PIEGA ACE 30 Wireless im Test – Gaming-Sound wie ein Schweizer Uhrwerk

Wer Schweiz hört, denkt zuerst an Uhren, Käse, Schokolade, Taschenmesser und Banken. Soweit zum Klischee. Dass aber auch hochwertigstes HiFi aus dem Nachbarland kommt, haben hingegen nur wenige auf dem Schirm. Mein bisheriger Kontakt zu Piega beschränkte sich daher auf die Pressemitteilungen des Herstellers, wobei mir besonders das vom Künstler Conor Mccreedy erschaffene Kunstwerk der Piega Master Line Source 2 Gen2 in Erinnerung geblieben ist – und der Preis von 100.000€ für das Paar Lautsprecher. Es wird also Zeit, meine persönliche Bildungslücke zu schließen.
Deshalb steht hier jetzt ein Paar Piega Ace 30 Wireless zum Test, das ich mir in Sachen Gaming anhören darf.

Wie so viele HiFi-Hersteller, ist auch Piega noch sehr zurückhaltend, wenn es ums Gaming geht. Folglich findet dieses Hobby auch hier nur in einem Nebensatz in der Produktbeschreibung auf der Website Erwähnung. Dabei sind es doch gerade die zierlichen und kompakten Lautsprecher, nach denen man als Gamer anfangs Ausschau hält. Meist ist der Platz in den eigenen vier Wänden noch beschränkt, das Leben findet rund um TV und PC statt. Und weil man es eben noch nicht besser weiß, nutzt man hier den Blech-Klang seiner TV-Lautsprecher oder positioniert im besten Fall ein Paar preiswerte Brüll-Würfel rechts und links des Displays. Weil die leicht zu transportieren sind, stehen die dann auch mal auf dem Balkon oder in der Küche, um Musik zu hören. All das bietet Piega mit den Ace 30 Wireless aber auch, nur eben in einwandfreier Verarbeitung und bester Klang-Qualität – und ja, zugegeben auch in einer anderen Preisklasse.

Aufbau, Einrichtung und ein erster Klang-Check

Wie vor jedem Test steht das Auspacken und wie immer steigt die Vorfreude auf das, was ich da jeden Moment in den Finger halten darf. Die Piega Ace 30 Wireless sind aktive Lautsprecher aus einem festen Aluminium-Guss und zwei unterschiedliche Modelle bilden ein Stereo-Paar. Den Unterschied zwischen aktiven und passiven Lautsprechern haben wir in einem Special >>> dazu schon einmal erläutert, deswegen hier nur ganz kurz. Passive Lautsprecher benötigen einen zusätzlichen Verstärker, dieser ist in aktiven Speakern aber bereits verbaut. Und daher sind gerade aktive Lautsprecher ohne die Bindung an ein Kabel und damit an einen Receiver so flexibel in der Aufstellung. Hier unterstützen die beiden Piega Ace 30 Wireless aber zuerst den Ton der Xbox Series X am TV und damit dem Gaming.

Die Rückseite der beiden kleinen Speaker verblüfft dann nach dem Auspacken. So viele Anschluss- und Einstellungsmöglichkeiten sind eher ungewöhnlich. Und heißen aktive Lautsprecher bei anderen Herstellern sonst schlicht Master und Slave, hat hier der Master die Bezeichnung ACE Tx und der Slave heißt ACE Rx. Die Einrichtung ist laut Anleitung recht simpel und tatsächlich auch innerhalb von ein paar Minuten erledigt. Beide Speaker werden mit Strom versorgt und miteinander über einen Knopfdruck verbunden, den Rest erledigen die von allein.

Die Einbindung ins heimische Netzwerk erfolgt über Google Home. Entweder man schließt das klassische Netzwerkkabel an, was allerdings die Mobilität der beiden Speaker einschränkt oder man erledigt das wireless. Dazu müssen beide Kippschalter der Speaker auf WiFi stehen. Die Google Home App erledigt den Rest. Danach stehen die Speaker für jeden Streaming-Dienst zur Verfügung. Sollen die beiden Piega ACE 30 Wireless auch den TV-Ton wiedergeben, wird der ACE Tx – also der Master – per HDMI mit dem ARC- oder eARC-Zugang des Bildschirms verbunden. Alternativ geht dies auch über den optischen Eingang.

