1992 war das Jahr, in dem ein neues Kapitel in der bis dato kurzen Geschichte der Rennspiele aufgeschlagen wurde. Super Mario Kart erschien auf dem SNES und Freundschaften wurden auf eine harte Probe gestellt. Wer jemals als Führender kurz vor der Ziellinie von einem Schildkrötenpanzer getroffen und damit auf Platz 2 oder sogar 3 durchgereicht wurde, weiß was gemeint ist. Es folgten zahlreiche Nachfolger, von denen aber kein Teil jemals wieder den Spaßfaktor des Originals erreichen konnte. Persönlicher Tiefpunkt der Serie war 2003 Mario Kart Double Dash >>> auf dem Game Cube.
2014 steht nun auch für die Wii U Mario Kart 8 am Start und rollt das Feld von hinten auf. Schon beim Spielstart tritt der erhoffte Wiedererkennungseffekt ein, Nintendo hat das typische Kart-Feeling erhalten können. Profis fühlen sich augenblicklich zu Hause, Anfänger sind spätestens nach einem Rennen mittendrin. Endlich fühlt sich ein Mario Kart wieder an wie das Original vom SNES. Und das darf man durchaus positiv bewerten, denn ganz große Überraschungen bleiben aus – wieder einmal. Der achte Teil ist beim Ablauf bodenständig wie immer, bringt mir aber trotzdem meinen lange vermissten Spielspaß zurück.
Mario Kart auf der Wii brachte mich zur Verzweiflung. Ich hatte häufig das Gefühl, der Zufall spielt eine dem Fahrkönnen übergeordnete Rolle. Zu oft flogen zu zielsichere Panzer durch die Gegend und man wurde nicht mit dem Verlust einiger Plätze bestraft, sondern oftmals bis weit nach hinten durchgereicht. Der achte Teil fühlt sich nun wieder ausgewogen an. Beim Durchfahren von Fragezeichen sind grüne Panzer rar und die zielsuchenden roten noch seltener. Stattdessen erhält man häufiger Münzen oder eine Bananenschale, die aufgrund der Streckenbreite aber wohl überlegt platziert werden muss. Sinnloses durch die Gegend werfen hat hier wenig Erfolgsaussichten.
Dennoch werdet ihr auch hier noch in schöner Regelmäßigkeit von den Items der Gegner durchgeschüttelt. Das kostet euch dann mal drei oder vier Positionen, die sich aber mit dem geschickten Einsatz eigener Items, guter Streckenkenntnis um Abkürzungen und dem eigenen fahrerischen Vermögen meistens wieder gutmachen lassen. Man hat niemals das Gefühl, von der KI zum Opfer auserkoren worden zu sein, auch wenn zum Können immer noch Glück dazu gehört. Sonst wäre es auch kein Mario Kart.
Zu den bekannten Items kommen einige neue dazu. Neben der Bumerangblume und der Item-stehlenden Piranha-Pflanze hat mir die Superhupe bisher am besten gefallen. Diese wehrt, richtig eingesetzt, nicht nur den höchst seltenen blauen Schildkrötenpanzer ab, sondern trötet auch Gegner von der Piste. So konnte ich in einem Rennen auf Platz 3 liegend beide vor mir fahrenden Gegner mit einem infernalischen „Mööööp“ kurz vor der Ziellinie aus dem Weg räumen und das Rennen mit lauten Jubelschrei doch noch gewinnen. Schadenfreude ist seit jeher eines der vorrangigsten Gefühle, welches Mario Kart im Spieler hervorruft. Sich danach mehrmals die Wiederholung seiner Misse-oder Heldentat anzusehen, sorgt für noch längere Gesichter bei den Mitspielern. Man sollte es also nicht übertreiben, will man größeren Streit vermeiden.
