Mission 700 im Test – die so schöne Kombination aus Klang und 70er Jahre Design

Im Mai 2023 ging ich meinem Job als selbstständiger Journalist auf der High End in München nach. Auf der größten HiFi-Messe Europas wird man jedoch selbst als Profi vom unfassbaren Angebot der dort vorgeführten Lautsprecher regelrecht erschlagen, kein Wunder bei mehr als 500 Ausstellern. Aber manchmal sieht und hört man etwas und weiß, das ist es! So erging es mir im Atrium von IAD, in dem die Mission 770 vorgeführt wurden. Endlich ein Raum, in dem kein nerviger Jazz klimperte und in dem ich sogar ohne abfälliges Zucken von Augenbrauen des Ausstellers einige meiner Musikwünsche erfüllt bekam. Obwohl ich aus der Hard`n`Heavy Ecke komme, nahm ich mich dort zurück, aber etliche andere Songs ließen mich verweilen und zauberten mir ein Grinsen ins Gesicht. Nun sind es nicht die Mission 770 geworden, aber seit Kurzem nenne ich die ebenso schönen Mission 700 mein Eigen.

Der Grundriss meines Wohnzimmers war bisher alles andere als HiFi-freundlich, aber nach einer Umdekorierung fand ich endlich Platz für den Lautsprecher meiner Wahl. Meiner Neuanschaffung stand also nichts mehr im Wege. Und bereits nach der Aufstellung des Sets war mir klar, zumindest bis hierhin optisch die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ich entschied mich für die Variante in Walnuss, da diese für mich persönlich dem Original am nächsten kommt. Der Aufbau der Ständer ist eine Sache weniger Minuten, alles ist perfekt verpackt und alle Schrauben inkl. Inbus liegen bei. Ästheten achten darauf, das hauchzart gedruckte Mission-Logo der Ständer in Blickrichtung auszurichten. Wer sich obendrein seinen hochwertigen Laminat- oder Holzfußboden nicht zerstören will, findet im Paket zusätzliche Untersetzer für die in der Höhe justierbaren Spikes.

Aber warum also ausgerechnet Mission, wenn auch in dieser Preisklasse so viele ähnliche Modelle anderer Hersteller verfügbar sind? Denn eigentlich hatte ich bis zum Besuch der Messe im letzten Jahr keinen Kontakt zu diesem Unternehmen und dessen Lautsprechern. Aber man unterhält sich mit erfahreneren Kollegen und von so vielen kam die Aussage, dass Mission ihr Traum aus deren Jugendzeit war, man sich die Speaker aber damals schlicht nicht leisten konnte. Grund genug für mich also, sich mit dem Unternehmen zu beschäftigen, denn der legendäre Ruf der Mission 770 geht bis auf das Jahr 1978 zurück. In diesem Jahr erschien das erste Modell und begründete als meistverkaufter Lautsprecher den Erfolg von Mission. Die folgenden MK2- und MK3-Modelle wurden hinsichtlich Empfindlichkeit und Belastbarkeit verbessert. Später erhielten weitere Modelle das Design der 770, aber keines wurde jemals wieder so erfolgreich. Und so verschwand Mission über Jahre hinweg in der sprichwörtlichen Versenkung.

Aber kaum etwas liegt heute so im Trend, als die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen. Bei den Games werden alte Konsolen im Miniaturformat erneut veröffentlicht, Renault bringt das Kultauto R5 nun in einer elektrischen Variante wieder an den Start und AC/DC verkauft zum 50jährigen Jubiläum goldenes Vinyl, obwohl man ohnehin schon alle Scheiben bereits sogar mehrfach besitzt. Warum also sollen nicht auch HiFi-Hersteller an den Erfolg von damals anknüpfen? So oder so ähnlich müssen die Gedanken bei Mission gewesen sein, aktuelle Technik in das Design der 1970er Jahre zu verpacken. Herausgekommen sind nun sowohl die 770 in einer Neuauflage, als auch die 700 als kleineres Schwestermodell.

