Xbox One – die Call of Sports Box, die auch spielen kann

Die Katze ist aus dem Sack. Microsoft präsentiert seine nächste … nächste … ja, was eigentlich? Konsole? Entertainment Box? Internet PC Dingsda? Mit Sicherheit irgendetwas dazwischen, quasi die eierlegende Wollmilchsau. Wenn es nach Microsoft geht, gehört die Xbox One ab Ende des Jahres in jedes Wohnzimmer, weil sie ein Multitalent ist. Endlich nicht mehr für jedes Angebot ein eigenes Gerät, denn die Xbox One kann alles. Außer vielleicht Bier aus dem Kühlschrank holen.

Im Gegensatz zu Sony, die zwar keine Spielkonsole vorstellten, aber zumindest eine solche angekündigt haben, will Microsoft die Eine-für-alles-Box anbieten. Filme, Fernsehen und Spiele zentral über eine Konsole. Man hat fleißig Daten gesammelt und festgestellt, dass die Multimedia-Zeiten auf der Xbox 360 die der Videospielzeiten übertreffen, Schuld sind Smartphones und Tablets, auf denen inzwischen mehr gezockt wird, als an klassischen Konsolen. Was also liegt da näher, auch gleich mal ins Fernsehgeschäft einzusteigen und Google- bzw. Apple-TV den Kampf anzusagen? Und dazu muss man nicht einmal mehr vom Sofa aufstehen oder sich mühsam zur Fernbedienung herüber beugen. Kinect macht zukünftig alles möglich.

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Gestensteuerung war gestern, heute wird gesprochen oder nur mit der Wimper gezuckt. Kinect soll schon erkennen, sobald sich jemand im Wohnzimmer bewegt oder anhand des Pulsschlages feststellen, ob derjenige noch lebt, wenn er sich nicht bewegt. Man muss Oma ab Jahresende nicht mehr besuchen, man stellt ihr einfach die Xbox One ins Senierenwohnheim. 24 Stunden rund um die Uhr Lebendkontrolle, statt zeitraubender Wochenendbesuche. Hurra, George Orwell hatte recht. 1984 kommt zwar erst 2013, aber es kommt, Big Brother Kinect is watching you. Mal sehen, wann der Datenschutz in Deutschland wach wird?

Die angekündigten Funktionen und Möglichkeiten sind schon jetzt unüberschaubar. Letzten Endes geht es mir persönlich jedoch um eine neue Spielkonsole. Und angeblich soll die neue Xbox One auch das noch beherrschen. So durfte EA als Partner auf der Veranstaltung sein neues Sports-Line-Up bewerben. US-Sport, wohin das Auge blickt, der Nichtamerikaner bekommt wieder bekannte Sachen auf neuer Konsole. Einen Schritt weiter ging man allerdings bei Activision. Denn statt nur ein neues Call of Duty vorzustellen, stellte man ein neues Call of Duty MIT HUND vor! Sensationell! Und so großartig animiert, dass man sogar den Zahnstein des Köters entdecken kann. Lassen wir uns also auf der E3 und ähnlichen Werbeveranstaltungen überraschen, ob da noch was kommt?

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Viel spannender waren die Fragen nach der Abwärtskompatibilität, dem Wiederverkauf gebrauchter Titel und die Nutzung von auf der Xbox 360 erworbenen Inhalten. Die Fragen wurde beantwortet, aber nicht so, wie man sie sich als Gamer erhofft hatte. Denn aufgrund der neuen Architektur läuft natürlich kein 360-Spiel auf der One. Außerdem sind zukünftig alle One-Spiele mit einem Account verknüpft und können somit von anderen Spielern nicht mehr genutzt werden. Microsoft hat den soeben von EA eingestampften Online-Pass noch einmal pervertiert. Dafür darf ich aber zukünftig – Cloud sei Dank – meine Spiele auf jeder Xbox auf diesem Planeten zocken, wenn ich denn dort mit meinem Account angemeldet bin. Das ist doch toll! Zocken ja – zumindest für die Lebensdauer der Xbox One – aber Weiterverkauf gebrauchter Spiele nein. Nur mal so angemerkt: Ihr könnt damit dann auch keine Spiele mehr an eure Freunde ausleihen, es sei denn, ihr gebt gleich eure Accountdaten mit! Ich denke, damit werden sich über kurz oder lang die Gerichte befassen. Auch wenn es offiziell zumindest nicht laut gesagt wurde, hat Microsoft mit dieser Maßnahme jedoch den Kopierschutz für Videospiele annähernd perfektioniert.

