Path of Exile 2 – ein Profi und ein Anfänger starten ins Game

Wie sieht es eigentlich aus, wenn ein Profi und ein absoluter Newbie ins gleiche Spiel starten? Welche Maßstäbe legt man an? Tim und ich sind pünktlich zum Release des Games in Path of Exile 2 eingestiegen, Tim ist jahrelanger PoE Spieler und kennt jeden Foren-Eintrag in der Community, ich habe vom Spiel ein paar Videos gesehen und war schon bei Diablo 2 genervt. Wir haben hier mal unsere Eindrücke vom Spiel gesammelt, auch wenn das Game nun schon einige Zeit verfügbar ist.

Oehlbach Gaming - New Game

Tim – Vollprofi und jahrelanger Path of Exile Spieler:

Nach jahrelangem Warten und mehreren Verzögerungen können wir seit über drei Monaten einen Teil der Welt von Path of Exile 2 im Early Access frei erkunden. Hunderttausende Spieler wurden bereits in den Bann gezogen – mich eingeschlossen, obwohl noch nicht einmal die Hälfte der geplanten Inhalte verfügbar ist.

Ursprünglich war PoE2 als Patch 4.0 für Path of Exile geplant, um das über ein Jahrzehnt alte Spiel zu modernisieren und Probleme zu beseitigen, deren Lösung bis heute nicht ganz den Vorstellungen der Entwickler Grinding Gear Games (GGG) entsprechen. Die nötigen Änderungen waren dann aber so umfassend und tiefgreifen, dass PoE2 ein eigenständiger Titel werden musste, um diese umsetzen zu können. Als langjähriger Exile habe ich natürlich alles verfolgt und konnte nach der über 90-minütigen Ankündigung im Livestream kaum erwartet, was die Welt Wraeclast mit der verbesserten Engine zu bieten hat.

Das Spiel folgt der klassischen Action-RPG-Formel: Monster bezwingen, Beute sammeln, stärker werden. Doch der Weg zu den größten Herausforderungen ist lang und beschwerlich.

Unsere Reise beginnt als Verurteilter, dem durch einen glücklichen Zufall die Flucht gelingt. In schlichter Kleidung stehen wir nun an einem unbekannten Ufer, irgendwo im Nirgendwo. Die erste Waffe, die erste Fähigkeit – mit ihnen erkämpfen wir uns den Weg ins nächste Dorf. Dort erfahren wir von einer düsteren Bedrohung: Graf Geonor von Ogham plant, ein unbeschreibliches Übel auf die Welt zu entfesseln – den Samen der Korruption. Dieses Artefakt hat er einem mysteriösen, vermummten Wesen entrissen, das nur als The Hooded One bekannt ist. Es offenbart uns die wahre Natur des Samens: Er birgt die Essenz einer Kreatur, die in alten Legenden als Das Biest gefürchtet wird. Um die drohende Verderbnis aufzuhalten und die Welt vor dem Untergang zu bewahren, bleibt keine andere Wahl: Wir müssen den Samen finden und ihn zerstören, bevor es zu spät ist. Unser Weg führt uns durch düstere Wälder, erbarmungslose Wüsten und in die überwucherten Ruinen einer längst vergessenen, brutalen Kultur. Auf jedem Schritt müssen wir uns wilden Tieren, seltsamen Monstern und furchteinflößenden Bossen stellen.

Obwohl die Geschichte knapp 20 Jahre nach den Ereignissen des Vorgängers spielt, sind dessen Auswirkungen noch immer spürbar. Einige aufmerksame Spieler können schon in den ersten Leveln Parallelen erkennen und Verbindungen herstellen, vorausgesetzt man hat sich mit der Story des ersten Teils auseinandergesetzt. Das Biest zum Beispiel spielte eine zentrale Rolle in Path of Exile. Ich möchte an dieser Stelle aber nicht zu viel vorwegnehmen. Auf seinem Weg durch die Akte erfährt man alles, was man wissen braucht. Die Vorgeschichte zu kennen ist nur ein schöner Bonus und keineswegs notwendig, um diese Geschichte genießen zu können.