Aber die beiden Bedien-Panels der ACE 30 Wireless geben noch einiges mehr her. Stehen die beiden Speaker, wählt man über die Select-Taste aus, welcher Speaker rechts und links vom Hörer steht. Zusätzlich gibt es auch die Auswahl Mono, bei der beide den gleichen Ton ausgeben oder aber wenn der ACE Tx nur als Solo-Lautsprecher fungiert. Ein zusätzlicher Kippschalter regelt den Bass. Ist ein Subwoofer angeschlossen, wählt man die Einstellung SUB. Spannender hingegen sind die Einstellungen NEUTRAL oder WALL. Piega empfiehlt bei einer Entfernung zur Wand von mindestens 50 Zentimetern die Einstellung NEUTRAL. Stehen die beiden ACE 30 Wireless dichter an der Wand, sollte die Einstellung WALL gewählt werden, bei der die Bässe auf unter 100 Hz reduziert werden. Aber letzten Endes entscheidet der persönliche Geschmack über den gewählten Tiefton.

Zeit für Klang! Die Piega ACE 30 Wireless dürfen das erste Mal zeigen, ob ich alles richtig angeschlossen und eingebunden habe und wenn ja, wie sie klingen. Wie üblich starte ich mit einer Hard Rock- und Metal-Playlist und sofort sind die kleinen Piegas voll in ihrem Element.

Aber vielleicht hätte ich vorher die Lautstärke auf meinem Handy kontrollieren sollen, denn bei den ersten Tönen weht es mir die Haare nach hinten. Schon jetzt zeigt sich, was die kleinen Lautsprecher zu leisten in der Lage sind. Also noch einmal in einer Lautstärke, die den Nachtschicht-schiebenden Nachbarn nebenan nicht aus dem Bett federn lässt. Diese Wucht ist mehr als überraschend.

Dass man aus so kleinen Speakern allerdings keine Wunder an Tiefton erwarten darf, sollte klar sein und dennoch überrascht die feine Dynamik der Bässe. Die Lautstärke allerdings muss sich dafür in einem noch in einem erträglichen Rahmen bewegen, alles was darüber hinausgeht, ringt den Bass dann Stück für Stück nieder.

Die Krönung der Schweizer Handwerkskunst ist tatsächlich der Hochtöner. Das von Piega AMT-Bändchen genannte Bauteil sorgt für alles, was einen guten Lautsprecher auszeichnet. Riffs bis zum Anschlag des Gitarrenhalses in Tonlagen, die bei weniger Live-Konzert-gestählten Zuhörern für einen Tinitus sorgen, treiben hier einen jeden Song voran. So viel Kraft und klangliche Eleganz erwartet man kaum bei einem Speaker dieser Größe.

Es wird Zeit zum Zocken

Schieben wir die Musik kurz beiseite und widmen uns dem, was Piega auf der Website zum System mit nur einem Wort erwähnt – Gaming. Ich starte mit Assassins Creed Valhalla aus dem Xbox Game Pass. Das erste Assassins Creed war eine Sensation, allein der Gedanke an den Sprung von einem hohen Turm in einen darunter platzierten Heuhaufen lässt noch heute meinen Magen kurz hochfahren. Aber leider musste auch Ubisoft die Kuh melken, bis die irgendwann tot umfiel. Ein Assassins Creed glich beim Spielprinzip dem nächsten, nur eben mit anderer Kulisse von Rom über die Karibik und von dort nach Griechenland. Da nach der Serie Vikings offenbar Wikinger noch immer aktuell waren, ließ man sich bei Ubisoft davon inspirieren und verlegte das nächste Setting einfach in den hohen Norden Europas und ins England des Mittelalters.

Es passiert also das, was ich auch bei Assassins Creed Valhalla befürchtet habe: Eine Quest jagt die nächste und schon nach kurzer Zeit habe ich erneut das Gefühl, hier das Spiel abzuarbeiten, statt einfach Spaß daran zu haben. Und dennoch packt mich zumindest die Soundkulisse. Das beginnt bereits beim Intro, als im typischen Langhaus der Wikinger ein Fest stattfindet und dieses in einer Schlacht endet. Zu Beginn durchstreife ich als Nachwuchs-Wikinger dieses Langhaus, die Piega ACE 30 Wireless versetzen mich augenblicklich in die Serie Vikings zurück. Ein wildes Gewirr aus den verschiedensten Stimmen feiernder und trinkender Wikinger, einige Dialoge und zahlreiche Nebengeräusche wie prasselndes Feuer und gackernde Hühner wirken lebendig und realistisch. Doch als die Gemeinschaft kurz darauf angegriffen wird, ändert sich die Stimmung und damit auch die Soundkulisse dramatisch.

