Knuffige Ressourcen-Management Kooperation aus Berlin – Erkundung und Ausbeutung des Weltalls in Star Birds

Der Weltraum – Unendliche Weiten. Aus welcher Serie war das nochmal… Star Wars? Star Gate? Star Birds? Star Trek! Star Trek hat diesen legendären Satz geprägt. Was hatte ich noch aufgezählt? Star Birds? Das ist doch keine Serie! Star Birds ist das zweite Spiel des Berliner Entwicklerstudios Toukana Interactive. Nach dem Raketenstart ihrer ersten Spiels Dorfromantik, versuchen sie sich nun an einem weiteren Spiel. Dafür haben sie den international wohl bekanntesten deutschen YouTube-Kanal „kurzgesagt“ mit ins Boot geholt… ins Raumschiff geholt. Ähnlich wie in Dorfromantik soll Star Birds durch entspannte und süße Atmosphäre glänzen. Wir helfen einer mineralhungrigen Vogel-Weltraumzivilisation beim Abbau von Asteroiden. Dabei können wir rätselartig so effizient wie möglich arbeiten, um einen Highscore aufzustellen oder aber einfach nett und entspannt vor uns hinbauen – verlieren kann man nicht. Übrigens vergeht Zeit in Nähe eines Schwarzen Lochs viel langsamer. Diesen Luxus haben wir allerdings nicht, also schnell den Browser geöffnet, auf YouTube gegangen, kurzgesagt-Intro abgespielt und Mission gestartet!

„Dies sind die Logbücher des Captains. Meine gefederte Crew und ich sind auf unserer letzten Ausgrabung auf ein mysteriöses Objekt gestoßen. Nachdem wir es an Bord geholt hatten, versuchten wir es vom Dreck zu befreien. Nach astreiner Leistung unseres Maschinenraum-Offiziers, schickten wir es zur Forschungs-Offizierin Stella. Dort konnte unser Pilot Yolk seinen vorschnellen Schnabel nicht zurückhalten. Ein glücklicher Umstand, denn so schaffte es Stella, die Herkunft dieses „Ei’s“ zu bestimmen. Es scheint von einer weit entfernten Galaxie zu stammen. Auch wenn unsere Mission simple Bergbauarbeiten umfassen soll, so ist doch die gesamte Crew sich einig, dass wir uns auch auf die Suche der Heimat dieses glitzernden Objekts machen müssen. Bin ich doch erst kurz Captain und eigentlich pflichtbewusst, so kann ich die Wurzeln meiner Großtante dritten Grades nicht verstecken. Sie war eine Elster.

Sternenzeit 2-2-5-28-7, Sablena-System. Für die erste interstellare Reise unserer Zivilisation bedarf es einiger Upgrades unseres Schiffs. Der von uns angesteuerte Sektor 3 sollte die passenden Materialien liefern. Die vom Maschinenraum-Offizier Ruth vorgeschlagene Lösung basiert auf einem Lasersegel. Dafür benötigen wir ausreichend Spiegel, und einen Laser. Auch wenn in unseren Handbüchern beschrieben ist, wie eine solche Technologie zu bauen ist, fehlen uns doch die Materialien. Der vor uns liegende Asteroidengürtel sollte ausreichend Baumaterial bereitstellen. Unsere erste Station: Asteroid Feronia, reich an Wasser und Schwefel.

Unser Außenteam beginnt mit dem Extrahieren von Wasser. Stella benötigt dieses für weitere Forschung. Die Rohstoffe senden wir über Mini-Raumschiffe zurück zum Mutterschiff, wir nennen sie Tauben. Nicht gerade effizient wie ich finde, aber das Beste, worauf unsere Spatzen-Hirne gekommen sind. Außerdem setzen wir einen kleinen Rover ab, um kleineres Gestein einzusammeln. Das benötigen wir für weitere Gebäude als Baustoff-Reserve, sollten wir uns mal verkalkulieren. Zu unseren zwei Wasser-Extraktoren gesellen sich zwei Schwefel-Extraktoren. Damit steht unsere Grund-Industrie. Ein Crewmitglied gibt mir die Aufgabe, aus Schwefel und Wasser mithilfe eines Labors Säure herzustellen. Dies steigert die Lebensqualität auf unserem Raumschiff. Wichtig für unsere Mission ist das zwar nicht, jedoch werden wir bei steigender Qualität mit immer mehr Sternchen von der Raumfahrt-Behörde ausgezeichnet. Ich liebe Sternchen.