Im Early Access sind bisher nur die ersten drei der insgesamt sechs Akte spielbar, weil GGG den Spielern ein umfangreiches Endgame bieten wollte. Nach der Story ist der eigene Charakter nämlich noch lange nicht fertig und das sogenannte Min-Maxing ist ein essenzieller Teil der ARPG-Erfahrung. Es fehlt zwar ein wenig die Verbindung zwischen den Ereignissen in den Akten und dem Endgame, das Ziel ist aber fast das Gleiche. Finde den nächst-schwereren Inhalt und bezwinge ihn. Es warten neue Monster, neue Mechaniken und mehrere Bosse auf den Spieler, die es ganz schön in sich haben. Ebenso ist auch nur ein Teil der Charaktere, die sich an den Attributen Stärke, Geschick und Intelligenz orientieren oder ein Hybrid aus zweien, und deren Subklassen (Ascendencies) derzeit spielbar. Diese Schaltet man in besonderen Prüfungen frei, die man mehrfach in verschiedenen Schwierigkeiten absolvieren muss, um die gesamte Macht der Aszendenz nutzen zu können.

So spannend ich sie auch finde, ist die Story in Action RPGs nicht der Grund, warum die meisten Gamer  anfangen zu spielen und immer wiederkommen. Zum einen muss die Optik stimmen. Path of Exile 2 überzeugt auf ganzer Linie. Jedes Areal kommt mit eigener Stimmung, die durch Beleuchtung und die liebevolle, detailreiche Umgebung vermittelt wird, und mit eigenen Monstern. Hunderte von verschiedenen Modellen mit einzigartigem Aussehen und Mechaniken sind über die gesamte Welt verteilt. Diese können auch in verschiedenen Schwierigkeiten auftreten. In jedem Areal findet man zusätzlich einen einzigartigen Boss, der nicht nur einiges wegsteckt, sondern sich auch mit eigenen Fähigkeiten und komplexen Angriffs-Abfolgen zur Wehr setzt. So macht das Erkunden um ein Vielfaches mehr Spaß als es bei Konkurrenten aus dem Genre der Fall ist. Das Kampfsystem erinnert mehr an Spiele wie Dark Souls, in denen man aufmerksam sein und vorsichtig abwägen muss, wann welche Fähigkeit genutzt werden kann. Sogenannte „Stat-Checks“, an denen man nur vorbeikommt, wenn man zahlenmäßig stark genug ist, findet man selten.

Ich habe mittlerweile tausende von Stunden in Path of Exile verbracht und mich riesig auf den Nachfolger gefreut. Trotz unzähliger interessanter Updates hat mir teilweise ein wenig der frische Wind im Spiel gefehlt. PoE2 kommt aber genau mit genau diesem. Trotz der vielen neuen Erfahrungen und Systeme, die das Spiel zu bieten hat, fand ich mich schnell gut zurecht und hatte kaum Probleme meinen Charakter in die richtige Richtung zu entwickeln. Mittlerweile sind es vier Charaktere, die mehr oder weniger weit ins Endgame vorgedrungen sind. Neben dem generell großartigen Gameplay hat jede der einzelnen Klassen eine ganz klare eigene Identität. Natürlich unterscheidet sich eine zauberschwingende Magierin von einem Krieger mit Zweihand-Hammer.

Aber auch einzelne Waffen bringen ein eigenes Spielgefühl mit sich. Deutlich wird dies bei der Armbrust. Im Gegensatz zum Bogen, welcher durchgehen feuern kann, setzt diese auf ein magazinbasiertes Munitionssystem. Man kann zwischen klassischen Bolzen, die mehr oder weniger einfach geradeaus fliegen, oder Granaten mit großem Explosionsradius wählen. Das hat ein bisschen was von einem Shooter, wirkt aber keineswegs fehl am Platz. Viel entscheidender als die Waffe oder Fähigkeit ist aber das Zusammenspiel zwischen diesen.

