCD-Bildschirm hat üblicherweise einen Blickwinkel von maximal 178 Grad, danach wird das Bild hell und unscharf. Samsung hat beim neuen Modell auch an diesem Feature gearbeitet. Das Bild ist auch dunkel und kontrastreich, je weiter man sich vom optimalen, rechtwinkligen Blickwinkel des Displays entfernt. Wer aber schaut seinen TV von der Seite an? Selbst wenn viele Personen sich den Platz auf dem Sofa teilen, ist immer noch ein optimales Bild gewährleistet. Und wer nur den Kopf um die Ecke steckt, um auf den Bildschirm zu schauen findet auch die Zeit, zwei weitere Schritte zu laufen, um sich vor den TV zu stellen.

Der Anschluss des TV erfolgt wieder über die One Connect Box. Statt also sämtliche Technik und alle Anschlüsse im TV selbst unterzubringen, erfolgt die Zuführung aller Signale wie auch des Stroms über ein schmales, kaum sichtbares Kabel zwischen Box und Bildschirm. Die One Connect Box verfügt über jeweils zwei Tuner für DVB-T2-, Kabel- und Satelliten-Empfang. Dazu kommen vier HDMI-Anschlüsse, bei denen einer über ARC verfügt. Hier wird der AV-Receiver angeschlossen, um den Ton über das Heimkino auszugeben, statt über die TV-Lautsprecher. Selbstverständlich kann hier auch alternativ eine Soundbar betrieben werden. Bei Samsung verwendet man weiterhin den HDMI 2.0 Standard, auch in diesem Jahr ist von HDMI 2.1 noch keine Rede, auch weil die wenigsten Zuspieler bisher diesen Standard unterstützen. Weiterhin sind drei USB-Ports vorhanden, ein optischer Digitalausgang und Internet über LAN oder WLAN. Technisch ist der Q90R also bestens ausgestattet.

Schon beim letztjährigen Modell hat mich die Bedienung und die Menüführung begeistert. Glücklicherweise hat man bei Samsung hier nichts angefasst und alles beim Bekannten und Bewährten belassen. Auch der neue Q90R kommt mit dieser so simplen, aber edlen und eingängigen Fernbedienung daher.

Das Menü wird am unteren Ende des Bildschirms eingeblendet und mit wenigen Fingerbewegungen erreicht man jede gewünschte Einstellung. Wichtig ist für mich persönlich der App-Market. Was nützt mir ein großartiger TV, wenn ich den Eurosport Player für mein innig geliebtes Snooker nicht installieren kann? Samsung lässt hier aber jede App-Installation zu. Ein weiteres, eher unscheinbares Schmankerl ist der Anschluss von Zuspielern. Als erstes wurde hier die SKY Box angeschlossen. Der TV erkennt diese, legt im Menü ein Icon ab, über das sich die Box dann sogar starten lässt.

Zu Zeiten von Video-Bändern nahm man in Kauf, dass das Band im Laufe seiner Lebensdauer an Qualität einbüßte. Analoges Magnetband war eben Verschleiß unterworfen, zunehmende Bildstörungen waren der Alltag. In Zeiten digitaler und störungsfreier Darstellung von Bildern mag dieses Problem antiquiert vorkommen, dennoch ist es von einem anderen abgelöst worden. Denn wieder gibt es den Kampf der Formate zwischen HDR10+ und Dolby Vision im Streit um das beste Bild. Beide Formate werden auch als dynamisches HDR bezeichnet und sollen durch in Echtzeit übertragende Zusatzinformationen Farben und Kontraste dort verbessern, wo es nötig ist. Zahlreiche Filmstudios setzen entweder auf das eine oder das andere. Samsung implementiert beim Q90R einzig HDR10+, das man in Kooperation mit Philips und Panasonic entwickelt hat. Für TV-Hersteller und Filmstudios ist HDR10+ kostenlos – und damit im Umkehrschluss auch für den Verbraucher – während für Dolby Vision Lizenzgebühren fällig werden. Doch während sich VHS und Blu-ray gegen Betamax und HD DVD durchgesetzt haben, gehe ich davon aus, dass es in diesem Fall beide Formate zukünftig parallel geben wird – was perfekt für den Konsumenten wäre.