Die größte Innovation des achten Teils entpuppt sich beim Spielen dann als nicht gar so spektakulär wie angekündigt und erwartet. Die Rede ist vom Fahren an Decke und Wänden. Überfahrt ihr ein blaues Antigravitationsfeld, klappen Karts und Bikes die Räder ein und schweben. Dies ist zwar ein netter Effekt, sieht ein wenig aus wie eine Bohnermaschine, hat jedoch auf die Fahreigenschaften so gut wie keine Auswirkungen. Doch kann man sich hier einen kleinen Vorteil verschaffen. Denn allzu häufig sind gerade diese Passagen mit Beschleunigungsfeldern versehen. Während also der Rest der Meute konventionell auf der Straße rollt, verschafft ihr euch an Wänden und Decke Boost um Boost. Und apropos Boost: Drückt ihr beim Springen über eine Rampe im richtigen Moment den rechten Taster oder slidet damit elegant in enge Kurven, verschafft euch auch dies einen kurzfristigen Turbo ähnlich dem Blitzstart. Und nur so habt ihr im Zeitfahren annähernd eine Chance, an die Bestzeiten der Top-Fahrer heran zu reichen.
Seinen wahren Reiz bezieht Mario Kart 8 aus dem liebevollen Design aller Strecken. Und davon gibt es reichlich. Ihr findet 16 komplett neu gestaltete Kurse, sowie die nach Ansicht der Entwickler 16 schönsten Raceways vergangener Titel von SNES bis 3DS. Man kann ins Staunen und Schwärmen geraten, jagt man sein Kart das erste Mal durch Bowsers Festung, vorbei an den fallenden Blöcken der Steinblock Ruinen oder über die Wolkenstraße. Es ist auch hier Nintendos Perfektion im Design, welches bei Titeln rund um Mario für anerkennendes Kopfnicken und ein Lächeln sorgt.
Doch auch beim Fahrerfeld und beim Kart-Design haben sich die Entwickler reichlich Mühe gegeben. Es stehen 29 Charaktere plus ein Mii am Start, von denen aber einige erst durch das Aufsammeln von Münzen auf der Strecke freigeschaltet werden müssen. Ganz ähnlich sieht es bei den Karts aus. Anfangs stehen einige Standard-Modelle zur Verfügung, doch nach und nach kommen neue Modelle, Reifen und auch Gleitschirme hinzu. Alles lässt sich miteinander kombinieren und sorgt so für noch mehr optische Abwechslung und ein wenig Tuning. Auch für die Ohren wird einiges geboten, denn alle Sounds sind neu eingespielt und passen hervorragend zum Spielgeschehen.
Im fast schon krassen Gegensatz zur Verspieltheit von Strecken und Karts steht die Nüchternheit der Menüs. Alles ist aufgeräumt, fast schon spartanisch. Kein überflüssiger Ballast nervt das Auge wie bei DiRT 2 >>>, keine aufgeblasene Optik wie bei Forza oder Gran Turismo. Und das ist so wohltuend, Mario Kart 8 spielt seine Stärken da aus, wo sie auch tatsächlich liegen und vor allem hingehören – auf der Rennstrecke. Das Spiel lässt euch in der Controller-Auswahl alle Möglichkeiten, es funktioniert jede Steuereinheit. Das Pad selbst wird aber nicht für einen fünften möglichen Spieler verwendet, hier findet ihr dafür verschiedene Bildschirme zum Rennablauf.
Mario Kart 8 bietet zahlreiche Varianten. Lokal kämpft man sich im Einzelspieler-Modus durch die allzu bekannten Grand-Prix-Serien, stellt sich dafür aber im Versus-Rennen eigene Rennserien zusammen, startet ein Zeitfahren solo oder gegen bis zu vier Geister der besten Spieler der Welt oder versucht sich im Battle-Modus. Warum dieser allerdings von den Arenen auf die Rennstrecke verlegt wurde, bleibt Entwicklergeheimnis. Motivierend ist immer wieder aufs Neue das Zeitrennen gegen die Geister. Hier lernt man, wann man den Drift wie einsetzen muss, um somit wertvollen Boost zu erhalten. Leider findet man dann keine klassische Liste über die eigenen gefahrenen Bestzeiten. Mit bis zu vier Spielern gleichzeitig am Splitscreen sind die Modi sind identisch, lediglich das Zeitfahren fehlt hier.
