Als ich vor vielen Jahren mein zweites Leben im Bereich des HiFi begann, war nach meinem ersten Test zu einem Yamaha Heimkinosystem eine Soundbar des gleichen Herstellers das nächste Objekt der Begierde. Schon damals war es erstaunlich, wie viel Klang aus einem so schlanken Riegel vor dem TV kommen kann. Aber Yamaha gab sich nicht nur mit klassischen Soundbars zufrieden, der Soundprojektor YSP-3300 toppte trotz ähnlicher Bauform jeden Barren akustisch um ein Vielfaches. Leider verfolgte man dieses großartige System nicht weiter. Nach zahlreichen AV-Receivern und einigen eher halbherzig veröffentlichten Bar-Modellen besinnt man sich nun aber beim japanischen Traditionshersteller endlich wieder einmal auf eine „richtige“ Soundbar. Natürlich haben wir die Yamaha True X-Bar 50A für das Gaming in die Finger genommen.
Allerdings mussten wir uns dieses Mal für diesen Test wirklich überraschen lassen, denn die True X-Bar 50A wurde originalverpackt mit auf die High End 2024 in München genommen. Wir hatten aufgrund umfangreicher Messevorbereitungen tatsächlich keinerlei Zeit, uns vorher mit der Soundbar zu beschäftigen. Also hielten wir die das erste Mal zum Aufbau des Messestandes in den Fingern. Hier sollte der zierliche Klangbarren in den Maßen 101,5 × 6,3 × 11,2 Zentimeter seinen Dienst an der Nintendo Switch vor einem Philips 55OLED806 verrichten. Aber wer Yamaha kennt weiß, dass die Einrichtung einer Soundbar kein Problem darstellt. Und so stand der Aufbau rund um die Switch innerhalb von wenigen Minuten.
Optisch wie haptisch ist der kleine Riegel keine neue Erfindung der üblichen Soundbars. Wie auch, eine Soundbar soll schlank und flach sein und sich unauffällig vor dem TV platzieren lassen. Das kann die True X-Bar 50A. Auch der Bezug mit Stoff ist nichts Neues. Nachdem jahrelang von allen Herstellern schnöder Kunststoff verwendet wurde, war es meines Wissens Cambridge Audio, die mit dem mobilen Speaker YoYo (L) das erste Mal 2018 mit einer Ummantelung aus Stoff Aufsehen erregten. Hier war es feinste Wolle der britischen Weberei Morton Mills, die den Lautsprecher umspannten und ihn so in einen edlen Anzug steckten. Ob man bei Yamaha für den die Soundbar umgebenden Stoff extra eine Weberei engagiert hat, wage ich zu bezweifeln, dennoch wirkt der kleine Riegel damit so viel edler, als simpler Kunststoff.
Auch sonst hat man sich bei Yamaha einige Gedanken zur True X-Bar 50A gemacht. Spätestens beim Aufbau oder auch der möglichen Wandmontage muss man zur Verbindung mit dem TV oder dem Anschluss eines weiteren Zuspielers ein HDMI-Kabel in die Hand nehmen. Die üblichen beigelegten Kabel sind mit Gummi ummantelt, aber wir verwenden hier zum Test stabile, mit Stoff ummantelte HDMI-Kabel, die üblicherweise störrischer und damit weniger biegsam sind. Statt also hier nur die Anschlussleiste zu versenken, wird diese bei der True X-Bar diagonal ausgerichtet, so dass das Abknicken der Kabel kaum möglich ist.
Aus dieser Bauweise folgt aber auch, dass die Soundbar nicht über einen Center-Speaker verfügt, sondern mit ihren sechs Lautsprechern ein echter Stereo-Barren mit Dolby-Atmos ist. Links und rechts sind drei Speaker verbaut. So sorgt jeweils ein ovaler Hoch-/Mitteltöner mit 4,6 x 6.6 Zentimetern unterstützt von einem Tieftöner mit Bassreflex mit 7,5 Zentimetern für die Dynamik in Richtung des Zuschauers. Für die Höhenkanäle mit Dolby Atmos strahlt auf beiden Seiten ein Breitband-Speaker mit 5.2 Zentimetern den Klang an die Decke. Und das funktioniert für den Sound aus einem einzigen Barren erstaunlich gut – sofern der zugespielte Klang entsprechend gut abgemischt ist. Wie oft klagen Nutzer über schlechte Höhenkanäle ihres Systems, obwohl hier die Tontechniker des Films geschlampt haben und einfach die entsprechende Tonspur miserabel abgemischt ist?
