Xbox Game Pass – ein Fazit nach über 2 Jahren Abo

Ich erinnere mich an Zeiten, da entnahm man die Infos zu neuen Games einem seiner monatlich erscheinenden Print-Magazine. Am Ende eines jeden Monats stand man beim Papierdealer seines Vertrauens und freute sich auf die wie immer liebevoll gestaltete Ausgabe. Wer hatte damals nicht den Wunsch, irgendwann Spieletester zu werden? Wer heute in der Branche tätig ist oder war weiß, dass auch das Testen von Software ein harter Job ist. Denn nicht immer hat man das Glück, den heißersehnten Triple A Titel in die Finger zu bekommen.

Wollte man das im Magazin beschriebene Spiel dann käuflich erwerben, half nur der regelmäßige Griff zum Telefonhörer und die Frage, ob der Titel bereits erschienen ist? Als West-Berliner rief man in Kreuzberg bei einem Store an, der Mega Drive- und SNES-Module aus Japan importierte und damit stets als erster das begehrte Game zur Hand hatte. Selbstverständlich ließ sich der Inhaber diesen Service auch entsprechend bezahlen. Für mein frisch eingeflogenes Bomberman bezahlte ich umgerechnet 99€. Das Spiel habe ich heute noch, der Shop ist wie viele andere schon lange Geschichte.

An der Schwelle zum Einzug in die Geschichtsbücher stehen auch physische Games. Längst werden viele Spiele nur noch als digitaler Download angeboten. Die Zeiten, in denen man sich eine weitere coole Hülle ins Regal stellen konnte, nähern sich unaufhaltsam ihrem Ende. Nun lässt sich darüber streiten, ob man wirklich jedes Spiel auf eine CD brennen und in Plastik verpacken muss – der Umweltschutzgedanke und das Thema Nachhaltigkeit sind eben allgegenwärtig. Und dennoch fehlt mir bei so vielen Titeln der Reiz des Neuen. Das Öffnen der Verpackung und das Lesen einer Anleitung sind einfach nicht zu ersetzen. Wer damals X-Com für die Playstation One kaufte, wird sich an eine unfassbare Anleitung erinnern – 100 Seiten eng bedrucktes Papier stimmten den Spieler darauf ein, die Welt vor den Außerirdischen zu retten.

Aber als Schüler und später Azubi und noch später kleiner Staatsbediensteter stand auch für das Hobby Gaming nur ein begrenztes Budget an damals D-Mark zur Verfügung. Man kaufte sich also ein Spiel und mit diesem beschäftigte man sich dann Wochen oder sogar Monate, das hatte schließlich nicht wenig Geld gekostet. Mein mitsamt dem Mega Drive aus Japan importiertes Sonic spielte ich über Monate. Was heute als Speedrun zahlreiche Zuschauer zu Twitch lockt, hatte ich damals schon zur Perfektion erhoben. Ich konnte Sonic auf Zeit spielen oder ich sammelte jeden Chaos Emerald. Ein verfehlter Diamant bedeutete dann eben Neustart. Aber natürlich war Sonic nur einer von vielen Titeln, den ich spielte, bis ich endlich den Abspann zu Gesicht bekam. Der Reiz eines Spiels lag eben auch darin, das große Finale zu erleben.

Dieser Reiz ist mit der Einführung des Game Pass für die Xbox fast vollkommen verloren gegangen. Statt sich also am Wochenende zum Fachmarkt seines Vertrauens zu begeben, um sich ein Assassins Creed oder ein Forza Motorsport zu kaufen, sitzt man heute mit seinem immer fetter werdenden Hintern auf dem Sofa und lädt sich das gewünschte Spiel am Releasetag einfach herunter. Ein umfangreiches Spiele-Abo für verhältnismäßig wenig Geld macht es schließlich möglich. Ist das Spiel dann endlich auf der Festplatte, freut man sich darauf, dieses endlich zocken zu können – oder doch nicht?