Das Video zum Test


Man hat mich bei Samsung gebeten, mich bei diesem Test vorrangig auf die Gaming-Komponente zu konzentrieren. Darum habe ich mir für diesen Beitrag Super Mario Maker 2 für die Nintendo Switch beschafft. Ich bin also gespannt auf den (unfairen) Vergleich vom 5,6 Zoll Bildschirm der Switch mit den 75 Zoll des GQ75Q90R. Und seit Ankündigung dieses TV schwebte mir ein Bild vor Augen, welches ich unbedingt veröffentlichen wollte:
Der Größenvergleich von Mario auf der Switch und dem TV.
Ich habe mir den Spaß gemacht, jeweils den Zollstock anzulegen und Mario auf beiden Displays zu vermessen. Auf dem Switch-Display misst Mario einen ganzen Zentimeter, auf dem Samsung Bildschirm kommt er auf gute 12 Zentimeter – Größe ist eben doch entscheidend.

Nun fordert die Nintendo Switch den Q90R technisch in keiner Weise. Weder liegt hier 4K, noch FreeSync an. Die Nintendo Konsole soll einfach Spaß machen und nicht mit opulenter Grafik und unendlicher Technik protzen. Und genau dieser Spaß stellt sich ein, schon wenn der Super Mario Maker 2 Startbildschirm auf dem TV erscheint. Mein Gott, ist das riesig – vielleicht für die Vollprofis schon wieder zu riesig, weil denen durch die immense Größe das periphere Sehen – also das Erkennen von Gegenständen oder Gegnern bereits im Augenwinkel – abhandenkommen kann. Und dennoch basiert ein jeder Level eines Mario Jump`n`Runs auf dem Erlernen und auswendig kennen einer jeden Situation. Geht man unter diesem Voraussetzungen an das Spiel, genießt man die schiere Größe des Bildschirms.

Ganz anders sieht es mit Spielen der Xbox One X aus. Bereits im letztjährigen Modell verbaute Samsung als erster TV-Hersteller überhaupt FreeSync an einem HDMI-Anschluss. Da die Microsoft Konsole durch das letztjährige Update nun auch in der Lage ist, FreeSync zu verarbeiten, ergeben diese beiden technischen Geräte ein großartiges Gespann für grafisch aufwendige Spiele. FreeSync verhindert sogenannte Tearing- und Shuttering Effekte, bei denen entweder das Bild in der Waagerechten zerreißt oder es Nachzieheffekte bei sich schnell bewegenden Objekten gibt. 

Gerade Racer neigen zum Tearing. Forza Motorsport 7 wird immer wieder gerne für einen Testbeitrag herangezogen. Und selten war ich wieder so in das Spiel vertieft, dass mir die Zeit für diesen Beitrag förmlich durch die Finger rann. Ja, ich habe schon mehrfach die 75 Zoll erwähnt und dennoch hat mich die Grafik wie selten zuvor eingefangen. Ich kann mich nicht erinnern, aus der Cockpit-Perspektive jemals Schmutzflecken außerhalb der Reichweite der Scheibenwischer oder aber Spiegel-Effekte durch die Hände des Fahrers auf der Windschutzscheibe erkannt zu haben. Die Augen waren trotz des Rennens ständig auf der Suche nach dem nächsten grafischen Effekt, den ich vielleicht so noch nicht gesehen hatte.

Wichtig bei einem TV ist ein separater Spiele-Modus, der die Latenz auf ein Minimum reduziert. Was nützt es mir, wenn ich richtig reagiere, aber die Umsetzung vom Pad auf die Aktion am Bildschirm zu lange dauert? Schaltet man eine Spielkonsole an, erkennt der TV diese und schaltet automatisch in den Spiele-Modus. Arbeiten bei einem Film sämtliche Bildbearbeitungsprogramme im Hintergrund, hat das TV Bild eine Latenz von 112 Millisekunden – ein Wert, der in einem rasanten Spiel oder einem Shooter nicht tragbar ist. Laut Samsung beträgt die Latenz im Spiele-Modus jedoch nur noch 15,4 Millisekunden. Das ist für den „normalen“ Spieler perfekt, eSportler und andere Profis greifen ohnehin zu echten Gaming-Displays.