Jede Fähigkeit kann mit Supports fast nach Belieben angepasst werden und in Kombination mit bestimmten anderen Fähigkeiten oder Items mächtige Synergien entfalten. Diese Vielfalt eröffnet unzählige Möglichkeiten, den eigenen Spielstil zu formen. Manche Kombinationen verstärken sich gegenseitig, während andere völlig neue Spielmechaniken ermöglichen. Wer experimentierfreudig ist, kann einzigartige Builds erschaffen, die das volle Potenzial der Systeme ausschöpfen – und vielleicht sogar versteckte Kombinationen entdecken.

Ich habe das mit meinem Ranger ausgenutzt, die mit einer Armbrust und Explosivgeschossen ausgerüstet ist. Ein einzigartiger Helm ermöglicht es, die verschiedenen Elemente (Feuer, Blitz und Kälte) miteinander zu kombinieren, um mit dem Feuerschaden der Geschosse einen Schadensmultiplikator für Blitz-basierte Projektile zu aktivieren. So kann ich mit diesem Charaktere Horden von Monster auf einmal erledigen aber auch Bossen immensen Schaden zufügen.

So gut wie Fähigkeiten und Items ineinandergreifen, so schwer kann es sein, gute Items zu bekommen. Path of Exile ist berüchtigt für sein komplexes und kompliziertes Crafting-System, Teil 2 fängt hingegen viel kleiner an. Das hat den Vorteil, dass es einfacher zu verstehen ist, bietet allerdings nur wenige Möglichkeiten auf das Ergebnis eines Crafting-Schrittes Einfluss zu nehmen. Das hat bei mir des Öfteren für Frust gesorgt, weil ich die hervorragende Basis für ein Item nicht so leicht in ein echtes Upgrade verwandeln konnte, wie ich es sonst immer gewohnt war. Hier werden aber mit Sicherheit noch Systeme hinzugefügt werden, während GGG versucht die Balance zwischen zufälligen und deterministischen Ergebnissen zu halten.

Auch viele einzigartigen Items, deren Affixe immer gleich und nicht zufällig zusammengestellt sind, haben noch keinen richtigen Nutzen gefunden. Natürlich gibt es das ein oder andere Item, das so stark ist, dass fast jeder es haben möchte, oder wie mein Ranger-Helm bestimmte Synergien und Builds ermöglicht, aber bei manchen sind die negativen Effekte viel zu schwerwiegend, um deren Benutzung argumentieren zu können. Das klingt allerdings dramatischer als es wirklich ist. Wir Exiles haben es schon öfter erlebt, dass so ein Item von jetzt auf gleich in Popularität steigt, weil irgendjemand herausgefunden hat, wie man es nutzt – obwohl es seit Jahren nicht verändert wurde.  Der Schlüssel liegt meist in einer anderen Mechanik, die angepasst wurde. Da noch ungefähr so viel dem Spiel hinzugefügt wird, wie bereits vorhanden ist, kann die Lösung also noch kommen.

Je weiter man im Spiel voranschreitet, desto größer werden die Möglichkeiten, aber auch die Herausforderungen. Generell ist das Spiel aber in den Akten sehr gut balanciert. Nach vier Charakteren kann ich guten Gewissens behaupten, dass Akt 1-3 das beste ARPG-Erlebnis ist, das ich je erfahren durfte. Allein im Endgame entgleist das ein bisschen. Kann man anfangs noch auf einzelne Monster achten und deren Angriffen gezielt ausweichen, geht dieses interaktive Kampfsystem in den sogenannten Maps schnell verloren und nimmt Züge an, die man aus dem ersten Teil kennt. Hier zählt es die Monster erst gar nicht in seine Nähe zu lassen, auch wenn ich eine gute Blasting-Session liebe, in der ich schnell große Fortschritte im Atlas mache und viele Maps vollständig von ihren Gegnern befreie.

