Killerspiel-Verbot?

Der Begriff „Killerspiel“ ist wohl eines der Worte, die momentan am häufigsten durch die Medienlandschaft geistern und über dessen Sinn wohl momentan nirgendwo so kontrovers diskutiert wird, wie in Deutschland. Auslöser für diese Diskussion ist der Amoklauf eines 18jährigen im Münsterländer Emsdetten, der in seiner Realschule wild um sich schoss, 37 Menschen verletzte und sich anschließend selbst tötete. Der massgeblich Grund für diese Tat sollen die von der Presse und Politik so titulierten Killerspiele gewesen sein.

Um hier von vornherein keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Wir verurteilen und bedauern diese Tat und die betroffenen Menschen haben unser ehrlich empfundenes Mitgefühl. Aber machen es sich Presse und Politik nicht (wieder einmal) zu einfach ? Ist solch ein Amoklauf so einfach zu erklären ? Hat ein solches Handeln nicht noch ganz andere Hintergründe als Video- und Computerspiele ? Zum Beispiel stellt sich mir die Frage, wie man in Deutschland ungeprüft an scharfe Schusswaffen gelangen kann ?

Der Bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber definiert mit seinen Worten im Spiegel-Online Killerspiele als „extrem gewaltverherrlichende Spiele, in denen Mord und Totschlag propagiert und dazu angeleitet wird“. Bayerns Innenminister Beckstein legt seine Arbeitshypothesen offen, in denen der §131 StGB (Gewaltdarstellung) um den Zusatz zur „Regelung von virtuellen Killerspielen“ erweitert werden soll. Auch wenn Herr Beckstein seine Vorschläge als Diskussionsgrundlage verstanden wissen will, so scheint sein Vorschlag zur Gesetzesänderung von vornherein zum Scheitern verurteilt. Da dieser Vorschlag auf das „Zugänglichmachen“ von Computerspielen hinzielt, müssten also die Hersteller mit bis zu 1 Jahr Freiheitsstrafe bestraft werden, die Spiele „verbreiten, beziehen, herstellen oder (be)liefern“, die es dem Spieler „als Haupt- oder Nebenzweck ermöglichen, eine grausame oder die Menschenwürde verletzende Gewalttätigkeit gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen auszuüben.“ Da die Hersteller aber ihren Firmensitz zumeist im Ausland haben und die EU (noch) keinen Handlungsbedarf sieht, scheint dieser Vorschlag nicht umsetzbar zu sein.

Soweit, kurz zusammengefasst, die graue Theorie, wie aber funktioniert das wirkliche Leben, dem unsere Politik zuweilen in der ihr eigenen Blase der Glücksseeligkeit entrückt zu sein scheint. ? Wissen die Herren Beckstein und Stoiber eigentlich wirklich wovon sie reden, oder blasen sie wieder einmal nur ins Horn um Absatz und Einschaltquoten bemühter, zum Teil schlecht informierter Medienvertreter ? Es macht hier wieder einmal den Anschein, das blinder Aktionismus im Vordergrund steht und das die wahren Probleme somit in den Hintergrund gedrängt werden. Hätte bei einem funktionierenden Elternhaus und einem funktionierenden Schulsystem ein solcher Amoklauf nicht schon im Vorgriff verhindert werden können ? Hier haben doch schon im Vorfeld des Amoklauf von Emsdetten sämtliche Erziehungsmassnahmen und Aufsichtspflichten hoffnungslos versagt .Diese Fragen sind aber so einfach, dass sie im Hinblick auf die absatz-und medienträchtige Schlagzeile „Amoklauf nach Kilerspiel “ in der Presse und Politik kaum Beachtung finden und somit nicht zur Diskussion stehen.

Wir haben in Deutschland einen gesetzlich reglementierten Jugendschutz, der aber an der Umsetzung oder Beachtung, am Informationsmangel oder einfach an der Überforderung von Erziehungsberechtigten krankt. Meines Erachtens sind einfach momentan viele Eltern mit den Medien Computer und Konsole, sowie dem schier unüberschaubaren Angebot an Software hoffnungslos überfordert. Viele Eltern scheinen einfach nicht mehr überschauen zu können, was ihr Nachwuchs da eigentlich am PC oder der Konsole treibt. Und hier sollte die Politik ansetzen, und die USK >>> besser unterstützen, ohne einzugreifen. Denn besser informierte Eltern heißt verbesserter Jugendschutz … Information statt Reglementierung.

Ich persönlich bin bei dieser Diskussion zwiegespalten. Einerseits bin ich der festen Überzeugung, dass Spiele wie D*** R***** (Anmerkung: Zwischenzeitlich vom Markt genommen) oder Gears of War, das in Deutschland ohnehin indiziert ist, nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen gehören. Andererseits bin ich dagegen, mir wieder einmal von sogenannten Volksvertretern vorschreiben lassen zu müssen, was für mich das Beste ist. Wenn ein solches Gesetz erst einmal verabschiedet ist, wird die Videospiel-Industrie Deutschland als grauen Fleck auf der Landkarte betrachten und einen großen Bogen um uns machen.

Und unsere Politik macht bestimmt nicht an der Eingangstür des Videospiel-Händlers halt. Was kommt als nächstes ? Darf ich mir in der Videothek irgendwann nur noch Walt Disney ausleihen, oder wird auf Parties nur noch Milch getrunken ? Ich möchte bitte selbst entscheiden dürfen, wieviel Killerspiel, wieviel Porno- und Splatterfilm und wieviel schlechte Musik ich vertragen kann. Ich bin schließlich auch alt genug, um monatlich einen horrenden Teil meines Gehaltes als Steuern an Vater Staat zu entrichten!!! Aber leider erscheint mir der Versuch, Medien und Politik zu einer sachlichen Diskussion anzuhalten, ebenso fruchtlos wie das Gespräch mit einem Blinden zum Thema Farbe.