Wolfenstein: The New Order – Vaterland trifft Iron Sky

usk18Jetzt hat mich der Panzerhund zum gefühlt 16sten Mal zerfetzt. Ich brauche ewig um zu verstehen, wie ich hier weiterkomme, denn wofür halte ich wohl sonst den Laser-Schneidbrenner in der Hand, hocke auf einem Gitter und eine Eisenkette blitzt mich an?

Also jetzt beim 17sten Mal die Kette gesprengt und ich falle in einen Schacht. Geschafft! Warum nun aber ausgerechnet in einem solch verlassenen Versorgungsschacht, der unter einem WC entlangführt und sonst nur durch in die Wand verankerte Stiegen erreichbar ist, eine Wache patrouilliert, erschließt sich mir nicht wirklich? Logik ist anders.

Ist es nicht der mit spitzen Eisenzähnen bestückte Panzerhund, der meinem virtuellen Leben einen erneuten Ladebildschirm beschert, sind es zahlreiche Gegner mit mehr oder weniger mächtigen Waffen oder Granaten, explorierende Tanks, um sich schießende Flugdrohnen, Feuer in einer Verbrennungsanlage oder der wiederholte Versuch, während des Fluges von einem Flugzeug in das nächste zu springen. Die Arten, Soldat B.J. Blazkowicz in den Bildschirmtot zu führen sind – wie bei einem Shooter üblich – zahlreich.

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Aber das hier ist nicht irgendein Shooter. Es ist Wolfenstein und damit einer der klassischsten Shooter überhaupt. Und diese Klassik hat man bei Bethesda und id-Software gepflegt und nach 2014 transportiert, denn das Spiel pfeift genüsslich augenzwinkernd auf alle gängigen CoD und Battlefield-Konventionen. Munition und Ausrüstung liegt überall verteilt und wartet nicht in einer wohl platzierten Versorgungskiste. Waffen und Kostüme sind der Fantasie der Designer entsprungen und nicht den Bauplänen aktueller Waffenproduzenten nachempfunden. Hier geht es selten um die richtige Taktik, hier geht es um die pure Lust am Ballern! 25 Gegner auf der einen und ihr auf der anderen Seite? Also die Flinten in beide Hände und in bester „The Expendables“-Manier durch die Gegnerscharen gepflügt.

Solche Aktionen gehen selten ohne zahlreiche eigene Treffer ab. Doch statt danach in irgendeiner Ecke zu warten, bis die Regeneration wieder auf 100 steht, kommen hier maximal 20 Punkte zusammen. Den Rest und kurzfristig darüber hinaus darf man sich in den überall verteilten Medi-Packs wieder aufstocken. Aber hier nervt das Spiel dann auf Dauer. Statt Medi-Packs, Munition oder Ausrüstung durch simples Darüberlaufen einzusammeln, muss man jedes Mal den Knopf drücken. Warum nicht auch hier die klassische Variante? Doch statt nur herum zu ballern, darf man an gewissen Stellen auch schleichen. Eliminiert man Regime-Kämpfer von hinten leise mit dem Messer oder der Pistole mit Schalldämpfer, lösen diese keinen Alarm aus und ihr seht euch nicht gleich zahlreichen Gegnern gegenüber. Allerdings versagt bei Schleichaktionen oft genug die KI, denn zu häufig werdet ihr einfach nicht entdeckt, obwohl man euch bemerkt. Gut für euch, schlecht für den Gegner und das Spiel.

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Retro ist auch das Leveldesign, dass sich mehr um sein gutes Aussehen, denn um Perfektion in den gescripteten Abläufen kümmert. Klar, man ahnt oft genug, dass jetzt in wenigen Momenten die Hölle losbricht, dennoch findet man auch hier selten Anleihen bei den auf Perfektion getrimmten Konkurrenten. Wenn geballert wird, sucht man sich eben Deckung hinter einer Wand oder einem Pfeiler und nicht hinter einer perfekt in den Raum integrierten Kiste, die zudem auch noch unzerstörbar ist. Denn in Wolfenstein The New Order bröselt selbst der Germanische Superbeton unter Dauerbeschuss. Zeit also, sich rechtzeitig eine andere Deckung zu suchen. Die Level selbst sind mehr oder weniger gradlinig. Es ist egal, ob ihr links oder rechts abbiegt, ihr kommt immer ans Ziel. Dennoch sollte man alle Wege absuchen, denn es gilt zahlreiche Extras wie Schallplatten, Lagepläne oder Enigma-Codes zu finden.

