Die Website hat ein neues Design, daher müssen auch Kategorien für die Beiträge neu sortiert werden. Und so kam es, dass ich dabei auf einen meiner Beiträge vom Juli 2012 stieß – „Ach, schon wieder der Nürburgring – oder: Das Ende der Rennspiele“. In diesem 11 Jahre alten Beitrag äußerte ich mich kritisch zum Thema Rennspiele, deren Entwicklung ganz augenscheinlich schon zum damaligen Zeitpunkt ins Stocken geraten war. Nun sitze ich vor meinem PC und überlege, was sich eigentlich seitdem geändert hat und ich komme zu dem Schluss: Ziemlich wenig.
Gran Turismo 7 hatte die coole Chance, sich wieder an seinem überragenden ersten Teil zu orientieren. Was man bei Sony und Polyphony Digital daraus gemacht hat, ist hinlänglich bekannt. Der Titel war zum Release nur halbherzig fertiggestellt, Cups konnten ohne entsprechende Prüfungen gefahren werden und die Kampagne war nach einigen Meisterschaften am Ende, obwohl noch zahlreiche Rennen nicht absolviert waren.
Stattdessen setzte man mit einem Update die Schwierigkeit herauf, möglichst viele Autos durch den Gewinn von weiteren Cups kaufen zu können. Gewonnene Credits wurden zusammengestrichen und man hoffte, dass die Spieler nun möglichst viel reales Geld in Microtransaktionen würden investieren. Wie das ausgegangen ist, ist auch bekannt. Der Shitstorm war so gewaltig, dass Sony bis weit hinter den Horizont zurückrudern musste. Nun verteilt man alle Nase lang Autos per Update, gut für den Spieler, aber dennoch langweilig. Denn was soll ich unter dem Strich mit gefühlt 6.391 digitalen Autos, die ich auf den immer gleichen Strecken bewege? Aber schön, dass ich einen Fotomodus habe, bei denen sich Bilder nicht mehr von der Realität unterscheiden lassen.
Die einzig wirklich coole Entwicklung war tatsächlich, Rennen mit der PSVR2 fahren zu können. Noch nie hatte man in seinem virtuellen Boliden eine solche Übersicht. Da Kurven und Bremspunkte nun viel genauer angesteuert werden konnten, fuhr ich mit der VR2 zahlreiche Bestzeiten, die mir auf dem zweidimensionalen Bildschirm so vermutlich nicht gelungen wären. Aber dieses ewige Gefummel, bis die Brille saß und bis man sich endlich durch die immer noch zweidimensionalen Menüs gehangelt hatte, waren mir auf Dauer zu viel. Die Brille liegt seitdem im Schrank.
Ähnliches gilt für Forza, sei es Motorsport oder Horizon. Auch wenn man sich mit Updates und neuen Cups bemüht, den Spieler bei Laune zu halten, so gelingt das eben inzwischen nur noch mittelmäßig. Ich habe alle Forza-Teile mal mit Hingabe und bis zum Ende und noch mehr gespielt, das aktuelle Forza 8 habe ich wegen nicht vorhandener Abwechslung nach ca. 15 Stunden Spielzeit beendet. Gibt es denn nichts anderes, als die immer gleiche Kampagne zu spielen, um noch mehr Autos zu gewinnen und neue Cups freizuschalten? Und hat man Horizon Teil 1 gespielt, kennt man auch alles, was danach gekommen ist. Ach ja, in Australien gab es Linksverkehr.
Nicht zu vergessen Nintendo. Mario Kart. Ist auch noch da. Und zwar seit Mario Kart 8 auf der Wii U, nur dass es auf der Switch den Zusatz Deluxe bekam. Und das überrascht eigentlich bis heute, denn der Titel wurde bereits im April 2017 veröffentlicht und ein neues Mario Kart ist nicht in Sicht. Aber da man bei Nintendo das Recycling zur Kunstform erhoben hat, veröffentlichte man statt eines neuen Spiels eben Streckenpakete mit bereits aus anderen Mario Kart Titeln bekannten Strecken. Neue Kurse waren vorhanden, aber dabei an einer Hand abzuzählen. Und dennoch, Nintendo steckt voller Überraschungen und so hoffe ich ganz einfach mal, dass ein kommendes Mario Kart voller innovativer neuer Ideen steckt.
