Es ist Mittwoch der 17. Juli 2024 und ich genieße die Aussicht am Zürichsee. Ich bin auf der Seepromenade so von der Landschaft und dem herrlichen Wetter gefesselt, dass ich bei PIEGA glatt vorbeilaufe. Vielleicht war es aber auch der erste Flug seit Jahren, der mich immer noch fasziniert. Aus einer regelrechten Panik, in ein Flugzeug steigen zu müssen, ist inzwischen eine echte Leidenschaft geworden. Der Landeanflug auf Zürich war wieder ein unfassbares Erlebnis. So kommt es, dass ich das eher unscheinbare Gebäude, in dem PIEGA so großartige Lautsprecher baut, schlicht übersehe und das erst bemerke, als ich fast an einem weiter entfernten Fähranleger stehe. Aber von vorn.
Es heißt, man sieht sich immer zwei Mal im Leben und wieder einmal bewahrheitet sich der Spruch. So kam es also, dass ein alter Kontakt wieder auflebte. Martin Bühler war jahrelang in der Geschäftsleitung der Nubert electronic GmbH tätig und hat nun als Marketing-Manager in den Bereichen Marketing und Vertrieb bei PIEGA SA eine neue Herausforderung gefunden. Es dauerte daher nicht lange, bis die ersten Mails durch das Netz liefen und ich kurz darauf mit dem PIEGA ACE 30 Wireless das erste kleine System des Unternehmens für einen Test auf dem Tisch hatte.
Die darauffolgenden Rückmeldungen durch PIEGA zu diesem Beitrag waren so positiv, weil wir eben solche Speaker vornehmlich im Bereich des Gaming-Sounds testen und uns damit nicht in die Schlange derjenigen einreihen, die sich rein auf die HiFi-Tauglichkeit und Technik konzentrieren. Da das Set obendrein perfekt in unser Beuteschema für unseren ersten Stand auf der High End 2024 passte, wurde das dann im Mai auch auf unserer Gaming Zone einem breiten Publikum als Gaming-Lautsprecher vorgestellt. Diese Aktion gab dann wohl den endgültigen Ausschlag für eine Einladung in die Schweiz und das persönliche Kennenlernen von Manuel und Alexander Greiner, den Geschäftsführern von PIEGA SA. Denn der Gedanke, PIEGA-Lautsprecher auch zum Zocken zu nutzen, war dort vollkommen neu.
Ich muss zugeben, ich war nervös, immerhin geht es hier um PIEGA, deren Lautsprecher mit Auszeichnungen überhäuft sind und die in einer ganz anderen Liga spielen, als jene, die wir bei the sound of gaming üblicherweise bedienen. Martin Bühler nimmt mich herzlich in Empfang und ich stehe mitten im Hörraum, erschlagen von einem Set Lautsprecher, das den gesamten Raum einnimmt und gerade für eine Vorführung am morgigen Tag vorbereitet wird – die Master Line Source MK-II.
Ein Händler möchte die Kunstwerke hören und dann in seinem HiFi-Store aufstellen. Ich habe auf der High End schon einige Systeme gesehen, die aufgrund von Größe, Design oder Masse regelrecht erschlagen, aber das ist es hier nicht. Auch wenn die Wände aus den von Hand produzierten PIEGA-Bändchen zwar mannshoch sind, so wirken diese aber aufgrund des fehlenden Volumens eben nicht wie ein klassischer Klangkörper. Ich bin jetzt schon voller Vorfreude auf eine Hörprobe.
Da bis zum Termin mit Alexander und Manuel noch eine gute Stunde Zeit verbleibt, bekomme ich durch Ex-Profi und Windsurf-Legende Mario Ballabio eine Führung durch das Unternehmen und lerne Stück für Stück, warum PIEGA sich von so vielen anderen HiFi-Unternehmen unterscheidet.
Denn hier ist so vieles noch echte Handarbeit und somit wird jeder Lautsprecher, der das Werk verlässt, fast schon zu einem Unikat. Hier liegen die Klangkörper der Coax-Serie und ich erfahre, dass ein jeder Speaker aus einem Aluminiumblock gezogen und gepresst wird. Diese ohnehin schon Masse an Material wird mit weiteren Elementen aus Alu im Inneren versteift, so dass hier einzig die Treiber, nicht aber das Gehäuse beim Bespielen in Bewegung geraten.
Aber PIEGA unterscheidet sich von allen anderen Herstellern von Soundsystemen durch das sogenannte koaxiale Mittelhochton-Bändchen, auch wenn dieses Bändchen inzwischen eine Folie mit einer Tiefe einer dreistelligen Nachkommazahl ist.
Mario zeigt mir den Beginn der Bändchenproduktion 1986 und ich bin wieder einmal fasziniert über den Einfallsreichtum, den Menschen mit einer Idee aufbringen können. Ein unter einer geriffelten Walze gefaltetes Band aus Aluminium war der Beginn einer Erfolgsgeschichte, die bis heute anhält und deren Ende nicht in Sicht ist. Daher stammt übrigens auch der Firmenname, das italienische piegare heißt übersetzt falten.
