Im Test: LG CineBeam HU715QW 4K Ultrakurzdistanzbeamer – das ganz andere Heimkino-Erlebnis

Es ist schon eine ganze Weile her, als meine Schwester und ich uns mit dem Drachen Spyro und seinem Begleiter Sparx auf die Suche nach den anderen Libellen begeben haben. Das war ein ganz anderes Erlebnis, statt eines einfachen Röhrenfernsehers den Beamer anzuschließen und diese Welt auf der großen Leinwand erkunden zu können. Fast 20 Jahre später hat es ein Beamer nicht mehr ganz so einfach, mich zu beeindrucken. Der LG CineBeam HU715QW Ultrakurzdistanzbeamer hat mich jetzt aber begeistert und sich über die Tage als echte Konkurrenz und Alternative für den Platz auf meinem TV-Tisch bewiesen.

Wer jetzt die Stirn runzelt und sich fragt, was ein Beamer auf dem Fernsehtisch zu suchen hat darf versichert sein, dass er damit keineswegs alleine da steht. Auch ich musste mich erst einmal vom klassischen Bild eines Beamers trennen, welcher am besten mit einer Wandhalterung über dem Sofa und möglichst weit weg von der Leinwand aufgebaut wird – allem dazugehörigen Kabelsalat inklusive. Der Name selbst verrät es aber eigentlich schon. „Ultrakurzdistanz“ ist keineswegs untertrieben. Der Beamer braucht kaum eine Handbreit Distanz zur (Lein-)wand, um ein Bild mit fast zwei Metern Diagonale ausgeben zu können. Mit etwas mehr Raum sind bis zu 120 Zoll kein Problem, vorausgesetzt man verfügt über eine entsprechend große Projektionsfläche. Das Bild wird nämlich nicht frontal über eine Linse an die Wand projiziert. Die Laserstrahlen finden hier ihren Weg über einen gewölbten Spiegel nach oben hinaus aus dem Gerät zur Leinwand. Der Beamer steht also genau da, wo sonst eigentlich nur der Fernseher hingehört.

Das Gerät, das mitdenkt

Der direkte Vergleich zum TV liegt demnach sehr nah, wobei der einzige Unterschied zwischen einem LG Smart-TV und dem HU715QW neben der Optik nur die Art und Weise der Bildwiedergabe ist. Statt einer großen schwarzen Fläche, die gerne mal den ganzen Raum bestimmt, wirkt der Beamer wie der Frontspeaker eines Sound Systems – auch weil die Vorderseite mit Stoff überzogen ist und wirklich einen Lautsprecher beherbergt. Der ganze Raum wirkt viel offener und bekommt ein anderes Gefühl.

Die Benutzeroberfläche „WebOS 6.0“, die „Magic Lightning Remote“ und der intelligente Prozessor mit „ThinQ AI“ Technologie finden sich bei vielen anderen LG Geräten wieder, der CineBeam ist dabei keine Ausnahme. Man hat also kein einfaches Wiedergabegerät an der Hand, wie man es vielleicht aus Schulen oder Jugendclubs gewohnt ist, für die man einen Laptop oder ähnliches benötigt.

Wie die Smart-TVs von LG ist dieser Beamer ein interaktives Heimgerät für den alltäglichen Gebrauch, das dank der „ThinQ AI“ nebenbei auch noch lernt. Wer diese Fähigkeiten ausreizen möchte, kann die gesamte Oberfläche auch noch mehr personalisieren und sich zum Beispiel aktuelle Nachrichten zu bestimmten Themen auf dem Homescreen anzeigen lassen. Hier kann man für jeden Menschen im Haushalt zusätzlich eigene Profile anlegen, die jeweils personalisiert und unabhängig von anderen durch die AI im Laufe Zeit angepasst werden. Damit ist es aber mit der Benutzeroberfläche noch nicht getan. Neben dem Homescreen mit allen Streaming- und Entertainment-Apps kann man im „Home Dashboard“ auf alle angeschlossenen Geräte zugreifen. Die drei HDMI Anschlüsse, wovon einer mit eARC ausgestattet ist, zwei USB Ports und ein optischer Audioausgang sind nur der Anfang. „ThinQ AI“ ermöglicht es dem Nutzer Haushaltsgeräte, die ebenfalls mit dieser Funktion ausgestattet sind, miteinander zu vernetzen und sich so beispielsweise vom Sofa aus anzeigen lassen, wie lange die Waschmaschine noch schleudert.

