Im Test: Focal Elegia – ein Traum in Neutralität und Spielfreude

Vor nicht allzu langer Zeit konnte ich den Focal Elegia kurz anhören. Dieser kurze Augenblick hatte mir aber vollkommen ausgereicht, ich wollte den Elegia unbedingt über einen längeren Zeitraum testen. Leider blieben einige höfliche Mails an Focal unbeachtet, so dass ich mir den Kopfhörer eben kurzerhand kaufen musste. Da der Preis auch noch von 998€ auf für einen HiFi-Kopfhörer überschaubare 498€ fiel und ich ohnehin seit Längerem auf der Suche nach einem Referenz-Kopfhörer bin, klingelte wenige Tage darauf der Paketbote mit meiner sehnlichst erwarteten, neuen Errungenschaft. Seitdem ist mir der Focal Elegia förmlich auf dem Kopf festgewachsen.

Focal war mir bis dato nur von riesigen, unter anderem auf der High End in München präsentierten Lautsprechern bekannt, deren futuristisches Design bei zahlreichen Modellen vom üblichen Einerlei abweicht. Hervorzuheben sind hier besonders die Grande Utopia EM Evo. Gleiches gilt auch für die Kopfhörer des französischen Unternehmens. Ein Kopfhörer – und besonders in dieser Preisklasse – ist nicht nur ein profaner Schallwandler, den man sich für den ungestörten Musikgenuss mal eben über die Ohren stülpt. Wer für einen HiFi-Kopfhörer tiefer in die Tasche greift, möchte auch optisch zeigen, etwas Besonderes zu besitzen. Nun lässt sich über Design zwar vorzüglich streiten, aber mich nehmen sämtliche Kopfhörer von Focal schon mit ihrer Form- und Farbgebung augenblicklich mit. Und beim Elegia macht es diese klassische und doch so moderne Mischung aus Schwarz und Aluminium, die das Headset aus der Masse hervorstechen lassen.

Ich bin neugierig und voller Vorfreude wie ein kleines Kind an Weihnachten, also wird der Focal Elegia nur kurz in Augenschein genommen, um ihn dann sofort in Betrieb zu nehmen. Zum Test stehen hier der der Cambridge Audio CXN (V2) Streamer und die Pro-Ject Head Box S2 digital als Kopfhörerverstärker zur Verfügung. Und entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten und meiner Vorliebe für alles Harte und Handgespielte starte ich dieses Mal mit einem Song von Talk Talk aus dem Jahr 1991.

Ascension Day vom Album Laughing Stock startet entgegen meines sonst üblichen Geschmacks doch sehr Jazz-lastig und es sind das Schlagzeug und der Bass, welche mich sofort packen. Und als die Stimme von Mark Hollis einsetzt zeigt das Headset, dass es auch die mittleren Bereiche fast schon spielerisch beherrscht, welche eben für den Gesang so unerlässlich sind. Da ist nichts geschönt, alles ist so unfassbar natürlich. Der Focal Elegia überzeugt mit einer Neutralität, die sonst Studiokopfhörern vorbehalten ist. Auch ohne die von Focal empfohlene Einspielzeit von mindestens 24 Stunden überzeugt mich der Kopfhörer schon beim ersten Anspielen. Genau so hatte ich mir den Elegia erhofft und gewünscht.

Nach den ersten Songs ist es dann doch an der Zeit, den Focal Elegia in die Hände zu nehmen und ausgiebig dessen Design und die edle Verarbeitung zu würdigen. In Sachen Autos bin ich französischen Produkten gegenüber skeptisch, aber Frankreich produziert zahlreiche gute Weine und ist für seine kulinarische Küche bekannt. Und diese französische Lebensart scheint auch in das Design des Elegia eingeflossen zu sein. Angefangen bei den Ohrmuscheln und dem geformten Bügel, bis hin zur ausgereiften Technik stimmt hier von Anfang bis Ende einfach alles.

