Im Bereich der Kopfhörer gibt es unzählige Anbieter und schaut man sich um, landet man immer wieder bei den üblichen Verdächtigen. Dabei gibt es einen Hersteller, der seit nunmehr 50 Jahren ebenfalls mit Headsets am Markt vertreten ist, der aber trotz einwandfreier Qualität zu wenig Beachtung findet – Audio-Technica. Bereits 1974 startete man mit der AT-700 Serie, seitdem entwickelte man dort Kopfhörer um Kopfhörer, bis man nun im Jahr 2024 mit dem ATH-ADX7000 das Jubiläumsjahr abrundet. Hier soll es aber nicht um den ADX7000 gehen, denn auch unterhalb dieser Preisklasse ist der japanische Hersteller mit einem besonderen Modell vertreten. Ich habe hier die Limited Edition Audio-Technica ATH-M50xBT2LAB zu liegen und schaue mir jetzt an, was dieses Headset außer einer coolen Farbgebung noch zu bieten hat?
Audio-Technica? Da war doch was? Richtig, denn wer bei dem Namen nun doch ins Grübeln kommt, wird früher oder später darauf stoßen, dass das Unternehmen zu einem der weltweit größten Hersteller für Plattenspieler und vor allem Tonabnehmer gehört. So viele Hersteller von Vinyl-Drehern setzen daher in der Ausstattung bei Auslieferung ihrer Plattenspieler auf die Expertise aus Japan. Ich selbst habe meinen Yamaha Vinyl 500 nach Auslieferung mit der Einstiegsnadel AT-VM95E gleich einmal mit der VM520EB aufgerüstet und so den Klang meiner Platten noch einmal um ein Vielfaches verbessert.
Design ist (fast) alles – oder doch nicht?
Und noch etwas zeichnet Audio-Technica seit je her aus – Es gibt wohl kaum einen Hersteller im HiFi-Bereich, der so kryptische Typenbezeichnungen für all seine Artikel verwendet, wie die Japaner. Aber egal wie mein Testgerät nun wirklich heißt, hier geht es vornehmlich erst einmal um die Optik. Seit 2012 können sich Fans der Marke jährlich an neuen Entwürfen für ein Kopfhörer-Design beteiligen. So wurden für den Audio-Technica ATH-M50xBT2LAB über 14.500 Beiträge eingereicht, von denen eine Jury letzten Endes die diesjährige Special Edition auswählte. Man entschied sich für das vorliegende Modell, eingereicht von Sergio Gamarra, einem DJ aus Bolivien.
Auch das diesjährige Sondermodell basiert auf der Technik des ATH-M50x, dem meistverkauften Kopfhörer des Unternehmens. Und mit diesem Modell beweist Audio-Technica, dass man für einen richtig guten Kopfhörer kein Vermögen ausgeben muss. Denn das klassische Modell startet bei kabelgebundenen 169€ und bei 199€ für die Bluetooth-Ausführung. Damit liegt man noch immer unterhalb des Preises klanglich vergleichbarer Modelle. Es wird also Zeit, die Limited Edition in die Finger zu nehmen.
Ich bin Fan von Komplementärfarben, also Farben, die sich im Farbkreis gegenüberliegen. Und genau das ist bei Orange und Blau der Fall und der Grund, dass meine Website über Jahre hinweg auch kleine Akzente in Orange aufwies. Von daher hat mich diese Farbgebung schon bei der ersten Pressemitteilung und den Bildern von Audio-Technica zum ATH-M50xBT2LAB abgeholt. Dazu kommt ein helles Grau der Ohrmuscheln und ein mehr oder weniger dezenter, silberner Ring auf den Muscheln, der das Logo einrahmt. Optisch macht das Headset also alles richtig.
Verarbeitung und Komfort
Aber Farben sind zweitrangig, wenn die Verarbeitung nicht stimmt. Aber dies ist nicht mein erstes Headset des Unternehmens. Auch wenn das Gaming-Headset ATH-G1 nicht mehr das aktuellste Modell am Markt ist, so nutze ich dieses noch heute zum Zocken. Und auch das ATH-GL3 liegt hier in der Redaktion als immer wieder gern verwendetes Gaming-Zubehör. Dazu kommen zahlreiche Tests von HiFi- und In-Ear Geräten. Ich weiß also, dass man bei Audio-Technica gesteigerten Wert auf eine einwandfreie Verarbeitung und den bestmöglichen Klang legt. Der ATH-M50xBT2LAB tanzt auch hier nicht aus der Reihe.