Zwischen gestern und heute liegen so viele weitere Ideen und unterschiedliche Produktionsschritte und es ist unglaublich, wie sich PIEGA dabei immer wieder selbst neu erfindet. Man geht mit der Zeit, auch was die Verwendung von Magneten betrifft. Neodym zählt zu den seltenen Erden und ist, wie es der Name vermuten lässt, eben selten. Aber auch hier wird inzwischen mit umweltschonenderen Alternativen experimentiert. Es bleibt also spannend. Die komplette Produktion der Bändchen findet sich unter folgendem Link:
https://piega.ch/insights/unter-spitzenklasse-geht-nichts-die-geschichte-unserer-bandchen-produktion
Nach so vielen Eindrücken ist es an der Zeit, endlich die Master Line Source MK-II zu hören. Wenn ich schon bei PIEGA sitzen darf, will ich auch alles mitnehmen. Mario schnappt sich ein Tablet und Sekunden später stellen sich meine Haare an den Unterarmen auf – was für ein unfassbarer Klang. Aber es ist nicht nur der Klang, mich verblüfft auch diese Räumlichkeit und die Bühne, die das Set vor mir akustisch aufbaut. Dort, ganz leicht nach links versetzt, spielen die Drums, rechts vorne auf der Bühne ist das Anschlagen einer jeden Saite der Gitarre zu hören. Ich habe schon so unfassbar viel Musik auf den unterschiedlichsten Systemen hören dürfen, aber ich kann mich nicht erinnern, dass mich ein Paar Lautsprecher bereits mit den ersten Tönen so mitgenommen hat. Mir wird spätestens jetzt klar, warum die PIEGA-Bändchen einen Ruf wie Donnerhall genießen.
Leider vergeht die Zeit zu schnell, aber ich bin ja nicht nur in der Schweiz, um mir Lautsprecher anzuhören, welche ohne einen größeren Lotto-Gewinn auf ewig außerhalb meiner finanziellen Möglichkeiten bleiben werden. Man hat mich auf ein persönliches Kennenlernen und Beschnuppern eingeladen und ich treffe endlich Manuel und Alexander Greiner. Die beiden Geschäftsführer wirken schon auf sämtlichen Fotos sympathisch und dieser Eindruck bestätigt sich auch in der Realität. Meine innere Anspannung ist verflogen und nach einer kurzen Vorstellung erläutere ich, was wir bei the sound of gaming machen. Denn gerade der Bereich des Gamings war der Grund, sich an einen Tisch zu setzen und Gedanken auszutauschen.
Immer mehr Unternehmen stellen langsam für sich fest, dass sie das Potential des Gamers haben bisher unbeachtet gelassen. Dabei ist Gaming die umsatzstärkste Branche im Bereich der Unterhaltungselektronik und liegt dabei weit vor Musik und Film. Allein in Deutschland sind seit 2021 6.550.000 Videospielkonsolen und eine nicht bekannte Anzahl an Gaming-PC verkauft worden. Und Gaming ist eben nicht nur ein überragendes Bild, sondern auch ein Klang, der die Produktion von Musik technisch weit hinter sich lässt. Gerade Musik, Stimmausgaben und Soundeffekte machen ein Spiel erst immersiv, der Klang lässt den Gamer noch tiefer in die digitale Welt abtauchen.
Ich bin vom Gespräch begeistert, zahlreiche Gedanken und Ideen fliegen über den Tisch und der Austausch untereinander ist großartig. Manuel ist dabei der Emotionale, während Alexander uns immer wieder mit seiner Sachlichkeit einholt. Aber so funktionieren großartige Teams, auch hier werde ich immer wieder von meinen Mitarbeitern eingefangen, wenn ich emotional beginne davonzufliegen. Und apropos Team: Am nächsten Morgen nimmt Manuel den Dyson persönlich in die Hand, um den Hörraum noch optisch für den kommenden Termin herzurichten. Ich stelle mir das woanders vor, bekomme aber den entsprechenden Geschäftsführer und einen Staubsauger gedanklich nicht übereinander. Offenbar ist auch das PIEGA, denn die gute Laune aller Mitarbeiter während meines Besuchs ist auffällig und wohltuend.
Am Abend stelle ich wieder einmal fest, wie gut es das Schicksal offenbar mit mir meint, denn der Sonnenuntergang über dem Zürichsee auf der Terrasse des Landgasthofes ist sensationell schön. Andere machen in der Schweiz Urlaub, ich darf auf Einladung hier arbeiten. Und ich habe wieder einmal unfassbar spannende Menschen kennenlernen dürfen, was für mich viel mehr wiegt, als alles andere. Wie formuliert es Martin Bühler am nächsten Morgen nach dem Frühstück so treffend: „Ich habe gelernt, dies alles mit Demut zu genießen“ – dem ist nichts hinzuzufügen.