War früher so mancher Einstieg schwer, so kämpfte man sich da eben durch. Erstens hatte man viel Geld für das Spiel bezahlt und zweitens wollte man doch erleben, wie die begonnene Geschichte weitergeht. Und wie oft verbarg sich hinter einem zähen Einstieg eine Perle? Ich erinnere mich dabei zum Beispiel an das Point`n`Click Adventure Discworld. Die Scheibenwelt-Romane von Terry Pratchett hatten bereits Kultstatus und Adventures liebte ich schon seit seligen Amiga 500 Zeiten, was also konnte da schon schiefgehen? Heute grinse ich, damals trug ich die Hasskappe, weil ich einfach nicht vorankam. Es gab noch keine Lösungen im I-Net, man musste sich also durchbeißen. Und ich war froh über meine Ausdauer, denn bis jetzt zählt dieses Spiel für mich zu meinen spielerischen Höhepunkten.

Und heute? Packt mich der Einstieg eines Spiels nicht innerhalb der ersten Minuten, fliegt das Game kommentarlos von der Platte. Dabei verschwende ich auch keinen Gedanken (mehr) an die Menschen, die da Monate oder Jahre investiert haben, um mir ihre Vorstellung eines guten Games präsentieren zu können. Das Spiel zieht mich nicht sofort in seinen Bann, na und? Dann lädt man eben das nächste und das nächste und das nächste, Glasfaser-Flatrate und Game Pass Abo machen es möglich und irgendwann wird schon eines dabei sein, auf das man dann vielleicht mehr Bock hat. Aber kann es das wirklich sein? Sind Games inzwischen nur noch eine Massenware, bei denen der Wert des Spiels und die Zeit und die Mühe bei dessen Entwicklung einfach nicht mehr erkannt werden?

Dabei stellt sich mir dann aber auch die Gegenfrage, wie viel Zeit und Mühe Entwickler tatsächlich noch in neue Spiele investieren? Sind nicht selbst vermeintliche Triple A Titel wie Halo, Forza Horizon oder jetzt ein Assassins Creed nur noch ein Sicherheitsaufguss eines bereits erfolgreichen Franchises? Ich liebe Rennspiele, aber ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Forza Motorsport oder Horizon durchgespielt habe? Es ist das immer gleiche Spiel mit marginalen Änderungen, das jedoch ohne Abo zum Vollpreis verkauft wird, obwohl es eigentlich nur ein Update des vorangegangenen Titels ist. Ich habe all diese Titel im Game Pass heruntergeladen, alle gammeln unvollendet auf der Festplatte herum und blockieren wertvollen Speicherplatz, den man eigentlich für das nächste unvollendete Spiel freihalten wollte.

Was also ist denn nun der Game Pass? Auf der einen Seite bietet dieses Abo die kostengünstige Möglichkeit zum Zocken, bis der Arzt kommt. Hunderte Spiele, die regelmäßig aktualisiert werden, stehen 24/7 zum Download bereit. Vom coolen Indi-Titel bis hin zum gehypten Starfield reicht die Palette an Games, die dem zahlenden Zocker hier zur Verfügung steht. Auf der anderen Seite ist es gerade dieses Überangebot an Software, die die Auswahl eines Spiels zur Qual macht. Egal welches Genre ich suche, mir stehen zahlreiche Titel mit ähnlichem Spielablauf zur Verfügung. Wie also soll ich mich für das richtige entscheiden, wenn ich nicht wenigstens ein paar davon ausprobiere? Und woher soll ich dann wissen, dass der soeben von der Platte gelöschte Titel in den nächsten 5 Minuten der Hit schlechthin geworden wäre?

Ich habe hier weit über 1000 Titel an physischer Software im Regal zu stehen. Viele dieser Spiele habe ich seit Jahren nicht mehr angefasst. Ich habe also für mich beschlossen, mich wieder vermehrt meiner Sammlung zu widmen, denn wann habe ich das letzte Mal Return Fire auf der PS One angefasst, wann Sega Rally für den Saturn, Wave Race für das N64 oder Lost Vikings auf dem SNES?  All diese Titel sind großartig, auch  wenn deren Grafik nicht mehr den heutigen Ansprüchen genügt. Aber das ist egal, denn unter dem Strich zählt nur der Spielspaß und der ist mir mit dem Game Pass abhanden gekommen.