Jedes Gelenk ist trotz fast vollständiger Fertigung aus Kunststoff beweglich, die schräg montierten Muscheln sind mit 45 Millimetern großen Membran-Treibern ausgestattet, umschlossen von weichen, das Ohr umschließenden Polstern. Die Muscheln lassen sich zum platzsparenden Transport einklappen. Allerdings sollte man bei einem hauptsächlich aus Kunststoff bestehenden Headsets auf das Tragen von Kleidung mit hohem Kragen verzichten. Denn bei Bewegung des Kopfes und Kontakt von Kleidung und Headset entstehen Geräusche, die sich auf den Kopfhörer übertragen.
Der Kopfbügel ist ebenfalls weich gepolstert, umspannt selbst größere Köpfe problemlos und bietet in jeder Situation guten Halt. Die Größenverstellung ist aus Aluminium gefertigt und rastet sauber ein. Mit 307 Gramm liegt der ATH-M50xBT2LAB im Mittelfeld der Gewichtsklassen. Aber auch damit sind stundenlange Hörsessions ohne schmerzenden Kopf und Nacken problemlos möglich. Die neben dem Sound wichtigste Anforderung bei einem Kopfhörer – nämlich der Tragekomfort – erfüllt der Audio-Technica also so gut wie einwandfrei.
Bedienung, Funktionen und Technik
Im Laufe der letzten Jahre hat sich die Bedienung von Bluetooth-Headsets nahezu aneinander angepasst. Egal welches Modell eines egal welchen Herstellers man in die Hand nimmt, in die Ohrmuschel integrierte Knöpfe sind zum Standard geworden. Auch der ATH-M50xBT2LAB ist da keine Ausnahme. Anschalten, Pairing, Lautstärke, Titelsprung sind klassische Funktionen, die über ein paar simple Tasten mit einwandfreiem Druckpunkt erledigt werden. Warum auch sollte man bei Audio-Technica das Rad neu erfinden?
Das Pairing per Bluetooth der Version 5.0 ist kein Hexenwerk mehr und so steht die Verbindung innerhalb weniger Sekunden, die eigene Playlist kann starten. Beim Anschalten des Headsets ertönt eine kurze Melodie, die inzwischen obligatorische Dame im Ohr informiert über die Verbindung und den Batterie-Level und schon kann es losgehen. Meine Playlist der 80er startet mit Talk Talk und dem Song Such a Shame. Und schon ohne den Einsatz der App und der Personalisierung des Klangs nimmt mich ein Kopfhörer von Audio-Technica wieder einmal bereits bei den ersten Tönen mit.
Apps für Kopfhörer sind für mich immer wieder eine Wundertüte. Das beginnt beim Funktionsumfang und endet – neudeutsch – bei der Usability. Beispiele, wie man es nicht macht, finden sich an jeder Ecke meines Smartphones zu längst vergangenen Tests so vieler Headsets. Aber offenbar hat man bei Audio-Technica jemanden an die Arbeit gelassen, für den die Programmierung einer App nicht nur eine lästige Nebentätigkeit war, sondern der sich wirklich Gedanken darum gemacht hat, wie eine gute App heute aussehen muss.
Nicht nur, dass die App automatisch den dazugehörigen Kopfhörer auf Anhieb findet – was auch keine Selbstverständlichkeit ist – sie hat auch einen Funktionsumfang, der nicht bei Titelsprung und Lautstärke endet und vielleicht noch den Akku-Level anzeigt. Viele Hersteller möchten offenbar nicht, dass der Nutzer den voreingestellten Klang anpasst. Bei Audio-Technica hingegen findet man einen kleinen 5-Band Equalizer, der einige Voreinstellungen bietet, aber auch Platz für eigene Presets für die persönlichen Vorlieben lässt. Ich mag die Grundeinstellungen, aber manch anderer hätte lieber mehr Tiefton? Kein Problem, den entsprechenden Regler auf die gewünschte Position geschoben und schon klingt der ATH-M50xBT2LAB so, wie man sich das wünscht.
Dazu kommen zahlreiche weitere Funktionen wie die Auswahl von Audio-Codecs, die Verschiebung der Mitte oder der Level, in welcher die Sprünge beim Verändern der Lautstärke vorgenommen werden. Interessant ist der Button für den Auto-Low-Latency-Mode, der gerade Gamern gefallen wird. Denn hier wird alle Bearbeitung des Klangs im Hintergrund abgeschaltet und dieser direkt an das Headset geleitet, so dass es zwischen gespieltem Bild und Ton zu keinem Versatz kommt. Ich persönlich bin kein Fan des unsäglichen ANC-Modus, da hier der Klang zu oft verfälscht wird. Audio-Technica verzichtet beim ATH-M50xBT2LAB zum Glück ganz auf diesen Modus.
Home-Office verschwindet leider genau so schnell, wie die Pandemie in Vergessenheit gerät. Und dennoch bietet das Headset Multipairing, also die Verbindung mit zwei Bluetooth-Geräten gleichzeitig. Während man also über das private Laptop Musik hört, kann man mit dem Diensthandy zeitgleich Telefonate führen. Und diese Gespräche erfolgen Dank verbesserter Mikrofone in wirklich guter Qualität.