Mit meinem Ranger und der Sorceress im Fernkampf oder dem hochmobilen Mönch mit Kälteexplosionen hat das schon etwas befriedigendes, den ganzen Bildschirm explodieren zu sehen. Dieses Spielgefühl der ersten Akte vermisse ich trotzdem ein wenig. Vor allem mit dem Krieger musste ich leiden, weil er so langsam ist, dass ich nach den Akten selten das Gefühl hatte, überhaupt nur mit den Monstern mithalten zu können. Vielleicht fehlte mir ein entscheidendes Puzzleteil im Build oder ich war nicht geduldig genug. Wie die meisten Spieler mag ich einfach schnellere Charaktere, die weniger in direkten Kontakt mit Gegnern kommen.

Das bedeutet aber nicht, dass das Endgame ein Misserfolg ist. Ich würde sogar das Gegenteil behaupten. Trotz einiger negativer Stimmen aus der Community, finde ich den Weg, den GGG eingeschlagen ist, äußerst ansprechend. Der Atlas breitet sich unendlich weit in alle Richtungen aus und man bewegt sich von Punkt zu Punkt, indem man die einzelnen Areale abschließt. Es gibt besondere Mechaniken wie Breach und Expedition mit wieder neuen Monstern und Bossen, Türme, die die Umgebung aufdecken und den Grind nach dem ultimativen Endboss. Dieser Arbiter of Ash (dt. „Richter der Ashe“) ist der schwerste, den das Spiel zu bieten hat. Es gibt also nach der aufregenden Reise durch die Akte noch genügend Inhalte, um hunderte von Stunden im Spiel verbringen zu können. So schnell wird einem nicht langweilig.

GGG hört auf die Community, nimmt daher mit jedem Update einige Änderungen vor, die notwendig sind, so dass hier das Balancing regelmäßig nachjustiert wird. Man darf also gespannt sein, wie sich das Endgame dann endgültig gestalten wird.

Micha – absoluter Newbie, der kurz außer Diablo 2 noch nie ein ARPG gezockt hat:

Tim nervt! Seit der ersten Ankündigung zu Path of Exile 2 lag mir der Kerl in den Ohren, ich soll das unbedingt spielen, wenn es denn erscheint. Ich mochte schon Diablo 2 nicht, warum also soll ich Zeit in Path of Exile 2 verbringen? Dieses ewige Sammeln von Gold, das ständige Vergleichen von Waffen, welche nun hier oder dort mehr Schaden verursachen und ein ewig zu kleines Ablagesystem, um alles auch verwenden zu können, gehen mir furchtbar auf den Keks. Ich will zocken und nicht ewig durch Menüs turnen, um Schild A mit Schild B zu vergleichen oder zu entscheiden, ob nun ein Schwert oder eine Axt die bessere Wahl ist?

Und dann kam die beatcon, auf der wir neben zahlreichen Kopfhörern auch den Philips 55OLED809 mit den ELAC Debut ConneX Adsum vorführten. Tim ließ auf diesem System eine Demo von PoE2 laufen und verdammt, das Spiel sah schon dort so unfassbar gut aus. Und weil ich mir diese Demo ansah, fühlte Tim sich bestätigt, mir jedes einzelne Detail zu erklären. Das Spiel war auf Wochen hinaus noch nicht angekündigt, aber der kannte schon jedes Waffensystem, jeden Zauber, jeden Gegner, jede Taktik. Na ja, es war ja noch Zeit bis zum Release …