Nintendo goes online – endlich! Ihr fahrt global oder regional, wobei regional auch die Nachbarländer einschließt, erstellt Turniere mit eigenen Regeln oder spielt mit Freunden. Wer hier aber einen ähnlichen Umfang und Komfort wie bei Xbox-Live erwartet, wird enttäuscht. Ihr dürft nämlich nur gegen Freunde antreten, der Rest des Feldes wird mit CPU-Fahrern aufgefüllt. Online heißt es also entweder/oder – Freunde oder Fremde. Ebenfalls ärgerlich ist der Sprachchat. Global herrscht komplett Ruhe, was nicht das Schlechteste ist. Warum man allerdings mit Freunden nur in der Lobby reden kann und in den Rennen Funkstille gehalten wird, ist kaum nachvollziehbar. Dem Modus kommt aufgrund fehlender Reaktionen seiner Freunde beim Item-Einsatz ein Großteil des Spielspaßes abhanden. Ich bitte hiermit um einen Patch, der diesen Unsinn korrigiert!
Wer sich nun immer noch nicht sicher ist, schaut bei mariokart.tv >>>, Nintendos eigens zum Spiel angelegte Website. Hier findet ihr Clips zu allen Strecken, hochgeladen von Spielern aus aller Welt. Warum ich noch nichts laden kann, bleibt mir allerdings ein Rätsel. Meine Clips verschwinden offenbar (noch) im Orbit.
Tricks für Mario Kart 8:
- Nutzt den Turbostart – dazu die A-Taste ab der zweiten roten Lampe gedrückt halten
- driften, driften und noch mehr driften – jede Kurve sollte zum Driften mit dem rechten Taster genutzt werden. Ihr baut so Boost auf
- Münzen sammeln – die Münzen schalten nicht nur Fahrer und Zubehör frei, sie verschaffen auch einen kleinen Boost
- Sprungschanzen – springt nicht nur einfach darüber, sondern drückt den rechten Schultertaster und gleichzeitig den linken Analog-Stick in eine beliebige Richtung. Diese Aktion sorgt für einen coolen Stunt und verleiht einen weiteren Boost
- Abkürzungen nutzen – fast jede Strecke bietet Abkürzungen. Findet diese, um euch Vorteile zu verschaffen
- Items nicht sinnlos einsetzen – der blaue Panzer trifft nur den Führenden. Liegt ihr an erster Position und habt die Hupe, hebt euch diese bis zum Ende auf, denn diese wehrt den Panzer ab. Ebenso helfen grüne Panzer nach hinten geworfen gegen herannahende Geschosse
- fahrt im Windschatten – hinter dem Gegner herzufahren verleiht nicht nur einen Boost, sondern schubst diesen bei Berührung auch beiseite. Selbst die schweren Brocken wie Bowser oder Donkey Kong kann man so aus dem Weg räumen
- gespiegelten Grand Prix freischalten – gewinnt die 150ccm Klasse. Ihr müsst dazu nicht jedes Rennen mit dem ersten Platz abschließen.
Fazit:
Mario Kart 8 meets Super Mario Kart. Lange hatte ich nicht mehr so viel Spaß an diesem Fun-Racer. Das liegt einerseits an der perfekten Spielbarkeit und andererseits an der makellosen Präsentation des Spiels. 32 toll designte Strecken, 30 Fahrer mit den verschiedensten Karts und Bikes, toller Sound und ein sachliches, übersichtliches Menü bei kaum vorhandenen Ladezeiten. Besser ginge es kaum, wären da nicht der fehlende Sprachchat mit Freunden und der ewig gleiche Grand Prix in den ewig gleichen Hubraum-Klassen.
Auf der Strecke entscheidet dann die gesunde Mischung aus eigenem Fahrvermögen, dem richtigen Einsatz der Items, Streckenkenntnis und natürlich dem benötigten Quäntchen Glück. Hier hat Nintendo nach der unausgewogenen Wii-Version wieder die Kurve genommen und präsentiert mit dem achten Teil der Serie wieder ein wirklich ausbalanciertes Spiel.
Die Wii U sollte nun endgültig in den Spielerköpfen angekommen sein, denn die Konsole zeigt spätestens bei diesem Titel, was alles möglich ist. Nintendo hat seine Hausaufgaben gemacht, die Fans danken es mit allein am ersten Wochenende 1,2 Millionen gekauften Titeln.