Mario in 2D, Mario in 3D, Mario klassisch, Mario im Kostüm, Mario hier und Mario da. Keine Nintendo-Konsole ohne mindestens zwei bis fünfzehn Mario-Titel. Und so erwartete ich wenig, als Super Mario 3D World in der Wii U rotierte. Ich hatte nach Rayman Legends die Befürchtung gepflegter Langeweile, weil ein Mario zunehmend dem anderen gleicht und nie wieder etwas an Rayman auch nur annähernd heranreichen kann. Diesmal also ein Aufguss des 3DS Titels nur in groß? Denkste, denn wieder einmal überrascht Nintendo.
Wo Xbox One und PS4 zwar mit Power protzen, aber gleichzeitig inzwischen erschreckend innovationsarm daher kommen, setzt die Wii U wieder einmal Spielspaß dagegen. Nun ist Super Mario 3D World ganz sicher nicht die Neuerfindung des Rades. Alles war schon einmal da und man hat in so gut wie jeder Passage des Spiels das Gefühl des Deja Vu. „Das hab ich schon einmal gesehen“ verfolgt mich auch hier. Und dennoch. Kann ich bei einem FIFA Teil 9 nicht von Teil 14 unterscheiden, sind es wieder einmal die perfekt integrierten Kleinigkeiten, die auch diesem Titel wieder das benötigte Maß an Eigenständigkeit mit auf den Weg geben, die den einen vom anderen Mario unterscheiden.
Ja, selbstverständlich hat auch Bowser hier wieder seinen Auftritt als Bösewicht und entführt … nein, diesmal nicht Peach. Dieses Mal müssen eine Hand voll Elfen dran glauben. Dies hindert den Klempner jedoch nicht daran, sich auch hier ins Getümmel zu stürzen. Und schon ist man mittendrin im Spiel … schon wieder. Anfangs überrascht die Kameraperspektive ein wenig. Zu wenig Mario, zu viel Hintergrund. Aber spätestens im Multiplayer wird klar, dass nur diese Kameraeinstellung und keine andere genau so funktionieren kann. Und schon im ersten Level haben einen die simple Story und die quietschbunten Grafiken wieder voll im Griff.
Kaum im Spiel angekommen, trägt Mario auch zum ersten Mal das Katerkostüm. Ich kann mich auch nach stundenlangen spielen nicht entscheiden, ob ich das nun niedlich oder doof finden soll? Egal, denn das Kostüm macht Sinn. In so manchem Level entdecke ich Passagen, die zwar Umweg sind und nicht direkt zum Ziel führen, aber dort blitzt etwas verdächtig auf und das macht neugierig. Meist ist es einer von drei grünen Sternen oder einer der in jedem Level versteckten Sticker, die gefunden werden wollen und eben nur mit dem Katzenkostüm erreichbar sind. Statt den klassischen Wandsprung zu nutzen, kann Mario als Miezekatze an Wänden und Vorsprüngen hoch, wie eben sonst der fette Hauskater an den teuren Vorhängen empor klettert. Und so erreicht er Abschnitte, die ohne Kostüm unerreichbar wären. Wäre nur dieses alberne „Miau“ nicht am Ende des Levels, wenn Mario im Kostüm an den Fahnenmast hüpft …
Aber selbstverständlich ist das nicht nur ein Spiel für Freunde von Samtpfötchen, auch der Waschbär hat wieder den Weg ins Spiel gefunden. Und bei etlichen Gegnern ist der Feuerball noch immer die beste Art der Selbstverteidigung. Und wenn gar nichts hilft, springt man schon einmal in einen Schlittschuh, um seinen Widersachern auf dem Eis zu entkommen. Neue Gegner sind neben den üblichen Verdächtigen auch langhälsige Vögel die picken, wenn Mario in ihre Nähe kommt. Allerdings sind die keine Nintendo-Erfindung und auch nicht neu, denn die habe ich vor Jahren das erste Mal live in einer Blumenhandlung gesehen, als sie als Dekoration zu Blumentöpfen angeboten wurden. Aber offensichtlich kommt alles wieder und manches wird eben für ein Videospiel digital recycelt.
