Im Test: KEF Mu7 – je lauter, desto besser

Der Name KEF hat in audiophilen Kreisen einen Klang wie Donnerhall. Das 1961 als Kent Engineering & Foundry – KEF – gegründete Unternehmen zählt weltweit zu den Top-Marken im HiFi-Bereich. Ich durfte mich davon bei einem Event im Berliner Spreespeicher im Frühjahr letzten Jahres selbst überzeugen. Die Vorführungen der KEF Blade und die Vorstellung der LS60 Wireless haben mich wirklich beeindruckt. Da ich die LS60 erst demnächst für einen ausgiebigen Test erhalte, darf ich mich bis dahin aber mit dem neuen KEF Mu7 Kopfhörer vergnügen.

Meine Erwartungshaltung an diesen Kopfhörer ist also allein aufgrund des Namens KEF schon immens. Wer solche HiFi-Lautsprecher konzipiert und in der eigenen Produktionsstätte in Handarbeit selbst zusammensetzt, der muss auch bei Kopfhörern die eigene Messlatte hoch anlegen. Damit man sich schon allein beim Design von allen anderen unterscheidet und von der breiten Masse abhebt, überlässt man die optische Gestaltung einem Mann, der mit internationalen Auszeichnungen für seine Design-Arbeiten überhäuft wurde und dessen Arbeiten unter anderem im MoMA und im Guggenheim Museum ausgestellt wurden – Ross Lovegrove. Bekanntheit erlangte der Designer durch seine Arbeit am Sony Walkman und auch bei KEF hatte er schon seine Finger im Spiel.

Da sind zum einen die futuristischen HiFi-Lautsprecher MUON, die nicht nur mit ihrem extravaganten Design auf den ersten Blick eher wenig wie echte High-End-Speaker wirken und obendrein bei einem Preis von 200.000€ ohnehin auf nur 100 Paare limitiert sind und zum anderen die kleinen In-Ear-Kopfhörer Mu3, die nicht nur richtig gut klingen, sondern auch ihre ganz eigene Eleganz ausstrahlen. Nun also hat Ross Lovegrove auch beim neuen KEF Mu7 seine Ideen einfließen lassen. Damit ist auch der Kreis der zukünftigen Käufer recht klar definiert. Wer KEF kauft, will etwas Besonderes besitzen und dieses auch zeigen.

Design ist nicht alles – oder doch?

Nach dem Öffnen des stabilen Kartons habe ich ein Deja Vù, ich meine die Form der Tasche vor nicht allzu langer Zeit so schon einmal gesehen zu haben? Das Gefühl verstärkt sich, als ich das stabile graue Case auseinanderklappe. Klar, da fällt zuerst der Kopfhörer auf, aber die Tasche mit dem magnetischen Verschluss habe ich definitiv vor kurzem schon einmal gesehen. Und dann fällt es mir wieder ein: Das Case des KEF Mu7 gleicht in der Aufmachung dem des Bowers & Wilkins Px7 S2 wie ein Zwilling. Und das ist durchaus positiv zu vermerken. Statt eines Netzes oder ähnlich halbherziger Lösungen fliegen hier das USB- und Klinkenkabel, sowie der Flugzeug-Adapter nicht lose durch die Tasche, alles ist ordentlich verstaut.

Das eigentliche Objekt der Begierde ist aber der Kopfhörer selbst. Verfügbar ist der KEF Mu7 in den Farben Silver Grey und Charcoal Grey, mich erwartet hier die helle Version. Und die wirkt mit ihren in Silber glänzenden, leicht geschwungenen Oberschalen auf den ersten Blick fast schon zu auffällig. Auch gibt es nicht den üblichen Herstelleraufdruck auf den Muscheln, dieser befindet sich diskret am matt glänzenden Kopfbügel. Und so bin ich vom Design hin- und hergerissen, einerseits übt man sich in Understatement und britischer Zurückhaltung, andererseits springt den Betrachter diese fast schon brutal zu nennende Farbgebung an. Wer sich die helle Version des KEF Mu7 zulegt, dem sollte also die Aufmerksamkeit der Umwelt zuteilwerden. Kennt man die kleinen In-Ear Kopfhörer KEF Mu3, wird man die fließende Formgebung von Ross Lovegrove auch bei den Mu7 sofort wiedererkennen.