Die True X-Bar 50A wird mit einem Subwoofer ausgeliefert. Wie heute üblich verbinden sich Barren und Subwoofer per Funkstrecke. Das erspart das Verlegen des Kabels und ermöglicht so eine freie Aufstellung des Subs – Steckdose vorausgesetzt. Optisch hält man sich dabei an die übliche Bauweise aus Kunststoff. Mit den Maßen von 40,7 × 40,9 x 18,7 Zentimetern findet der kleine Tieftöner überall einen Platz, auch wenn wir diesen aufgrund hörbarer Ortung direkt neben dem Phonoregal platziert haben. Die Verbindung zwischen Soundbar und Sub erfolgt über einen Tastendruck auf der kleinen und sehr übersichtlich gestalteten Fernbedienung. Diese Verbindung bleibt stabil und komplett ohne jegliche Unterbrechung.
Die Yamaha Soundbar gibt es auch als Modell True X-Bar 40A, dann aber ohne Subwoofer. Jedoch ist das dann trotz verbauter Tieftöner auch nur der halbe Spaß, wir haben den Sub mit seinem 16 Zentimeter Tieftöner während der Messe am Stand der Switch genossen, weil er selbst dieser kleinen Konsole und Mario Kart damit so viel Dynamik verlieh.
Im Echtbetrieb verfügt der kleine Barren mit Movie, Stereo, Standard und Gaming über vier verschiedene Soundmodi. Hierbei schalten wir bei jeder Test-Soundbar grundsätzlich für das Zocken an der Konsole zwischen den Modi Gaming und Movie hin und her, um für uns den besseren Klang auszumachen. Denn die Unterschiede sind nur marginal und statt des Gaming-Modus klingt Movie manchmal besser. Aber bei der True X-Bar 50A haben wir uns zum Betrieb tatsächlich für Gaming entschieden, da hier der Sound und die zahlreichen Effekte bei Mario Kart noch einmal kraftvoller über den Messestand schallten – manchmal auch zum Leidwesen der uns umgebenden Stände. Dafür noch einmal sorry!
Weder zu Hause, noch auf einer Messe hat man Zeit und Lust, sich mit einmal getroffenen Einstellungen zu befassen. Wie ich das aber von Yamaha gewohnt bin, funktioniert die Technik einwandfrei. Morgens am Stand den TV anschalten, die Verbindung zur Soundbar steht einen Augenblick später und der Sound wird über Barren und Sub ausgegeben – perfekt. Was dem Profi aber sofort auffällt, ist das nicht mehr vorhandene MusicCast. Über Jahre hinweg war die Multiroom-Fähigkeit und die Einbindung aller möglichen Lautsprecher auch von Fremdherstellern im heimischen Netzwerk das Nonplusultra eines Yamaha-Systems. Offenbar hat sich Multiroom überholt oder wird vom Kunden nicht (mehr) gewünscht oder angenommen, so dass man bei der True X-Bar vollständig darauf verzichtet. Aber dies macht den kleinen Riegel um keinen Deut schlechter.
Und so lief die kleine True X-Bar 50A bis in den zweiten Tag hinein mit Mario Kart. Nun war die Gaming Zone auf der High End 2024 ohnehin schon eine Überraschung, aber beim Testen der verschiedenen Soundsysteme für das Gaming hatten viele der Fachbesucher eine Soundbar gar nicht auf dem Schirm. Und auch bei Yamaha im Atrium bekam man irgendwann mit, dass wir den Riegel bei uns am Stand am Laufen haben. So dauerte es nicht lang, bis man uns die zusätzlichen True X-Lautsprecher 1A mit an den Stand stellte, um hier echten Raumklang auffahren zu können. Nun sollte man meinen, dass ein in drei Richtungen offener Stand keinen echten Sound von allen Seiten bieten kann, aber da hatten wir uns geirrt.