Denn nun ist es die Dynamik einer Schlacht auf Leben und Tod. Das klirrende Aufeinandertreffen des Metalls von Schwertern, Äxte, die das Holz von Schilden spalten, überall Kampfgeschrei von Männern und auch die Brutalität von schmatzenden Geräuschen, wenn eine Waffe Brustpanzer und Kleidung durchdringt – erst durch den Sound entsteht hier eine Lebendigkeit in der Szenerie, welche die kleinen ACE 30 Wireless mühelos darstellen. Aber selbstverständlich besteht ein Assassins Creed leider auch immer aus stundenlangem Herumlaufen von einer Aufgabe zur nächsten.

Dazu wird anfangs eine Schneelandschaft durchquert und Felsen überwunden. Hier knirschen Schritte im Schnee und gelegentlich schrecke ich dabei Krähen auf, die flatternd davonjagen. Ist die erste Quest gelöst, kommt aber endlich das, was man unweigerlich mit Wikingern in Verbindung bringt: Mit dem Langboot werden Flüsse überquert. Nun sind es die verschiedenen, eher unauffälligen Effekte des Wassers, die für die richtige Stimmung sorgen. Kleine Wellen laufen am Ufer aus, später durchpflügt das Boot die Oberfläche der Flüsse. Auch hier stimmt die Kulisse, welche die Piega klanglich untermalt. Und dennoch ist es bei Assassins Creed Valhalla eben nur noch der Sound, der mich mitnimmt, das Spiel selbst habe ich wie viele seiner Vorgänger nach gut zwei Stunden gelangweilt abgebrochen.

Nach so viel Action und Gemetzel starte ich ein Spiel, welches endlich im Xbox Game Pass verfügbar ist und auf das ich mich nun schon eine Weile vorgefreut habe – MLB The Show 24. Auch wenn Baseball in Deutschland noch immer eine Nischensportart ist und kaum Beachtung findet, so ist dieser Sport doch technisch ziemlich faszinierend. Den ersten digitalen Kontakt zu Baseball hatte ich tatsächlich auf dem von Spielern schon damals zum heiligen Gral der Spielkonsolen erklärten Neo Geo mit dem Titel Baseball Stars Professionell. Was für ein Erfolg war das, wenn man den Wurf des Pitchers perfekt traf, dabei bereits alle Bases besetzt waren und der Ball für einen großartigen Home Run in die Tribüne einschlug? Traf man als Pitcher jedoch den Hitter, entbrannte eine wüste Schlägerei. Heute bin ich leider nur noch im Besitz der Neo Geo X Gold Limited Edition. Nun eben Baseball auf der Xbox Series X.

Baseball ist ganz sicher nicht das Spiel mit der größten Action wie es andere Sportarten sind, aber dennoch hat es seinen Reiz. Und im Gegensatz zu Fußball, Football, Eishockey oder Basketball gibt es hier keinen bis wenig Körperkontakt, es sei denn, zwei Spieler treffen sich an der Base. Daher lebt dieses Game auf der Konsole gerade von der Präzision der wenigen Soundeffekte. Der Titel The Show 24 ist nicht nur so vom Entwickler dahergetippt, der ist tatsächlich Programm. Schon im Intro bringen Beats, mit denen ich allerdings nichts anfangen kann, die Piega ACE 30 Wireless ans Klingen und ein Moderator begleitet mich ins Spiel. Alles ist also bis dahin ein typisch amerikanisches Spektakel auch schon beim Klang.