Aber es gibt Hoffnung, denn neben den Platzhirschen haben sich tatsächlich ein paar Games etabliert, die ihren ganz eigenen Stil haben und eben nicht mit der ewig gleichen Kampagne und den immer gleichen Nürburgringen langweilen. Auch wenn der Titel bereits einige Jahre auf dem Buckel hat, so hole ich Wreckfest noch immer für ein paar Rennen aus dem Regal. Angelehnt an den Urvater der Crashorgien – Destruction Derby – verbiegt sich nirgendwo das Blech schöner, qualmen Motoren mehr und liegen mehr Wracks auf der Strecke, als bei diesem Spiel. Und man kann sich bis zur letzten Kurve nicht sicher sein, dass man nicht doch noch kurz vor der Ziellinie von der Piste gerammt wird. Aber solange sich das Auto noch bewegt, besteht Hoffnung.
Ein weiterer Titel, der zwar auch den Ansatz verfolgt, so schnell wie möglich von A nach B zu kommen, ist art of rally. Aber im Gegensatz zu WRC und um Realismus bemühten Konsorten ist es hier die schlichte Grafik, die Kameraperspektive und der bockschwere Schwierigkeitsgrad, die den Unterschied machen. Die fiktiven Autos sind realen Vorbildern angepasst und die minimalistische Grafik im Comic-Stil lässt sich den Spieler auf die Strecke konzentrieren. Der Titel erschien bereits im August 2021 im Game Pass, ist aber mit seinen 8,99€ jeden Cent wert – wenn man eine hohe Frustrationstoleranz hat.
Bis heute einer der von mir meistgespielten Titel ist tatsächlich Lonely Mountains: Downhill. Statt einen wie auch immer gearteten Boliden zu bewegen, schwingt man sich hier in den Sattel eines Mountainbikes und versucht so schnell als möglich von oben nach unten zu kommen. Die simple Steuerung, die Polygon-Grafik und der kaum vorhandene Sound erschaffen dabei eine ganz eigene Energie. Denn je besser man den Kurs kennt, desto mehr Abkürzungen entdeckt man, auch wenn diese teilweise aus bockschweren Sprungkombinationen bestehen. Lonely Mountains: Downhill ist dabei der typische Vertreter des Einer-geht-noch Genres, weil man eben immer noch einen Versuch startet. Und welches Game schafft das heute noch?
Und während des Schreibens dieser Zeilen lädt auf meiner Xbox gerade der Arcade-Racer Crashy Laps. Allein die Bilder und das Video haben mich emotional wieder in die 8- und 16-Bit Ära versetzt, als es noch keine 21 verschiedenen Kamera-Perspektiven und Realismus um jeden Preis gab. Die isometrische 3D-Grafik erinnert dabei an alte Titel wie Enduro Racer oder Buggy Run vom Sega Master System.
Und dennoch – und damit komme ich zurück zum Anfang – haben sich Rennspiele in den letzten Jahren kaum weiterentwickelt. Forza und Gran Turismo sind Updates, die seit Jahren unverändert daherkommen. Und nein, Ray-Tracing ist zwar grafisch schick, ändert aber nichts am immer gleichen Spielprinzip. Mario Kart ist seit 2017 sogar unverändert. Aber genau deswegen sollte man als Fan von Racern aller Art auch mal abseits des Mainstreams schauen, denn gerade bei den Indie-Games versteckt sich inzwischen die eine oder andere Perle. Und die letzten Messen haben gezeigt, dass gerade dieser Bereich einen echten Hype erlebt, eben weil die Entwickler unabhängig von großen Studios und Vorgaben das programmieren, was ihnen Spaß macht. Hier gibt es für kleines Geld noch viel Spielspaß.
Hier der Link zum Beitrag vom 12.07.2012, auf den sich der aktuelle Beitrag nun bezieht:
„Ach, schon wieder der Nürburgring – oder: Das Ende der Rennspiele“