Das Problem bei der sowohl im Preis als auch in der Technik abgespeckten Version eines Top-Modells ist es, hier trotzdem einen Lautsprecher zu konstruieren, der auch den Hörer mitnimmt, für den das High-Class-Modell keine Option darstellt. Konstrukteure sind hier also gezwungen, mit weniger technischen Möglichkeiten einem Lautsprecher dennoch den bestmöglichen Klang zu entlocken. Und auch in die Mission 700 hat Entwickler Peter Comeau offenbar ebenso viel Herzblut gesteckt, wie schon in die große 770, auch wenn man natürlich einige Abstriche machen muss.

Nun habe ich keinen direkten Vergleich zur 770, aber dennoch hatten mich meine kleinen Mission bereits beim ersten gespielten Ton vollständig im Griff. Denn was da aus dem Chassis erklingt, verursacht mir eine Gänsehaut. Die Speaker laufen jetzt hier seit 3 Wochen ununterbrochen und schon während der Einspielzeit konnte man zuhören, wie mit jeder Stunde die klangliche Qualität zunahm. Ich verkneife mir an dieser Stelle aber den Vergleich der beiden Modelle. Denn allein der mit knapp 1500€ um fast zwei Drittel geringere Preis der 700 zeigt auf, dass hier sonst Äpfel und Birnen nebeneinandergestellt werden. Deswegen soll die 770 in diesem Beitrag nun zum letzten Male erwähnt gewesen sein.

Denn auch die Technik der Mission 700 kann sich sehen lassen. Angefangen bei der invertierten Treibergeometrie, bei der der Tief-/Mitteltöner oben und der Hochtöner unter diesem verbaut wird, bis zur in der Front untergebrachten Bassreflexöffnung, ist die Mission ein schon optisch ungewöhnlicher Lautsprecher. Hinzu kommt hier, dass beide Hochtöner auch noch seitlich versetzt sind und somit eine vollkommen andere Geometrie ergeben, als das bei ähnlich aufgebauten Modellen anderer Hersteller der Fall ist. Laut Mission verbessert diese Anordnung die zeitliche Abstimmung und gleichen die Länge des Weges aus, damit Schallwellen auf Kopfhöhe des Zuhörers zusammentreffen. Dazu kommt eine Frequenzweiche, die in allen Bereichen der Technologie neue Maßstäbe setzt.

Untergebracht ist das gesamte technische Know-How in einer Sandwich-Konstruktion aus verschiedenen Hölzern. Für die innere Absorption von Resonanzen sorgen Schaumstoff und Langhaarfasern, während weitere Verstrebungen dem Ganzen weitere Festigkeit verleihen. Aber Technik ist heute nichts mehr ohne Design. Ein Lautsprecher kann so perfekt klingen, wie es technisch möglich ist, wenn er den Käufer nicht schon mit seinem Aussehen abholt, wird er keine Chance haben. Und ich gestehe, mich bei der Mission 700 auch vom Design habe zum Kauf verleiten lassen. Allein die weiße Front mit den versetzt verbauten Treibern und dem großen Mission-Schriftzug, haben es mir sofort angetan. Aber klar, hätten die Lautsprecher nicht auch geklungen, hätte ich sie nicht gekauft.

Wie bereits erwähnt, habe ich den Mission 700 eine mehr als ausreichende Einspielzeit gegeben. Mission weist in der Anleitung darauf hin, dass die Speaker in einem Abstand von 1,50 – 2,00 Metern zueinander aufgestellt werden und dabei einen Abstand zur Wand von 50 Zentimeter haben sollten. All diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Also ab auf das Sofa und für bestmögliche Qualität Tidal gestartet. Der Streamingdienst präsentiert mir eine coole Playlist der 80er Jahre mit Interpreten wie den Pet Shop Boys, Simple Minds oder auch Orchestral Manoeuvres In The Dark und ich genieße jeden Ton in vollen Zügen. Denn dafür sind gute Lautsprecher gemacht – Musik bewusst hören und nicht nebenbei konsumieren.

Aber richtig einschätzen kann man Lautsprecher nur, wenn man diese mit seiner Lieblingsmusik füttert, also Songs, die man schon tausende Male und mehr gehört hat und demnach für sich richtig bewerten kann. Allerdings schleicht sich damit manchmal unbewusst ein Problem ein, wenn man regelmäßig großartige Schallwandler testen darf: Man neigt dazu, Musik zu analytisch zu hören, statt sich einfach auf diese einzulassen. Auch ich muss immer wieder aufpassen und mich zurücknehmen, um mich beim Schreiben eines solchen Tests nicht in den geringfügigsten Details zu ergehen. Es gilt also, Sound zu erkennen und zu genießen, ohne über diesen esoterisch zu philosophieren.