Nicht nur die UI arbeitet dauerhaft im Hintergrund mit, viel offensichtlicher zeigt sich die Auswirkung bei den eingebauten Bildverbesserungen. Hier bietet der CineBeam für wirklich alles eine passende Voreinstellung. Der Umgebungssensor arbeitet Hand in Hand mit der „Helligkeitsoptimierung II“ und dem adaptiven Kontrast zusammen, um unabhängig von den Lichtbedingungen im Raum ein dauerhaft klares und möglichst unverändertes Bild zu bieten. Solange das Sonnenlicht nicht direkt auf die Leinwand scheint, kommt der Beamer mit seinen 2.500 ANSI Lumen und dem Kontrastverhältnis von 2.000.000:1 sehr gut dagegen an.

Popcorn, Cola und Filme – selbst auf Tapete

War es bis letztes Jahr aufgrund mangelnder Lizenzen im Beamerbereich nicht möglich, Netflix und andere Anbieter direkt über das WebOS zu streamen, so hat sich das nun geändert. Man benötigt keinen gesondertern Zuspieler mehr, um sein Streaming-Abo zu nutzen, auch beim CineBeam HU715QW sind nun die wichtigsten Dienste integriert.

Zum Release der neuen Staffel „Stranger Things“ habe ich mir die Zeit für die letzten Folgen der dritten Staffel genommen, um meine Erinnerungen daran ein wenig aufzufrischen. Beim Kampf von Eleven (oder Elf) und ihren Freunden gegen den wortwörtlich fleischgewordenen Mindflayer, der sich nachts in der dunklen Starcourt Mall abspielt, zeigte der Beamer was diese theoretischen Zahlen in der Praxis wirklich bedeuten. Die dunkle Umgebung wird immer wieder unterbrochen durch blinkende Lampen und Feuerwerkskörper, was es einem teilweise schwer macht, Bewegungen zu verfolgen oder kleine Details wahrnehmen zu können. Selbst im frühen Abendlicht mit offenen Gardinen und der suboptimalen Tapete, die leider für diesen Test als Leinwand herhalten musste, weil die versprochene Lieferung ausblieb, ging kaum ein Detail verloren.

Ein wenig verschwammen die Ränder der Bildfläche an sehr dunklen Stellen. Es ist natürlich einem selbst überlassen ob man das mag, aber ich fand den Effekt sehr interessant. Das Bild wirkte durch die fehlende harte Abgrenzung noch einmal um einiges größer und gab dem Ganzen eine etwas andere Dynamik, als man es sonst am eigenen TV gewohnt ist. Im Vergleich kommt es mir wie der Wechsel von FullHD auf 4K vor. Das Bild wird schärfer, die Farben noch lebhafter und kräftiger, auch wenn man die vollen 120 Zoll ausreizen kann. Stranger Things spielt über die Serie hinweg immer wieder mit  der Abstimmung der Farben in den einzelnen Szenen. So ist das Weiß in der Klinik, in der die „talentierten“ Kinder mit ihren Fähigkeiten umzugehen lernen, immer mit einem kalten Blaustich versehen.

Die dritte Staffel endet mit eher flach wirkenden Farben, um die traurige Stimmung der letzten Momente zu untermalen, während die vierte Staffel nach dem Intro mit lebhaften und warmen Farben wieder mehr Fröhlichkeit aufkommen lässt. Die Unterschiede sind meist nicht groß und man bemerkt sie nicht immer direkt, mit dem CineBeam sind sie mir aber stärker aufgefallen als vorher. Selbst der farbliche Unterschied zwischen den dunkel gehaltenen Szenen, wie die schon erwähnte in der Starcourt Mall und dem „Hellfire Club“ in Staffel vier mit verschiedenen Stimmungen, wird mit dem Beamer sehr deutlich.

Gaming in neuen Dimensionen

Ein weiteres Ass im Ärmel des CineBeam ist der Gaming Modus, der sich automatisch aktiviert, wenn eine Konsole angeschlossen wird. Meine Nintendo Switch wurde sofort als diese erkannt und das normale Menü, über welches man die auf die Bildeinstellungen zugreifen kann, durch das „Game Dashboard“ mit einem Überblick über Videospiel-relevante Einstellungen ersetzt. Man kann das Bild an das Genre des Spiels anpassen, um sein Spielerlebnis zu verbessern. Zum Beispiel setzen RPGs auf Immersion und brauchen kräftigere Farben, während in Shootern die Unterschiede zwischen Hintergrund und Gegnern, statischen Objekten und Bewegungen wichtiger sind. Innerhalb von Sekunden kann man hier im sehr einfach gestalteten Overlay zwischen den Modi wechseln.