Wie immer kann man einen jeden Level praktisch im Durchrennen abschließen. Aber ohne eine ausreichende Anzahl an Sternen gesammelt zu haben, darf man auch den Bosskampf nicht bestreiten. Aber gerade das Sammeln aller Sterne und Sticker macht den Reiz eines jeden Levels aus. Nicht nur, dass man mit ausreichender Anzahl derselben Bonuswelten freischaltet, es ist der persönliche Ehrgeiz, der mich antreibt, auch den letzten Stern und den Sticker zu finden. Und hier trennen sich dann die Casual-Gamer von den Profis. Denn will man wirklich jeden Stern ergattern, merkt man, wie kontinuierlich der Schwierigkeitsgrad anzieht. Es gibt für etliche Sterne nur eine einzige Gelegenheit, diesen zu sammeln. Ist der Gegner besiegt, die Plattform verschwunden oder das Wassermonster, auf dessen Rücken ich reite, am Stern vorbei, bekommt man keine zweite Chance. Der Level muss dann von vorn begonnen werden. Einerseits frustrierend und andererseits hochmotivierend.
Ebenso motivierend sind die Bosskämpfe. Folgt man in einem Kampf noch Bowser in seinem Auto und weicht Feuerbällen aus, muss man in einem anderen Finale in isometrischer 3D-Perspektive ähnlich dem Klassiker Viewpoint über Plattformen hüpfen, um zum Ziel zu gelangen. Und das ist ein langer, steiniger Weg, richtiges Timing ist auch hier wieder alles. Aber nur hüpfen, klettern und wieder einmal Bowser hinterherjagen wäre auf Dauer auch langweilig und so gibt es immer wieder kleine Rätselhütten, in denen Feuerblumen oder anderes nützliches Zubehör zu gewinnen ist. Und auch Toads kleine Level sind super in Szene gesetzt. Nur aus der richtigen Perspektive kann ich den richtigen Weg finden, Gegnern ausweichen und den begehrten Stern erreichen.
Die Steuerung ist typisch Nintendo wieder fehlerfrei. Es gibt keine Stelle, die nicht mit dem richtigen Timing zu schaffen wäre. Das Leveldesign ist brillant, damit ebenfalls typisch Mario und die Story herrlich irrelevant. Also beste Voraussetzungen für tagelange Unterhaltung. Warum man allerdings Mario noch immer per Knopfdruck zum Sprinten bringen muss, statt ihn wie schon zu seligen N64-Zeiten per Analog-Stick zu beschleunigen, bleibt mir unklar? Und leider hat Nintendo auch bei diesem Mario noch nicht den Weg nach online gefunden. Mehrspielerspaß gibt es nur gemeinsam vor dem TV, über das Netz wird nicht gespielt. Aber irgendwann findet Nintendo auch hier den Stern? Zieht dem Entwickler ein Katzenkostüm an, vielleicht liegt online ja in einer versteckten Passage?
Fazit:
Mario ist Mario und kein Rayman. Aber man soll auch nicht 2D mit 3D vergleichen … obwohl … Dennoch machen die 3D-Welten Spaß. Es ist eben der typische und bekannte Nintendo-Spaß. Renne durch Welten, besiege Gegner, sammle Sterne und verhaue am Ende Bowser, um die nächste Welt zu erreichen. Wenig innovativ und trotzdem motivierend. Die Steuerung ist fehlerfrei und wer dem Touchpad so gar nichts abgewinnen kann, greift eben zu Wiimotes mit oder ohne Nunchuk, Pro- oder Classic-Controller. Ihr habt die Wahl.
Und bei aller versteckter oder offensichtlicher Kritik an zu wenig Innovation oder einem anfangs albern wirkenden Katzenkostüm: Mario, Nintendo und die Wii U leisten das, wovon PS4 und Xbox One noch träumen. Nämlich einem Spiel, bei dem man nicht das Gefühl hat, dass das auch auf irgendeiner anderen Konsole laufen könnte und das man vor allem genau so schon einmal gesehen hat. Im FIFA und CoD-Einheitsbrei hebt sich ein jeder Nintendo-Titel noch immer wohltuend ab, auch wenn man Mario seit Jahren kennt. Nun warte ich auf Mario Kart und Donkey Kong. Mal sehen, ob die Monstergrafik- und Online-um-jeden-Preis-Konkurrenz bis dahin auch nur einen Titel veröffentlicht hat, der annähernd so viel Spaß bietet?