Und dann kam der Tag, an dem GGG das Spiel in allen Einzelheiten dem Planeten vorführte und kurz darauf erschien der PoE2 im Xbox Game Pass. Und na klar, die Server waren überlastet, zum Start funktionierte erst einmal gar nichts. Egal, nach Stunden der Ungeduld stehen sechs Charaktere auf dem Schafott und ich wähle den Krieger. Wild auf irgendwelche Knöpfe hämmern, um im Nahkampf jeden Gegner kleinzuhacken kann ich, schließlich habe ich mit dieser Taktik in einem gefühlt vergangenem Leben schon Street Fighter auf dem SNES oder Virtua Fighter auf dem Saturn gespielt. Hätte ich mal vorher Tim gefragt, denn dieser Warrior ist als Anfänger wie ich es bin, wohl die dümmste Wahl, die man treffen kann. Hinterher ist man immer klüger und um nach 3 Stunden Spielzeit neu zu starten hatte ich auch keine Lust.

Das Problem im Nahkampf ist – der Nahkampf. Man muss bis auf Schlagdistanz an jeden Gegner herankommen. Aber ist man in Schlagdistanz, ist das der Gegner eben auch. Und das bedeutet, dass man schneller Leben verliert, als man einen Trank zu sich nehmen kann. Anfangs bewaffnet mit einer dumpfen Holzkeule kloppe ich also auf Skelette und Wölfe ein. Sinnfrei, ohne jede Taktik, Hauptsache die droppen Gold und andere nützliche Gegenstände. Und ohne es zu merken, beginne ich zu sammeln. Verschiedene Gegenstände haben verschiedene Farben, welche die Qualität kennzeichnet. Und damit beginnt das Vergleichen von Keulen und verschiedenen Ausrüstungsgegenständen. Ich bin schneller im Spiel, als ich das gedacht habe – Path of Exile 2 hat mich innerhalb der ersten Minuten abgeholt.

Mehr als einmal muss ich Tim kontaktieren, um mir Dinge erklären zu lassen. Was bedeuten die Gems, wie erhalte ich neue Fähigkeiten und wie setze ich die dann sinnvoll ein? PoE2 ist bestimmt nicht einsteigerfreundlich, dafür ist das gesamte System viel zu umfangreich und komplex, um hier nicht Stunden mit dem Erlernen aller Menüpunkte verbringen zu müssen. Es gibt also eine wirklich steile Lernkurve, an der man sich als Anfänger wirklich entlangarbeiten muss, aber inzwischen ist das Netz voll von Tipps, Tricks und Hinweisen, so dass es auch zu jedem vermeintlichen Problem irgendwo eine Lösung gibt. Meine Lösung zum Start hieß Tim.

Fasziniert hatte mich bereits während der Vorführung durch GGG der unfassbar umfangreiche Fertigkeitenbaum. Nach einer erledigten Anzahl Gegner erhalte ich einen Fertigkeitspunkt, den ich nun versuche, sinnvoll in meinen Charakter zu investieren. Und wie jeder Anfänger mit einem Warrior mache ich den Fehler, erst einmal alles in Stärke zu stecken. Soll mein Charakter doch aussehen wie eine Mischung aus Conan und Stallone. Aber was nützt mir alle Stärke, wenn man nur auf einen Gegner einklopfen kann, während drei andere an meinen Waden knabbern? Also werden die nächsten Punkte in Leben und Regeneration investiert. Und schneller als vermutet bin ich dabei zu überlegen, in welche Richtung ich meinen Charakter entwickeln will? Ich entscheide mich für zwei Waffen und verzichte dafür auf den Schild, weil ich zu doof bin, den im richtigen Moment einzusetzen. Außerdem macht draufhauen mehr Spaß als blocken.

Aber draufhauen ist auch bei einem Monster, zu dem sich mein Krieger inzwischen entwickelt hat, dann leider doch nicht alles. Spätestens bei den ersten Zwischen- oder Endgegnern komme ich mit dieser Taktik nicht weit. Ich lerne also tatsächlich, meine Fähigkeiten auf die entsprechenden Buttons des Xbox-Pads so zu legen, dass die für mich Sinn machen. Auch das dauert eine Weile, bis Kopf und Finger hier eine Symbiose eingehen und ich nicht mehr überlegen muss, welcher Button welche Aktion auslöst. Denn von diesen Aktionen hat auch der Warrior einige, die auch den dicksten Endboss in wenigen Minuten von seinem Schicksal erlösen.