Als nächstes bedarf es Sauerstoffs. Dafür jagen wir Wasser durch eine Raffinerie, ähnlich wie ein Adler eine Maus jagt… oder so. Was mit dem Wasserstoff passiert, weiß ich nicht. Ehrlicherweise interessiert es mich aber auch nicht. Also eine weitere, großartige Maschine auf diesem Asteroiden platziert. Langsam sieht es dort gar nicht mehr so öde aus. Außerdem ein weiteres Crew-Mitglied glücklich gemacht. Mehr gibt es auf Feronia aber vorerst nicht zu holen. Der Nachbar von Feronia heißt Zeissia. Unsere Sensoren melden zwei Stoffe. Silizium und Uran. Beides wichtige Komponenten für Spiegel und Laser. Übrigens wissen nur wenige, dass dieser Asteroid nach einem unserer berühmtesten Optiker benannt wurde; Kehl Zeiss, ein Rotkehlchen.

Silizium- und Uran-Extraktoren montiert. Tauben unterwegs, Maschinenraum fertiggestellt. Einem unserer Crew dürstet es nach einer Schatzkammer. Wofür wir diese auf einem Bergbau-/Forschungsschiff benötigen, entzieht sich meinem Verständnis. Vermutlich ist auch er mit Elster-Genen gestraft. Für die Schatzkammer benötigen wir Quarz. Quarz ist kein Rohstoff, sondern muss chemisch hergestellt werden, aus Silizium und Wasser. Da es keinen Asteroiden mit beidem gibt, müssen wir das eine zum anderen schaffen. Auf Feronia platzieren wir eine neue Startrampe und mehr Wasser-Extraktoren, für letzteres wird der Platz langsam eng. Zeissia bekommt einen Landeplatz. Hier können die Tauben ihre Ladung abwerfen. Dann noch Landeplatz und Silizium-Extraktoren mit einem Chemielabor verbunden und… Tada! Wir verfügen nun über Quarz.

Wichtig für unsere Mission ist allerdings das Sonnensegel. Ruth braucht unverarbeitetes Silizium und Glas. Glücklicherweise können wir Glas aus Quarz raffinieren. Zweites Quarzlabor, vierter Silizium-Extraktor und eine ganze Menge Rohre – für die Wissenschaft! Glasproduktion? Läuft! Ich meine, fliegt! Während ein paar Schiff-Bauteile parallel in Arbeit sind, mache ich mir Gedanken über die nächsten Schritte… Flügelschläge. Wir benötigen noch Aluminium, Eisen und Magnesium. Dafür haben wir zwei Asteroiden zu Auswahl: Loreley und Tamara. Auf beiden soll es Magnesium geben. Das trifft sich gut, denn wir benötigen ein Fitnessstudio. In unserem engen Raumschiff ist es schließlich schwierig, seine Flügel zu benutzen. Nach der an unserer Akademie gelehrten „Ehne-Mehne-Muh“-Methode, fliegen wir, auf rein wissenschaftlich fundierten Tatsachen, Tamara an.

Bei Ankunft unseres Außenteams stellen wir fest: Hier gibt es neben Magnesium auch Eisen. Während sich das Eisen direkt neben der Startrampe befindet, ist das Magnesium am anderen Ende des Asteroiden. Eine Katastrophe … wenn der Asteroid mehr als 100 Meter Durchmesser hätte. Schön ist trotzdem anders. Das vorhandene Eisen wird für Wohnquartiere verwendet. Ist es nicht großartig, dass jeder Asteroid etwas Brauchbares zu geben hat? Als nächstes betraue ich Stella mit der Aufgabe, an einer Optik-Fabrik zu forschen. Mit Uran und Glas können wir so Laser herstellen! Wichtig für unser Lasersegel, aber auch für einen weiteren Reaktor. Zur Freude meinerseits produzieren wir beides auf demselben Asteroiden, es bedarf für Laser also keiner weiteren interplanetaren (interasteriodalen?) Warenkette.