Wie schon der Sub werden auch die kleinen Würfel über ein paar Tastendrücke auf der Fernbedienung in das bestehende System eingebunden, so dass auch diese innerhalb weniger Sekunden zu voller Stärke auflaufen können. Aber deren Stärke liegt eben nicht nur in ihrem Klang, sondern auch dem alternativen und damit kabellosen Akkubetrieb und der somit freien Aufstellung hinter dem Sofa, wo immer sich dafür ein Plätzchen findet. Denn mit ihren nur 8,8 × 10,5 × 8,8 Zentimetern sind diese Würfel erstaunlich klein und vor allem benutzerfreundlich. Muss man bei einem Heimkino das gesamte System über ein gesondertes Mikrofon für den besten Klang einmessen, was nicht immer das beste Ergebnis liefert, reguliert man hier den Raumklang über die Lautstärke. Je nachdem, wo die beiden Rear-Speaker stehen, passt man sich die Lautstärke eines jeden einzelnen Würfelchens so an, dass man den für sich passenden Sound hat. Simpel, aber eben so effektiv!
Natürlich haben wir zum Feierabend noch den Tag Revue passieren und diesen mit einem Kaltgetränk und Musik ausklingen lassen. Ich muss wieder einmal gestehen, dass ich kein großer Fan davon bin, Musik über eine Soundbar zu hören. Mir ist das Abstrahlverhalten oftmals zu wenig raumfüllend, nicht umsonst steht hier an jedem TV auch das entsprechende Soundsystem mit hochwertigen Speakern. Und dennoch hat mich die Yamaha True X-Bar 50A auch hier positiv überrascht. Bei geschlossenen Augen – und entsprechender Sitzposition – konnte man sogar meinen, vor einer kleinen HiFi-Anlage zu hocken.
Leider gibt das Datenblatt der True X-Bar nicht her, ob der vorhandene HDMI-Eingang dem Standard 2.1 mit den nötigen Gaming-Funktionen entspricht? Da dies nicht explizit erwähnt ist, gehe ich also davon aus, dass man sich die entsprechenden Lizenzgebühren gespart hat. Das heißt für Besitzer der Xbox oder PS5, die Konsole an den TV anzuschließen, um Funktionen wie VRR, QFT oder ALLM nutzen zu können. Aber zumindest der Ausgang beherrscht eARC und damit den objektbasierten Raumklang.
Preislich liegt die True X-Bar 50A im Bereich ab momentan 769€ aufwärts. Kommen noch die kleinen True X-Lautsprecher 1A im Set hinzu, stehen ab 1099€ auf der Uhr. Das mag nicht wirklich preiswert klingen, aber der Preis ist bei dieser Qualität durchaus gerechtfertigt. Wer sich das System Stück für Stück aufbauen möchte, lässt den Sub anfangs weg, greift zur True X-Bar 40A und spart damit dann bis zu 300€, Dennoch empfehlen wir aufgrund der guten Qualität des Subs, diesen gleich mit aufzustellen.
Fazit:
Die True X-Bar 50A ist endlich wieder eine klasse Soundbar im von Yamaha gewohnten Stil. Richtig guter Sound, simple Einrichtung und Bedienung und optisch mit dem Stoffbezug elegant, aber dennoch so unauffällig, dass der kleine Barren vor jeden TV passt, ohne sich aufzudrängen. Dazu kommen die bekannt gute Steuerung per App oder aber eine wirklich gelungene kleine Fernbedienung. Es ist schon schon verblüffend, wie dieser zierliche Barren eine solch voluminöse Bühne darstellt. Aber auch das ist typisch Yamaha und eben die jahrelange Erfahrung im Bau von Soundbars und Soundprojektoren.
Wenn Kenner etwas bemängeln möchten, dann ist es vielleicht die fehlende Integration des liebgewonnenen MusicCast. Aber wenn ich ehrlich bin, habe selbst ich dieses Feature mit meiner bisherigen Ausstattung des japanischen Sound-Profis schon lange nicht mehr genutzt. Von daher werden auch Einsteiger MusicCast kaum vermissen. Unter dem Strich steht auch ohne das Multiroom-Feature endlich wieder eine coole Yamaha-Soundbar nicht nur für das Gaming, welches man sich entweder Stück für Stück zusammenstellt oder aber bei dem man gleich zum vollen Paket greift.
Link zum Hersteller: True X-Bar 50A + True X-Lautsprecher 1A