Wer noch mehr haben möchte, kann sich ein an den Weiß- und Schwarz-Stabilisatoren ausprobieren. Die Kontrastanpassung in dunklen oder sehr hellen Bereichen des Bildes verschafft dem Spieler vor allem in PvP-Shootern einen großen Vorteil. Darüber hinaus bleibt der CineBeam auf einer Linie mit den Standards, die mittlerweile bei einem Großteil der neueren TV-Geräte angewandt werden. Da ich mich schon Ewigkeiten mit Hardware-Benchmarks vor allem im Gaming-PC Bereich beschäftige, fallen mir Unterschiede bei Wiedergabefrequenz und Latenz dann doch relativ schnell auf. Mit seinen 60Hz und einer angemessen geringen Reaktionszeit ist der Beamer für den „Casual Gamer“ mehr als nur gut genug.

Die Abende zu zweit auf dem Sofa mit MarioKart haben schon lange nicht mehr so viel Spaß gemacht und mich an Zeiten erinnert, als Splitscreen Racing Games meiner – in diesem Falle nostalgiegeprägten – Meinung nach in Need for Speed Underground 2 und Most Wanted ihren Höhepunkt fanden. Hängen bleiben wird aber damals wie heute nicht das, was ich am meisten gespielt habe, sondern eine spezielle Erfahrung wie schon mit Spyro. Little Nightmares ist ein unglaublich immersives und aufreibendes Spiel mit vielen dunklen und noch mehr fast schwarzen Szenen. Das Licht des Feuerzeuges reicht kaum weiter als man den Arm ausstrecken kann. Sich durch dieses Labyrinth von Eindrücken auf einem Bildschirm mit 90 Zoll Diagonale zu finden, ohne dabei auf Bildqualität verzichten zu müssen, werde ich ohne den Beamer wirklich vermissen.

Kein Kino ohne den richtigen Ton

Das Klangerlebnis spielt, wie ich immer wieder erwähne, eine ebenso große Rolle, wie das Bild an sich. Der CineBeam HU715QW ist hierfür einen 2.0-Kanal Hochtöner für den vollen Klangbereich vorne und zur Unterstützung einen 0.2-Kanal Woofer an der Rückseite ausgestattet, die jeweils mit 20 Watt laufen und sich zu einem 2.2 Surround System zusammenfügen. Sie bieten ein wirklich ausgewogenes Klangbild, bei dem Musik und Sprache ohne Stechen oder Dröhnen gut differenziert bleiben, auch wenn es dann doch ein wenig an Bass und Räumlichkeit fehlt. Gegen die TLC Ray-Danz Soundbar mit dem kabellosen Subwoofer, welche bei mir die Audiowiedergabe übernimmt, ist das Ganze natürlich kaum ein Vergleich, es kommt aber doch so einiges an Klangqualität dabei herum.

Weil LG sich mit den intelligenten Anpassungen nicht nur auf das Bild beschränkt, sondern auch der Klang durch die „AI-Ton“ oder den „Spiele Optimierer“ dauerhaft angepasst wird, kommt es nur sehr selten vor, dass die Soundkulisse nicht ausgewogen wirkt oder einzelne Klänge unterzugehen scheinen. Man kann aber auch wie beim Bild auf mehr festgelegte Voreinstellungen zurückgreifen, die jeweils auf bestimmte Ansprüche abgestimmt sind, wie sie Sportübertragungen oder Blockbuster stellen. Ich bin normalerweise kein großer Freund von eingebauten Lautsprechern, das System im CineBeam ist aber definitiv das Anhören wert. Zusätzlich kann man zwei kabellose Lautsprecher mit dem Beamer verbinden, die sich zu einem 4.2 System zusammenfügen und dann Surround Sound bieten.