Stella überreicht mir die Baupläne für die Optik-Fabrik, ohne zu zögern, bauen wir sie auf Zeissia. Bestürzt musste ich allerdings feststellen, dass wir für diese Energie brauchen. Wo sollen wir denn hier nur Energie hernehmen? Ruth stellt sich dieselbe Frage, Stella hat jedoch die passende Antwort: Solarzellen. Wir brauchen die Energie von drei Solarzellen. Da wir eine aber in eine extrem sonnige Region stellen, brauchen wir nur zwei. Famos! Außerdem übergibt mir Stella ein neues Bauteil, den Verteiler. Damit können wir in Zukunft Material wie zum Beispiel Glas in zwei Rohre pumpen, und müssen nicht eine komplett neue Kette aufbauen.

Wir nähern uns dem Ende unserer Mission im Sektor 3.  Als letzten Rohstoff brauchen wir Aluminium. Diesen finden wir auf Gordonia. Also nichts wie hin im Sauseschritt… oder Sturzflug? Wir benötigen leichte Legierungen aus Silizium und Aluminium. Und aus leichten Legierungen und Glas können wir Spiegel herstellen. Da Zeissia langsam keinen Platz mehr hat, schicke ich das Silizium nach Gordonia. Auch das Glas lasse ich per Taube schicken. Welch fortschrittliche Technik. Es bedarf kleinerer Umbauten, damit alles funktioniert, aber auch das hält uns nicht auf. Brennofen erforschen. Und los geht die Produktion. Und hier stoße ich an die Grenzen meiner Organisationskünste. Zwar funktioniert und läuft alles, aufgrund von nicht optimalen Platzierungen und Verkabelungen entsteht neben den Spiegel allerdings auch Schrott. An sich kein Problem, aber es verlangsamt die Produktion.

Mit der Zeit füllt sich unser Raumschiff mit den Spiegeln, die wir brauchen. Den Laser haben wir ja schon. Unser Lasersegel ist komplett und wir sind bereit, zu weit entfernten Sternen zu reisen. Für mehr Sternchen der Raumfahrt-Behörde könnten wir noch bleiben und optimieren, allerdings ruft die Wissenschaft. Die Crew schlüpft in die Cryo-Eier, schließlich dauert die Reise Jahrzehnte. Auch ich lege mich jetzt schlafen. An dieser Stelle entschuldige ich mich für das unseriöse Logbuch. Ich bin noch nicht lange Captain, manchmal gewinnt die Aufregung gegenüber der Sachlichkeit. Sternzeit 2-2-5-44-3, Sablena-System. Logbuch Ende.“

Star Birds hält, was es verspricht. Während des Spiels gerät man nie unter Zeitdruck, sondern kann ganz in Ruhe seine Asteroiden ausschlachten. Dabei ist es möglich, in jeder Mission das Maximale rauszuholen, um einen möglichst hohen Highscore zu erhalten. Außerdem gibt es zusätzliche Unterziele, wie z.B. keine Gebäude zu upgraden. Wer allerdings ohne großes Kopfzerbrechen einfach nur die Story genießen will, kann auch das tun. Diese ist übrigens ein großer Pluspunkt. In der Gaming-Industrie hat es sich vor allem im Bereich Strategie immer mehr normalisiert, wenig Wert auf Story oder Vertonung zulegen. Davor scheut sich Star Birds allerdings keineswegs. Neben Dialogfenstern zwischen und während der Missionen, gibt es immer mal wieder Cutscenes mit kleinen Videos, in welchen die englische kurzgesagt-Stimme das Geschehen kommentiert. Ich hatte die Befürchtung, dass sich Toukana Interactive auf der Kooperation mit kurzgesagt „ausruht“ und das Spiel eher dadurch bekannt wird. als durch wirkliche Mechaniken. Dem ist glücklicherweise aber nicht so. Star Birds möchte ein simples Rohstoff-Management sein, welches durch schnuckelige Grafik einen Einstieg ins Genre gewährt. Ich war überrascht, wie komplex das Spiel dann doch ist.



Gastbeitrag von Eric Michaelis