So ist die Kombination von „Rollender Hieb“ mit „Knochenbrechen“ eine Aktion, die im Nahkampf wirklich jeden Gegner förmlich pulverisiert. Und muss man doch einmal zu viele Gegner auf Abstand halten, dann ist der „stampfende Boden“, der anfangs eine kleine Erdspalte auslöst und später noch Feuer und Reichweite hinzufügt, das Maß der Dinge. Wie sollte es auch anders sein, musste ich hier anfangs viel lesen, vergleichen und Kombinationen verschiedener Edelsteine und Fähigkeiten durchprobieren. Aber auch das zeichnet PoE2 aus, denn je nach persönlichen Fähigkeiten, kann ich meinen Charakter in die eine oder andere Richtung entwickeln.

Ich habe mit Sicherheit noch immer nicht den perfekten Build für meinen Warrior, aber ich bin inzwischen am Ende des letzten Aktes, habe jeden einzelnen meiner Ausrüstungsgegenstände so ausgewählt, dass die automatische Regeneration mich durch jeden Bossfight bringt, ohne dass ich zwischendurch ein Auge auf meine Lebensanzeige haben muss und meine beiden Keulen haben sich zu alles vernichtenden Waffen entwickelt. PoE2 hat mich regelrecht eingesaugt und all das, was mich bei Diablo 2 noch so genervt hat, nimmt mich hier mit. Ich vergleiche Waffen und Fähigkeiten, ich sammle Waffen, weil diese oder jene Keule vielleicht noch einmal einen taktischen Vorteil bringen könnte, ich habe zwei magische Rüstungen in meiner Kiste, die entweder mehr Resistenz gegen Feuer oder aber gegen Eis bringen, ich habe einen brutalen Zweihänder zur Verfügung, der mir beim letzten Endgegner zwar weniger Tempo, aber dafür mehr Schaden ermöglicht hat und ich habe zahlreiche Ringe, die mehr Mana oder Lebensenergie bringen. Kurz, ich bin inzwischen für fast jeden Endgegner gerüstet. Nun warte ich auf das Endgame – es gibt ja noch so viel zu entdecken und so viele Gegner wollen in die ewigen Jagdgründe übergehen.

Ach ja, wir wären nicht the sound of gaming, wenn nicht auch der Klang in diesem Game eine so dominante Rolle würde einnehmen. PoE2 ist ein isometrisches Game, der Sound spielt sich also vor dem Spieler ab, dennoch ist jeder Effekt der pure Genuss. Jede Waffe klingt anders, es macht einen Unterschied, ob ich eine Holzkeule oder einen Zweihänder benutze. Ebenso unterschieden sich die Landschaften im Klang, besonders haben es mir die unterirdischen Level angetan. In der Oberwelt ist ein Hieb eben ein Hieb und ein Schritt ein Schritt, in den Verliesen jedoch vermitteln die verschiedenen Hall-Effekte eine Ahnung von dessen Größe. Wenn mein Warrior läuft und der Schall breitet sich aus, bekommt man tatsächlich das Gefühl, in einem sich ausdehnenden Gewöbe unterwegs zu sein. Diese so unfassbar vielen, kleinen Effekte sind im Gegensatz zu den mächtigen Zaubern meist nur subtil und sie werden unterbewusst wahrgenommen, wer jedoch genau hinhört wird feststellen, wie viel Liebe und Energie die GGG Sound-Designer in das Spiel gepackt haben. Wer also PoE2 nur über die Lautsprecher seines Monitors oder TV spielt, verpasst viel von diesem wunderbaren Klang.