In die Röhre schauen auch demnächst der Puppenspieler im Saarland und alle anderen Nutzer der Xbox 360, die ihre wertvollen MS-Points in so sinnlose Sachen wie Arcade-Games oder Zusatzinhalte zum Herunterladen investiert haben. Diese sind nämlich zu einem großen Teil auf der neuen Xbox One nicht mehr nutzbar. Auch hier stellt sich die Frage, inwieweit virtuelle Inhalte, die durch den Nutzer käuflich per Download erworben wurden, auch auf einem Nachfolgegerät durch den Hersteller zur Verfügung gestellt werden müssen? Und wenn dies nicht möglich ist: Wie lange müssen Server im Hintergrund aktiv bleiben, um die alten Inhalte auf der Xbox 360 weiter nutzen zu können? Im Gegensatz zu einem Filmdownload, der innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums angesehen werden muss, unterliegen Spiele und Zusatzinhalte noch keiner zeitlichen Beschränkung. Ist es mir also möglich, auch nach Jahren noch – zum Beispiel nach einem Festplatten-Crash – wieder komplett an sämtlichen zur Xbox 360 gekauften Content zu gelangen?

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Was bedeutet das alles für den klassischen Gamer? Foren und Blogs sind momentan voll mit Kommentaren von Spielern, die sich auf eine neue Konsole aus dem Hause Microsoft gefreut haben und sich nun über die multimedialen Fähigkeiten der One auslassen. Ich hatte auch auf etwas Neues gehofft, aber nicht das präsentiert bekommen, was ich erwartet hatte. Ich wollte eine Spielkonsole und bekomme etwas viel zu Großes. Ich weiß im Moment ehrlich nicht, was ich mit den vielen Fähigkeiten der Xbox One anfangen soll und ob ich diese jemals nutzen werde? Sony bedient mit der PS4 den Spieler. Microsoft bedient jeden. Und gespielt werden darf nebenbei auch noch. Es heißt ohnehin, sich bis Jahresende in Geduld zu üben und abzuwarten, was dann tatsächlich im Handel steht. Bis dahin werden Sony und Microsoft noch so manche Überraschung parat haben.

Und bis es soweit ist, möchte ich an dieser Stelle auf einen alten Beitrag von Anfang 2006 hinweisen, der die Entwicklung bereits damals, also vor über sieben Jahren schon vorhergesehen hat: Die Zukunft der Videospiele >>>

edit 24.05.2013:

Amazon listet seit heute die Xbox One und die angekündigten Spiele. Auch wenn die Preise von 599,-€ für die Konsole und 99,99 € für die Spiele natürlich Platzhalter sind, so stellt sich dann doch die Frage nach den tatsächlichen, realistischen Preisen. Es wäre müßig, schon jetzt über Summen zu philosophieren, fest steht jedoch für mich, dass ich definitiv wie seit 1978 nicht mehr als maximal 129,-DM, also heute ca. 60,-€ für ein Spiel bezahlen werde. Sollte man bei Microsoft auf die Idee kommen, zur Einführung der One auch gleich die Preise anzuziehen, kann der Schuss nach hinten losgehen. Sony hat es mit seiner Preispolitik von über 70,-€ für ein PS3 Spiel erlebt. Kein durchschnittlicher Spieler zahlt so viel Geld für ein Spiel, dessen Verfallsrate bei knapp 6 Wochen liegt.