Komfort, Bedienung und verbaute Technik

Von einem KEF Kopfhörer erwartet man Komfort, der dem Namen und vor allem der Preisklasse für mobile Geräte dieser Art auch gerecht wird. Und der Mu7 enttäuscht hier nicht. Die großen Ohrmuscheln des Over-Ear-Headsets üben aufgrund des weichen Memory-Schaums einen angenehmen Druck auf den Kopf aus. Der Kopfhörer passt mir auf Anhieb wie angegossen. Die Größenverstellung ist extrem stabil und rastet sauber ein, somit sollte der Mu7 problemlos auch auf größere Köpfe passen. Einzig das gepolsterte Kopfband erschien mir zu Anfang zu schmal, ein Eindruck der auch nach längerem Tragen so Bestand hat. Und dennoch verursacht der Kopfbügel zumindest bei mir nur wenig Druck. Auch längere Tragesessions waren mir problemlos und schmerzfrei möglich. Die gesamte Konstruktion wird von einem perfekt gefrästen Aluminium-Rahmen getragen, nirgendwo gibt es auch nur das kleinste Geräusch beim Bewegen der Ohrmuscheln. Da klappert oder knirscht nichts.

Die Bedienung ist eine Mischung aus Tasten und Touchfeld. Über Tasten wird das Headset eingeschaltet, die Bluetooth-Verbindung hergestellt und das ANC zugeschaltet. Alle anderen Funktionen werden über Berührungen ausgeführt. KEF nennt diese Art der Bedienung intuitiv, ich persönlich habe regelmäßig meine Probleme damit. So kann ich kein Laptop über ein Touch-Display bedienen. Ohne Maus ist ein solches Gerät für mich absolut witzlos. Ähnliches galt bisher für viele Kopfhörer, die auf diese Technik setzten. Aber der Mu7 reagiert tatsächlich sensibel und schnell. Titelsprung oder Veränderung der Lautstärke gehen schnell und sicher von der Hand beziehungsweise dem Finger. Das Touchfeld hat mich überzeugt, auch wenn ich noch immer Fan echter Tasten bin.

Technisch verbaut KEF 40 Millimeter Treiber mit einem Frequenzbereich von 20 – 20.000 Hz, also genau den momentanen Standard bei mobilen Over-Ears. Diese ermöglichen hochauflösenden Klang bis zu 24 Bit/48 kHz über den Qualcomm® aptX™ HD Codec. Erstaunlich ist dabei die immense Lautstärke, die der Mu7 in der Lage ist aufzufahren. Ich höre meinen Metal und Hard Rock gerne laut und Schalldruck ist mir wichtig, von daher entspricht der KEF Mu7 genau meinem Beuteschema. Auch bei hohen Pegeln spielt der Klang einwandfrei mit, zumal erst jetzt der Bass deutlich vernehmbar wird. Bis in mittlere Pegel klingen die Mu7 sehr neutral und ausgewogen.

Was allerdings den Klang immer verändert ist die Hinzuschaltung des ANC. Ich war und werde kein Fan dieser Technik, da sie in den seltensten Fällen so funktioniert, wie man das erwartet und weil sie obendrein den Klang verfälscht. Entweder verursachen die internen Mikrofone, die ja mit einem aufgebauten Gegenschall für die Eliminierung störender Außengeräusche in der Ohrmuschel sorgen sollen, selbst Geräusche oder aber der Kopfhörer schaltet eine Oktave tiefer und wird basslastiger. Dies kommt in den seltensten Fällen dem Klang zugute.

Wie immer habe ich das ANC in der Berliner S-Bahn und dem Fußweg dorthin getestet, um mir einen Eindruck von den Fähigkeiten des ANC im echten Leben zu verschaffen. Die ANC-Taste bietet mit ANC und Smart ANC zwei verschiedene Einstellungen, die sich aber klanglich oder funktional so gut wie nicht voneinander unterscheiden. Auch qualitativ ist beim ANC des Mu7 noch Luft nach oben. Zwar werden grundlegende Störungen wie Gespräche von Mitmenschen oder die Kulisse auf einem S-Bahnhof relativ gut neutralisiert, aber dennoch dringen noch relativ viele Störungen an das Ohr des Hörers. Generell gilt, je tiefer die Außengeräusche, desto besser deren Filterung.

Eine der sinnlosesten Funktionen bei einem mobilen Kopfhörer ist für mich persönlich der Ambient-Sound, bei dem Außengeräusche an das Ohr des Hörers durchgeleitet werden. Entweder ich will Musik hören oder ich muss meine Umgebung wahrnehmen, eines davon geht nur. Wenn ich unbedingt Ansagen auf einem Bahnhof wahrnehmen möchte oder mich auf den Verkehr konzentrieren muss, kann ich den Kopfhörer auch um den Hals legen und komme einen Moment ohne musikalische Beschallung aus. KEF verzichtet zum Glück beim Mu7 komplett auf Ambient Sound.