Öffnet man die unspektakuläre schwarze Pappschachtel des Elegia, hält man das mit Stoff überzogene, stabile Hardcase in den Fingern. Ein diagonal angebrachtes Lederband sorgt für einen einfachen Transport. Beim Öffnen des Case verwundert dann zuerst die Form des Elegia. Denn statt wie üblich einen Kopfhörer mit eng aneinander liegenden Ohrmuscheln vorzufinden, liegen diese beim Elegia aufgrund der nach außen gerichteten Spannung des Bügels weit auseinander. So ruht das Headset eher locker auf dem Kopf, statt durch übermäßige Spannung nach innen Druck auf die Ohren und seitlich auf den Kopf auszuüben. Und dennoch passt der Focal Elegia augenblicklich wie angegossen. Von seinen 430 Gramm Gewicht ist auch bei längerem Gebrauch kaum etwas zu spüren.

Betrachtet man den Focal Elegia dann genauer, fallen die vielen kleinen Details ins Auge. So sticht fast augenblicklich die asymmetrische Form der geschlossenen Ear-Cups ins Auge, die dem Kopfhörer sein besonderes Aussehen verleihen. Die Oberschale ist zwar aus Kunststoff gefertigt, dennoch macht sie auch aufgrund des eigenständigen Musters einen hochwertigen Eindruck. Optisch unterbrochen werden die Schalen von außen angebrachten, silbernen Kappen. Hier finden sich neben dem Focal-Logo auch die Typenbezeichnung und der Aufdruck, dass das Headset in Frankreich gefertigt wurde. Auffällig beim Blick auf die Innenseite ist, dass die beiden Schallwandler jeweils nach vorn ausgerichtet sind. Diese dezentrale oder Off-Axis Anordnung sorgt dafür, dass die Wandler im Inneren der Muscheln nicht direkt von der Seite auf das Ohr treffen, sondern der Schall von vorn kommt. So wird eine noch räumlichere Abbildung des Klangs ermöglicht.

Aber nicht nur die Optik muss bei einem Kopfhörer dieser Preisklasse stimmen, sondern auch der Sitz muss einwandfrei sein. Schließlich möchte man den entspannten Abend mit der Lieblingsplaylist nicht nach kurzer Zeit schon wegen verschiedener Druckstellen am Kopf oder eines steifen Nackens abbrechen müssen. Aber selbst nach langer Zeit des Hörens stellte sich bei mir weder das eine, noch das andere ein. Der Focal Elegia hat eine nahezu perfekte Passform, zu der auch die Polster an Muscheln und Bügel beitragen. Das feine Microfaser-Gewebe der Ohrpolster ist innen mit dem inzwischen handelsüblichen Memory-Schaum ausgestattet, so dass sich die Polster an den Kopf schmiegen und auch Brillenträger keinerlei Probleme mit dem Komfort haben. Dazu kommt der weiche Kopfbügel aus ebenfalls Microfaser. Die Größenverstellung ist leichtgängig und rastet sauber ein. Alles zusammengefasst ergibt einen bis hierhin rundum gelungenen Kopfhörer.

Auch wenn Design und Komfort zwar einen Großteil des Gesamtpakets ausmachen, ist der Klang noch immer das alles entscheidende Kriterium bei einem Kopfhörer. Nachdem ich mit Talk Talk eher sanft in den Focal Elegia eingestiegen bin, bekommt der jetzt mit Cult Of Luna das volle Paket Post-Metal. Neben klassischen Metal-Instrumenten kommen bei dieser Band auch der Synthesizer und das Keyboard zum Einsatz, welche gerade im ersten Titel Cold Burn des letzten Albums The Long Road North ihre Stärken ausspielen dürfen.

Wer der Herr der Ringe gesehen hat, dem ist das Horn von Gondor ein Begriff, denn genau damit muss sich der Elegia zu Beginn auseinandersetzen, bevor das intensive Schlagzeug und dann alle anderen Instrumente einsetzen. Alle Elemente der Band und deren Stil, nämlich der stete Wechsel zwischen lauten und leisen Passagen, extremen Gitarren-Soli und die insgesamt sehr düstere Atmosphäre, zaubert der Kopfhörer mit einer faszinierenden Leichtigkeit, einer breiten und auch tiefen Bühne und einer überzeugenden Ortbarkeit aller Instrumente mitten in den Kopf des Zuhörers.