Also greife ich zuerst zu zwei Bands auf Vinyl, die bis heute zu meinen persönlichen Top-Ten der jemals produzierten Alben gehören. Auf der einen Seite ist das Talk Talk mit It`s my Life, auf der anderen The Clash mit London Calling. Beide Produktionen sind mehrheitlich durch die entsprechenden Auskoppelungen und Radio Versionen bekannt, geben aber mit all den anderen und weniger bekannten Stücken so viel mehr her. Ich starte mit The Clash und der Tatsache, dass ich dieses Album erst im Laufe vieler weiterer Jahre schätzen und lieben gelernt habe.

Auch wenn Jazz noch nie meine Musik war, so schaffen es The Clash mit dem Song Jimmy Jazz selbst diesen zu einem akustischen Erlebnis zu machen. Na gut, es ist ja auch Punk-Band, die dieses Stück spielt. Ich bin überrascht, wie sauber die Mission 700 hier eine Trennung aller Instrumente vornimmt und somit einem jeden einzelnen fast eine eigene Bühne schafft. Hier begeistern von Anfang an die beiden Gitarren auf dem rechten und linken Speaker, während der Bass den gesamten Song mittig untermalt. Dies ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass es sich hier nur um einen 2-Wege-Lautsprecher ohne eigenen Tieftöner handelt. Dennoch gehen die Mission herrlich tief hinab und so mag ich Bass – dezent, aber ohne jede Anstrengung vernehmbar.

Ähnliches gilt auf allerdings völlig anderer musikalischer Ebene für Talk Talk mit It`s my Life. Statt Punk ist Talk Talk zumindest in diesem Zeitraum dem New Wave und Synthie-Pop zuzuordnen. Die Radioauskoppelungen Such a Shame oder Dum Dum Girl mag selbst derjenige schon einmal gehört haben, der nichts mit der Band anfangen kann, weil er eben das Pech hatte, in einer anderen Dekade geboren zu sein. Aber gerade dieses auch kommerziell halbwegs erfolgreiche Album lebt noch vom alten Musikstil der Band mit Synthesizer, bevor im darauffolgenden The Colour of Spring Klavier, Orgel und Gitarre die Instrumente der Wahl wurden.

Markant an allen Songs dieses so großartigen Albums ist die Stimme von Mark Hollis, die den Zuhörer packt und mitnimmt. Dieser Gesang, jede Nuance und jede Tonlage werden von den Mission 700 so fein dargestellt, dass es die pure Freude ist, dieses Album zum wiederholten Male einfach nur zu genießen. Selbstverständlich sind die Mission keine Standlautsprecher, die den Raum voluminöser bespielen, aber was hier aus den kleineren 700 kommt, ist genau das, was ich mir von denen erhofft hatte. Und selbst in höheren Pegeln, die dann schon in Richtung nachbarschaftsunfreundlich tendieren, spielen die Speaker vollkommen frei auf. Da klirren keine Höhen, da brummt kein tiefer Ton.

Abgesehen von diesen beiden, als Beispiele herangezogenen Alben, läuft hier natürlich seit der Aufstellung der Mission 700 auch alles, was hart bis brutal handgespielt wird und bei dem der Nicht-Heavy-Fan sich fragt, was das noch mit Musik zu tun haben mag? Aber neben den Klassikern von AC/DC bis Judas Priest haben auch Bands wie Cult of Luna oder Wage War ihre musikalische Existenzberechtigung. Denn auch bei dieser Art von Musik geht es melodisch zu, wenn auch schneller, härter und lauter. Wenn hier gleich zu Beginn eines Songs die Gitarrensaiten nicht gezupft, sondern brachial angeschlagen werden, wenn das Schlagzeug dies in einem teils irrwitzigen Tempo begleitet und wenn die Lautsprecher dies alles dynamisch, punktgenau und ohne sich an den schnellen Tonfolgen eines jeden Instruments zu verschlucken an die Ohren des Zuhörers bringen, dann weiß man, sich für die richtigen Speaker entschieden zu haben. All das können die Mission 700.





Link zum Hersteller: Mission 700