Die weltweite Corona-Pandemie brachte und bringt noch immer liebgewonnene Gewohnheiten zum Erliegen. Als im Frühjahr die Zahlen stiegen und man sich in vielen Ländern zum Lock-Down entschloss, fielen dem auch zahlreiche Messen zum Opfer, die für einen Freelancer wie mich zum Auf- und Ausbau von Kontakten überlebenswichtig sind. Den Absagen fielen nicht nur die High End in München sowie zahlreiche andere kleinere HiFi-Messen zum Opfer, sondern auch das Highlight des Jahres, die IFA. Schon früh im Jahr entschieden Messeleitungen aller Couleur, dass im Jahr 2020 keine Vor-Ort-Veranstaltungen stattfinden werden können.
So war die Absage der High-End in München bereits im Februar klar, die Absage der IFA in Berlin war daraufhin nur noch Formsache. Und damit begann das persönliche Elend. Nirgendwo finden sich mit wenigen Ausnahmen mehr Aussteller und Menschen, die man kennt, die man nach einem Jahr Mailverkehr und zahlreichen Telefonaten dann auch wieder treffen möchte oder zu denen man auf der IFA den ersten persönlichen Kontakt knüpfen könnte. Kurz: Neben vielen anderen bin ich auf die IFA angewiesen.
Aber die Messe Berlin wollte sich offenbar mit einer vollständigen Absage und einem Totalausfall der Veranstaltung nicht wirklich abfinden. Und so war die IFA 2020 Special Edition geboren, auch wenn sich auf dem Messegelände inzwischen das Corona-Notfall-Krankenhaus befindet. Hier sind 330 Betten eingerichtet, bis heute war nicht eines davon jemals belegt und trotz sinkender Zahlen besteht Berlins Gesundheitssenatorin auf den einstmals geplanten Ausbau auf 800 Betten durch Sanierung und Nutzung der Halle 25 auf dem Gelände – Kostenpunkt bis zu 31 Millionen Euro (Quelle: rbb). Die Idee zu Zeiten steigender Infektionen im Frühjahr und erschreckender Bilder vor allem aus Italien und New York hatte zum damaligen Zeitpunkt sicherlich ihre Berechtigung und auch jetzt sollte das Krankenhaus mit seinen 330 Betten aufrecht erhalten bleiben, bis eine endgültige Entwarnung stattfindet, aber all das sind eben denkbar ungünstige Voraussetzungen für eine Messe.
Also wurde unter Einhaltung strenger Hygiene-Auflagen des Landes Berlin ein Konzept ersonnen, welches eine Veranstaltung wenn auch im ganz kleinen Rahmen möglich macht. Täglich maximal 1000 Fachbesucher inklusive sämtlichen Personals dürfen sich an jedem der drei Tage vor Ort auf dem Messegelände aufhalten, dem Rest der Interessierten wird die vollständige IFA online präsentiert. Allerdings waren offenbar kaum Aussteller bereit, die Mühsal einer auf das Notwendigste beschränkten Messe auf sich zu nehmen. Ganze vier Hallen stehen für die gesamte Veranstaltung zur Verfügung, davon werden drei für Pressekonferenzen genutzt. Einzig in einer Hälfte der Halle 1.2 stehen vereinzelt Aussteller. Den Rest dieser Halle füllt die sogenannte Presselounge – eine lieblose Aneinanderreihung von Sitzgelegenheiten, was dazu führte, dass zahlreiche Kollegen ihre Arbeit dann lieber ins Freie verlegten.
So weilte ich am 03.09. auf Einladung von TLC auf dem wie ausgestorben wirkenden Messegelände. Obwohl man im Vorfeld mehrfach bekannt gemacht hatte, dass in diesem Jahr keine Vor-Ort-Akkreditierung möglich ist, standen doch zahlreiche Menschen am Help-Desk, um doch noch Zutritt zu erhalten. Diese wurden jedoch höflich, aber bestimmt abgewiesen. Ohne vorab hinterlegte Daten gab es in diesem Jahr keinen Zugang. Aber das kann nicht der Grund dafür gewesen sein, dass tatsächlich so wenig los war. In Gesprächen mit Kollegen erfuhr ich, dass keine der an diesem Donnerstag veranstaltenden Pressekonferenzen mehr als maximal 150 Zuschauer hatte. Aber zumindest konnte ich zwei Pressekonferenzen live erleben und ich konnte im Anschluss daran noch ein Online-Interview mit Adam Widuch von TCL führen.
Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack. Eine Messe ohne prall mit Technik und Menschen gefüllte Hallen ist keine wirkliche Messe. Nicht umsonst wurde im letzten Jahr mit 245.000 Besuchern ein neuer Rekord aufgestellt. Die IFA 2020 Special Edition war der Versuch, wieder ein wenig Normalität in außergewöhnliche Zeiten zu bringen – und das hat leider nicht wirklich funktioniert. Ohne zahlreiche Aussteller, ohne sich Technik aus der Nähe ansehen zu können, ohne die persönlichen Gespräche mit PR- und Marketing-Managern, mit Agenturen und mit zahlreichen anderen Menschen, die sich an den Ständen die größte Mühe geben, Produkte zu präsentieren, bleibt es bei einer Aneinanderreihung von Pressekonferenzen. Und die haben sich zahlreiche Presse-Kollegen dann offenbar auch lieber online angesehen.
Am Ende bleibt zu hoffen, dass Corona bald nur noch eine böse Erinnerung an schlechte Zeiten ist und dass nicht nur die IFA im nächsten Jahr wie Phoenix aus der Asche zurückkehrt und zu alter Stärke findet.