Damit dies alles so funktioniert und der Klang mit einer solchen Spielfreude aufwarten kann, entwickelt man bei Focal seine Kopfhörer selbst. Die 40 Millimeter Wandler des Elegia wurden speziell für den Einsatz in kleinen Gehäusen entwickelt, dazu kommt eine Membran aus einer Aluminium- und Magnesium-Legierung mit großer Wölbung. Auch wenn ich niemals auf die Idee käme, diesen Kopfhörer abseits meines Wohnzimmer-HiFi zu verwenden, so ist auch das Dank der geringen Impedanz von nur 35 Ohm möglich. Wenn es bis hierhin auch nur die geringste Kleinigkeit am Elegia auszusetzen gibt, ist es das mitgelieferte Kabel. Dieses ist tatsächlich nur aus profanem Gummi, weist dafür aber hervorragend verarbeitete Stecker auf. Andere hingegen legen in dieser Preisklasse ein mit Stoff ummanteltes Kopfhörer-Kabel auch in vernünftiger Länge bei. Denn das mitgelieferte kommt nur auf 1,20 Meter, andere Längen sind bei Focal (zurzeit?) nicht zu bestellen. 

Der Focal Elegia kann also dynamischen Bass, Gitarren in allen Lagen und treibendes Schlagzeug, deswegen war ich natürlich gespannt, wie er mit Singern/Songwritern zurande kommt? Eine Vertreterin aus der eher ruhigen und sanftmütigen Ecke ist Gin Wigmore. Ihre letzte Single Hand Over Heart kommt einzig mit dem Keyboard und ihrer rauchig-kratzigen Stimme aus – und allein diese Kombination löst Gänsehautmomente aus. Die intensive Stimme der Sängerin ist der pure Genuss. Ähnlich, aber mit tief aufspielendem Synthesizer und Schlagzeug hinterlegt, kommt der Song Odeum. Hier dominieren die beiden Instrumente, ohne jedoch die Stimme in den Hintergrund zu drängen oder zu überlagern. Der Elegia spielt mit einem überragenden Tiefgang in perfekter Balance auf.

Will man zum Focal Elegia einen Vergleich heranziehen, dann fallen mir spontan die Ultrasone Edition Eleven und der beyerdynamic T1 ein. Während Ultrasone naturgemäß seine Kopfhörer immer sehr hoch abstimmt, fiel der T1 durch seine Bass-Lastigkeit auf. Der Elegia findet mit seiner Neutralität und Spielfreude genau die Mitte zwischen Eleven und T1. Selbstverständlich sind alle hervorragende Kopfhörer und dennoch trifft der Focal hier ohne Wenn und Aber meinen persönlichen Geschmack – der selbstverständlich nicht das Maß der Dinge ist. Dennoch habe ich mit dem Elegia meine persönliche Referenz in der HiFi-Klasse bis 1000,- Euro gefunden.

Fazit:

Der Focal Elegia ist wohl der beste geschlossene Kopfhörer in dieser Preisklasse, den ich bisher hier zu einem Test vorzuliegen hatte. Es ist die perfekte Balance in nahezu allen Bereichen, die hier das durchweg neutrale Gesamtbild nach oben und unten abrundet. Überzeugt hat die immense Spielfreude, mit der der Elegia sowohl bei den eher soften Songs, als auch bei brachialen Metal aller Art regelrecht zupackt.

Der Komfort ist ohne jegliche Diskussion einwandfrei, das Design ist mehr als nur ansprechend. Wer einen Kopfhörer in dieser Preisklasse kauft, möchte dessen Wertigkeit auch immer nach außen hin zeigen. Letztes Kaufargument ist neben den genannten Vorteilen auch die Preissenkung von 998€ auf momentan 498€. Wer also bisher mit Focal keinen Kontakt hatte, lässt sich nun vom Elegia überzeugen.


Link zum Hersteller: Focal Elegia