Damit man auch mehr als nur einen Arbeitstag überstehen kann und dann vielleicht auch noch die Freizeit mit dem ATH-M50xBT2LAB genießen möchte, bringt es das Headset auf eine Akkulaufleistung von satten 50 Stunden ununterbrochener Nutzung. Sollte der Akku dennoch einmal zur Neige gehen, reichen bereits 10 Minuten Ladezeit über die USB-C Schnelladefunktion für weitere 5 Stunden Gebrauch. Eine vollständige Ladung benötigt allerdings fast 3,5 Stunden, was aber auch kein Problem darstellt, weil die wenigsten Menschen mit einem Headset auf den Ohren ihre Nachtruhe verbringen.
Musik, Musik, Musik
So viel Technik und was ist nun mit Klang? Was soll ich sagen? Der Sound des ATH-M50xBT2LAB ist ein Muster an Ausgewogenheit. Auch Audio-Technica hat verstanden, dass guter Tiefton eben noch keinen guten Kopfhörer macht und so ist diese Ausgeglichenheit in allen Bereichen das, was dieses Headset bereits in der Grundeinstellung auszeichnet. Wie jeder gute Journalist hat man einige Songs, die zum Test eines jeden Kopfhörers gespielt werden. Diese kennt man in- und auswendig und kann daher auch die Qualität des Testobjektes einschätzen.
Bei mir sind es einige Songs der 80er, wie oben erwähnt Talk Talk oder OMD, einige ausgewählte Rock- und Metal-Stücke und immer wieder The Police. Anhand dieser Stücke kann ich recht genau erkennen, ob das Headset meinem persönlichen Geschmack entspricht. Und genau das tut der ATH-M50xBT2LAB. Auch wenn man sich anhand des Equalizers den Ton entsprechend seiner Vorlieben anpassen kann, ist das Headset auch ohne diesen ein wirklicher Genuss – natürlich immer orientiert am Einsatzzweck. Dass ein Bluetooth-Headset nicht in einem Vergleich gegen ein High-End-HiFi-Gerät im vierstelligen Bereich antreten kann, steht wohl außer Frage.
Aber da, wo der Audio-Technica zum Einsatz kommen soll, nämlich seine Musik unterwegs und auch mal in Ruhe auf dem Sofa zu genießen, liefert er. Der Ton ist vornehmlich in den Mitten vorbildlich für diese Preisklasse. Gerade der Verzicht auf manchmal schon nervige Höhen und der Übertreibung im Tieftonbereich, macht ein rundum gelungenes Klangbild möglich. Das heißt nicht, dass die Höhen nicht zur Geltung kommen, aber eben in einem solchen Maß, als dass diese nicht anstrengend werden. Und auch der Bassbereich bekommt seinen Platz und Spielraum. Immer vorhanden, immer präsent und dennoch nicht dominant. Genau so liebe ich Kopfhörer und gute Lautsprecher. Das ganze Headset ist klar, straff und stimmig – und mehr Lob kann man wohl kaum aussprechen.
Fazit:
Der Audio-Technica ATH-M50xBT2LAB ist mehr als nur eine simple Limited Edition. Das Design unterstreicht nur die besonderen Qualitäten dieses kleinen Headsets und macht ihn somit neben seinen klanglichen Qualitäten auch optisch zu etwas Besonderem – weg vom Einheitsbrei der schwarzen Headsets. Ja, man kann über Farben streiten, aber wem die Mischung aus Orange, Blau und Grau nicht gefällt, wartet eben auf das nächste Jahr. Vielleicht gibt es dann ja eine Edition in Pink, Rosa und Gelb?
In erster Linie muss die primäre Fähigkeit eines Kopfhörers dessen Klang sein und hier liegt der ATH-M50xBT2LAB ganz weit vorn bei den mobilen Geräten mit Bluetooth. Dass das Headset dabei nicht über ANC und Spritzwasserschutz verfügt, ist geschenkt. Der Sound ist einwandfrei abgestimmt, Audio-Technica hat hier das für diese Qualität vermutlich bestmögliche Maß gefunden. Wem der Klang in den Grundeinstellungen noch nicht wirklich zusagt, versucht sich eben am Equalizer. Und wer meint, dass der ATH-M50xBT2LAB ein Studio-Kopfhörer wäre, möge den mal zum simplen Genießen von Musik aufsetzen, ohne sofort in die Analyse zu gehen. Für diesen Preis habe ich ganz selten etwas Vergleichbares auf den Ohren gehabt.
Link zum Hersteller: Audio-Technica ATH-M50xBT2LAB