Für jedes Problem eine Lösung

Ein Laserbeamer erzeugt viel Wärme und braucht eine dementsprechende Kühlung, welche unter Umständen leichte Vibrationen verursacht, die sich dann als leichtes Brummen im ganzen Raum verteilen kann. Der Lüfter ist zwar in sehr leisen Passagen zu vernehmen, aber schon bei Musik oder Film mit Abendlautstärke nicht mehr zu hören. Schon kleine Vibrationen, die Bewegungen des Gehäuses verursachen, sind aufgrund der großen Projektionsfläche sehr schnell als Ruckler wahrzunehmen. Beim HU715QW stellt das aber kein Problem dar, um das man sich Sorgen machen muss. Weder die Lautsprecher, noch die Kühlung geben Vibrationen ans Gehäuse weiter, wodurch kein Wackeln im Bild festzustellen ist.

Während sich der Beamer um fast alles selbst kümmern kann, gibt es trotzdem Dinge, für die man selbst verantwortlich ist. Vorrangig ist eine ordnungsgemäße Einrichtung eines Beamers immer wieder eine Aufgabe, bei der man als Einsteiger ein wenig Zeit investieren muss. Trotz meiner stark veralteten Erfahrung mit Beamern brauchte ich hier aber nur wenig Geduld, um ein ordentliches Bild an der Wand dargestellt zu bekommen. Mit dem motorbetriebenen Fokus ist das Bild schnell und präzise scharf gestellt und größere Trapez-Verzerrungen in der Projektionsfläche lassen sich durch das Warping an vier, neun oder fünfzehn Punkten gut justieren. Auch wenn wir diesen Test aufgrund begrenzter Zeit und wegen ausgebliebener Lieferung einer entsprechenden Leinwand für Kurzdistanzbeamer blöderweise nur an der Wand vornehmen konnten, so ist das Bild selbst hier einwandfrei. Dennoch benötigt es für das allerbeste Bild immer eine Leinwand, alles andere wird den Qualitäten des Beamers in keinem Falle gerecht.

Alle Inputs, die man dem Beamer geben kann, funktionieren ausschließlich über die „Magic Lightning Remote“, da sich kein einziger Knopf am Gehäuse selbst befindet. Man muss also nur ans Gerät selbst, wenn man an den Hardware-Anschlüssen auf der Rückseite etwas ändern muss. Die Fernbedienung ist für mich persönlich optisch nicht wirklich ein Hingucker und so groß, dass sogar ich mit meinen wirklich großen Händen umgreifen muss, um an den Power Button oder in die Einstellungen zu kommen. Es ist natürlich auch wieder Geschmackssache, ob man große oder kleine Fernbedienungen bevorzugt, hier fällt es aber doch auf, da sie mit der ergonomischen Form sehr gut in der Hand liegt und man diese angenehme Position dann verlassen muss, um an die oberen Knöpfe zu gelangen.

Dafür bekommt man eine reaktive Tastenbeleuchtung, die sich bei Bewegung der Fernbedienung einschaltet, und die Möglichkeit, wie mit Fingerzeig einen Cursor über das Bild zu bewegen. Man kann aber auch ganz normal die Pfeiltasten auf der Fernbedienung benutzen, um auf alles zuzugreifen. Da der „OK“ Knopf gleichzeitig wie ein Mausrad funktioniert und man durch Rollen den Cursor einschaltet, ist hier etwas Zeit durchaus notwendig, um sich an diese Funktionalität zu gewöhnen. Aber jeder, der schon einmal an einem PC mit Maus gearbeitet hat, bekommt den Bogen in ganz kurzer Zeit raus.

Fazit:

Ein Beamer war für mich bisher keine Alternative zu einem herkömmlichen Fernseher. Für den einen Filmabend im Jahr im Jugendclub oder bei Präsentationen in der Schule, wenn zahlreiche Personen gleichzeitig einen guten Blick aufs Bild haben wollten, hat er durchaus Sinn gemacht, passte dann aber doch nicht ins heimische Wohnzimmer. Der LG CineBeam HU715QW hat mein Bild aber komplett auf den Kopf gestellt.

Er ist ein eigenständiges, intelligentes Gerät, das selbst in hellen Räumen ein großartiges Bild und eine gute Soundkulisse abliefert. Während ein Fernseher mit schon 55 Zoll das ganze Raumgefühl bestimmen kann, fügt sich der Beamer unabhängig von der Bildgröße hervorragend in das bestehende Ambiente ein. Das Erlebnis mit dem CineBeam wird mir über längere Zeit in Erinnerung bleiben und vielleicht sogar irgendwann dauerhaft den Weg zurück in mein Wohnzimmer finden.

Wirklich ganz großes Kino


Link zum Hersteller: LG CineBeam HU715QW