In den Gefechten selbst wird hochwertige Standard-Kost geboten. Ein rudimentäres Deckungssystem hilft, hinter Ecken oder über Hindernisse hinweg zu schauen und zu schießen. Ansonsten wird eben nur gelaufen und geballert. Dazu nutzt ihr alle Waffen, die das Spiel so zu bieten hat. Kein „Verdammt-wo-ist-jetzt-die-Pumpgun“, sondern was ihr sammelt, benutzt ihr auch. B.J. Blazkowicz` Rucksack muss gewaltig sein. Und gerade das Waffenarsenal ist herrlich Oldschool und Dank-Akimbo-Stil sind Waffen auch beidhändig zu benutzen. Um Wolfenstein: The New Order dennoch etwas moderner zu präsentieren, rüstet ihr Fähigkeiten auf. So erhaltet ihr größere Magazine, regeneriert oder ladet schneller und könnt das Messer später auch werfen. Dies ist jedoch so unauffällig ins Spiel integriert, dass hier kein Zwang entsteht, nun unbedingt diese oder jene Fähigkeit unbedingt ausbauen zu müssen.

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Die Story wurde ins Jahr 1960 transportiert und Das Regime hat den Weltkrieg gewonnen. Nun gilt es für B.J. Blazkowicz nach 14 Jahren Koma in einer Nervenheilanstalt ins Leben zurück zu finden. Leider ist dieser aber inmitten der Aufwachphase schon wieder mitten im Geschehen. So gilt es also nach Berlin zu reisen, den Widerstand ausfindig zu machen und dann alles in schwarzer Uniform zu beseitigen, bis man endlich dem ultimativen Endgegner General Totenkopf höchstselbst gegenüber steht. Dazu infiltriert man ein Hochsicherheitsgefängnis, untersucht mit einem Mini-U-Boot die Kanalisation unter Berlin, reist nach London oder sogar zum Mond. Iron Sky lässt grüßen. Die Level sind eine Augenweide, obwohl sich Betonbau an Betonbau reiht. Aber so hätte es wohl ausgesehen, wäre die Welthauptstadt Germania tatsächlich errichtet worden.

Trotz aller Stärken hat das Spiel eine gnadenlose Schwäche, die dem Spielspaß die volle Punktzahl kostet. Denn derjenige, der für den Sound zuständig war, gehört geteert und gefedert aus dem Entwicklerstudio getrieben. In Feuergefechten und bei Explosionen vermisst man Bässe, alles wirkt in solchen Spielszenen ohne jegliche Dynamik. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Bässe von den Tieftönern der Boxen erzeugt werden oder ob ein zusätzlicher Subwoofer unterstützt. Der Klang ist einfach zu dünn. Obendrein sind die wirklich guten deutschen Sprachsamples viel zu leise eingespielt, so dass man an zu vielen Stellen kaum etwas von Gesprächen mitbekommt, gescheige denn, welches nun die nächste Aufgabe sein könnte. Die Stimmen gehen fast vollständig unter. Es ist vollkommen egal, ob Wolfenstein: The New Order über die Boxen des TV, das kleine 2.1 PC-System oder meine Yamaha Saovo 3 High-End 5.1 Anlage läuft. Der Sound ist einfach unterirdisch schlecht.

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Fazit:

Vaterland plus Iron Sky ergibt Wolfenstein: The New Order. Das Regime hat den Krieg gewonnen und B.J. Blazkowicz ist derjenige, der nun die Geschichte korrigiert. Gerade diese Fiktion, ein weltumspannendes Drittes Reich, hat man bei id-Software und Bethesda glaubwürdig eingefangen, auch wenn manchmal die Darstellung von Gewalt hemmungslos überzogen wird. So schießt ein polnischer Rentner einem Soldaten den Kopf von den Schultern, während anderswo Gefangene hemmungslos zusammengetreten werden. Das Spiel ist mit Sicherheit auch aufgrund dieser Szenen nicht jedermanns Sache.

Dennoch steht unter dem Strich ein technisch hochwertiger Shooter mit 15 Stunden Spielzeit in der Kampagne, dessen Stärke sein von Anfang bis Ende vollständig durchgehaltenes futuristisch-klassisches Design ist. Fantasie-Waffen und Uniformen auf der einen Seite, Beton so weit das Auge blickt auf der anderen. Wären da nur nicht der so dermaßen missglückte Sound und eine gelegentlich nicht ganz so helle Gegner-KI bei den Stealth-Aktionen …

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