Klangqualität – mehr Dynamik bei zunehmender Lautstärke

Startet man seine erste Playlist mit dem KEF Mu7, ist man über die Neutralität des Klangs angenehm überrascht. Zu viele Kopfhörer folgen dem aktuellen Zeitgeist und überfrachten den Hörer mit einer Abstimmung, in der die Bässe das offenbar einzig wahre Element sind. Darunter leidet der Klang im Allgemeinen. Ich mag Bässe bei Musik, keine Frage, aber die dürfen nicht dominieren. Der Mu7 ist bei den tiefen Tönen sogar eher zurückhaltend. Erst wenn die Pegel in für manche Menschen schon fast unangenehme Höhen geschraubt werden, wird der gesamte Sound dynamischer und legt zu. Das muss man mögen.

Ein guter Indikator für die Klangqualität ist für den Test des Mu7 der Song Aerials von System Of A Down. Hier nimmt von Anfang an die Lead-Gitarre mit ihrer eingängigen und sich wiederholenden Melodie mit, während im Hintergrund eine Violine aufspielt, bis Bässe und die Stimme von Serj Tankian einsetzen. Den Song zeichnet der stete Wechsel in der Dynamik und der Lautstärke aus, der Mu7 spielt hier schon fast zurückhaltend auf. Die mittleren und höheren Bereiche klingen einwandfrei, der Tieftonbereich ist mir fast schon zu kraftlos. Auch hier bestätigt sich das Thema mit der Lautstärke:
Je mehr Pegel der Hörer verträgt, desto besser klingt der Mu7. Leider lässt sich der Klang auch nicht über einen Equalizer justieren, da KEF auf eine App verzichtet.

Wichtige Kleinigkeiten

Zu oft passiert es, dass man beim Musikhören einen Anruf erhält. KEF verwendet die relativ neue Technik Clear Voice Capture CvC. Ich hatte bereits Kontakt damit und war wirklich von der Qualität von Telefonaten auch in lauten Umgebungen angetan. Der Mu7 reiht sich hier nahtlos ein. Beide Gesprächspartner verstehen sich einwandfrei, die Qualität ist durchweg gut.

Ein wichtiges Kriterium ist die Akku-Laufzeit bei einem mobilen Gerät. KEF selbst gibt das Durchhaltevermögen des Mu7 mit 40 Stunden im Betrieb bei zugeschaltetem Bluetooth und ANC an. Ich habe den Kopfhörer während des Tests tatsächlich nur einmal laden müssen, das ANC war dabei kaum in Gebrauch. Hat man es eilig, lädt der Kopfhörer in nur 15 Minuten für weitere 8 Stunden weitere Nutzung auf.

Ein Thema, über das die Hersteller kaum ein Wort verlieren, welches ich aber als relativ wichtig erachte, ist die Reichweite der Bluetooth-Verbindung. Zu oft hatte ich es bereits, dass ich einen Kopfhörer für einen Test auf den Ohren hatte und die Verbindung bereits beim Gang in die Küche für frischen Kaffee abbrach. Wer denkt dabei daran, sein Handy vom Schreibtisch zu klauben? Der Weg von Büro Richtung Kaffeemaschine beträgt gut 15 Meter, der Mu7 hält hierbei die Verbindung unterbrechungsfrei.

Die klangliche und optische Alternative zum KEF Mu7 ist der Bowers & Wilkins Px7 S2. Dieser bietet einen zusätzlichen Transparenz-Modus, eine wenn auch spartanische App und liegt preislich sogar noch unter dem KEF. Er verfügt allerdings nicht über eine Touch-Steuerung.



Fazit:

Die KEF Mu7 sind ein paar wirklich gute Kopfhörer mit einem in mittleren Pegeln ausgewogenen Klangbild, sehr guter Verarbeitung und einem im Farbton Silver Grey sehr auffälligem Design. Technisch bietet das Headset alles, was dem momentanen Stand der Technik entspricht. Große 40 Millimeter Treiber, lange Akku-Laufzeit und eine hohe Reichweite in der Bluetooth-Verbindung lassen den Mu7 gerne zum täglichen Begleiter werden.

Punktabzug gibt es für das (noch) nicht ausgereifte ANC und einen im Vergleich zu anderen Herstellern vielleicht zu hoch angesetzten Preis. Dennoch ist der KEF Mu7 es Wert, angehört zu werden, vor allem wenn man obendrein noch Wert auf das etwas andere Aussehen legt.



Link zum Hersteller: KEF Mu7

Bilder: KEF