Nachdem ich mich mühsam in die umfangreiche Steuerung eingearbeitet habe, dabei ein paar Übungseinheiten absolviert habe, ist es nun Zeit für das erste Spiel. Das Publikum tobt und ich trete an die Base zum ersten Wurf. Der Sand scharrt unter meinen Füßen, der Ball fliegt, der Hitter verfehlt und ein sattes Klatschen zeigt mir an, dass der Catcher meinen Ball in der Strike Zone gefangen hat. Ein langezogenes „Strike“ des Referees bestätigt das. Also auf zum zweiten Wurf, dieses Mal ein Curved Ball. Allerdings hat der Hitter das geahnt, Holz trifft schwungvoll auf massives Leder und dennoch fliegt der Ball zu kurz ins Outfield. Der Center Fielder fängt den Ball und wirft diesen zum 1st Baseman. Obwohl der rennende Hitter alles gibt und auf dem Bauch Richtung Base schlittert, zeigt der Referee ein Out an. Der Spieler ist raus – nur noch zwei. Bei MLB The Show 24 sind es nur wenige Soundeffekte, aber diese sind authentisch und geben mir das Gefühl, mitten auf dem Platz zu stehen. Auch wenn die kleinen Piega mit dem Game vielleicht unterfordert scheinen, ist es eben nicht immer der kolossale Sound, der durch ein Spiel begleitet. Gerade die unscheinbaren Effekte zeichnen ein gutes Game und noch mehr gute Lautsprecher aus.

Und alles andere?

Wie oben erwähnt sind die Piega ACE 30 Wireless als Aktivlautsprecher fast überall einsetzbar. Einzige Voraussetzung ist eine Steckdose. Jeder kann also seine Musik da genießen, wo sie gerade benötigt wird. Ich bin letztens in einer Playlist über einen Song gestolpert, der mich aufgrund seines ungewöhnlichen Taktes sofort gepackt hat – Solo von Myles Smith. Warum dieser Song in einer Hard`n`Heavy Playlist auftauchte, ist mir schleierhaft, aber vielleicht stach er deshalb so heraus?

Von daher sind es dieses Mal also nicht die harten Riffs von Lead-Gitarren, die knallharten Base- und Kick-Drums oder ein Bass, der alles untermalt, es ist tatsächlich ein ruhiger Song, in dem die Stimme von Myles Smith das tragende Element ist. Einziges Instrument ist in diesem Fall nur eine Konzertgitarre und der geklatschte Takt im Hintergrund. All das ist für die Piega keine Hürde, aber der so klare Klang der Stimme und das Anschlagen der Saiten sind ein unglaublicher Hörgenuss.

Eigentlich war ich nie großer Klassik-Fan. Aber seit ich einen Teil der Musiker der Mailänder Scala live auf einer Veranstaltung in einem ehemaligen Kloster mitten in Mailand hören durfte, hat sich das ein wenig geändert. So war ich im vorletzten Jahr auf einer Veranstaltung in der Mercedes-Benz-Arena in Berlin und hatte Karten in der ersten Reihe, um den Prager Philharmonikern zu lauschen. Nach dem Konzert wollte ich die Cellistin entführen und heiraten, nur damit ich ihr täglich beim Spielen zuhören kann. Leider war der Mann der Security zwar nett, aber gnadenlos und obendrein größer als ich.

So war es also mal wieder an der Zeit, mich Hans Zimmer und hier vor allem der Filmmusik zu Batman – The Dark Knight zu widmen. Die kleinen Piega enttäuschen mich auch hier nicht. Es ist im Gegenteil erstaunlich, wie detailliert so kleine Lautsprecher auch bei zahlreichen Instrumenten so groß aufspielen. Egal ob die Violine gestrichen oder gezupft wird, gerade in den Mitten sind die ACE 30 Wireless nahe an Studio-Qualität. Beeindruckend immer wieder das Finale von I`m Not A Hero, wenn hier das gesamte Orchester bei den zuerst leisen Tönen einzelner Instrumente dann gemeinsam aufspielt und die Piega fordert. Bei geschlossenen Augen vermeint man weit größere Lautsprecher zu hören.

Aber man kauft ein paar aktive Lautsprecher ja für alle Gelegenheiten der Klangwiedergabe. So mussten sich die Speaker neben dem Gaming und der Musik auch beim Film beweisen. Ich habe mich also auf Netflix durch einige Serien und Filme geschaut, aber auch hier das gleiche Bild – selbstverständlich kommt das Set Piega ACE 30 Wireless auch hervorragend mit allen Arten von Film und Serie klar. Allerdings muss man dann in besonders Action-lastigen Szenen den einen oder anderen Abstrich beim Bass machen, wenn man keinen gesonderten Subwoofer dazu in Betrieb hat. Ein 12 Zentimeter großer Tieftöner kann schon rein technisch keinen Sub ersetzen. Und dennoch vermisst man nichts beim Klang, wenn man sonst kein echtes Heimkino mit zahlreichen Speakern und einem oder zwei Subs betreibt.



Link zum Hersteller: PIEGA ACE 30 Wireless