Aber auch bei der Bildbearbeitung im Spiele-Modus hat man für das Jahr 2019 Verbesserungen eingeführt. So kommen zum letztjährigen geringen Input Lag, FreeSync und Game Motion Plus, welches die Bewegungsunschärfe in Spielen reduzierte, nun zwei weitere Funktionen hinzu, die das Gaming auf ein neues Level heben. Mit dem PQ/Sound Enhancer wird noch einmal die Soundqualität in Spielen verbessert, der Dynamic Black Equalizer verbessert Schwarzwerte und Kontraste in hellen Szenen mit dunklem Hintergrund. So erscheint die Spielfigur noch detaillierter und verschmilzt nicht mit dem Hintergrund. Ein weiteres Feature, welches das Gaming und auch das Schauen im Allgemeinen erheblich verbessert ist die neue Anti-Reflexionsschicht auf dem Display. Selbst von vorne einfallendes Tageslicht wird so gut absorbiert, dass eine Verdunklung des Raumes nicht nötig ist. Der TV stellt also selbst im hellen Tageslicht Bilder ohne störende Reflektionen dar.

Und trotz des einwandfreien Gaming-Modus ist der Samsung Q90R in erster Linie ein TV. Man möchte darauf das abendliche Programm ebenso schauen und genießen können, wie die Bundesliga oder die Action auf 4K vom Player oder vom Streaminganbieter. Stellvertretend für die vielen Filme und Serien, die während der Testphase geschaut wurden, gehe ich hier auf 300 – Rise of an Empire ein. Nur wenige Filme haben so viele Kampf- und Action-Szenen, die im Dunklen spielen. Dazu kommen Lichteffekte, die dem TV in der Darstellung von Kontrasten einiges abverlangen. Der QLED-Bildschirm leistet hier großartige Arbeit. Egal ob es Brände vor dunklem Hintergrund sind, ein Blitz den Himmel erhellt oder mit Partikel- und Staub-Effekten kleinste Elemente dargestellt werden müssen, stets ist der Q90R Herr der Situation. Es ist wirklich beeindruckend und ehe man sich versieht, hat einen das Display beim Schauen förmlich eingesaugt.

Aber damit ist beim Q90R noch lange nicht Schluss. Die Trennung von Technik und Bildschirm bietet weitere Vorteile. Der TV kann an der Wand hängen oder mitten im Raum auf einer Staffelei platziert werden, während die One Connect Box unauffällig im Phonregal untergebracht wird. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Und damit ein solcher Bildschirm nicht aussieht wie ein schwarzes Loch an der Wand oder im Raum, hat man bei Samsung in diesem Jahr den Ambient-Modus noch einmal kräftig aufpoliert. Aus übersichtlichen 12 Inhalten in 2018 sind nun in 2019 ganze 61 geworden. Man kann den TV im Ruhemodus mit Bildern oder Hintergrundgrafiken laufen lassen, so dass der Eindruck eines Gemäldes oder Kunstwerkes an der Wand entsteht. Und nicht nur das ist möglich, denn mit einem Foto der den TV umgebenden Hintergrundstruktur wie zum Beispiel Tapete oder Gardinen, übernimmt der Bildschirm dieses und fügt sich so noch unauffälliger in den Raum ein. Ein Gimmick zwar, aber dennoch eines, welches ich während des Tests häufig genutzt habe.

 

Fazit:

Der Samsung Q90R lief hier während der Testphase in sämtlichen Alltagssituationen, wie man sie eben auch zu Hause hat und nicht unter Bürobedingungen. Er wurde von morgens bis abends für Filme und Serien aller Art von SD bis 4K und das Abendprogramm herangezogen, Sportübertragungen vermitteln Stadionatmosphäre und als Sahnehäubchen macht das Gaming auf dem Bildschirm einfach nur Spaß. Egal was das Display darstellen sollte, das Ergebnis war immer das Gleiche:
Das Bild ist großartig, für einen LCD-Bildschirm liefert der Bildschirm überragende Schwarzwerte ab, die Farben, Kontraste und Helligkeit sind annähernd perfekt und auch die internen Lautsprecher bieten überraschenderweise einen vernünftigen Klang. Das kenne ich auch anders.

Samsung hat mit den Weiterentwicklungen und Verbesserungen zum Vorjahr ein schon sehr gutes Gerät noch einmal vorangetrieben. Der Q90R ist somit einer der besten Fernseher, die man im Jahr 2019 für Geld erwerben kann.

 

 

Link zur Herstellerseite: Samsung GQ75Q90R

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