Wireless In-Ear Kopfhörer gibt es in allen Farben und Formen, von so gut wie allen Herstellern guten Sounds, aber auch von unbekannten Herstellern, es gibt sie in allen Preisklassen und somit ist die Auswahl inzwischen selbst für den Profi kaum noch überschaubar. Und als ob das Angebot nicht schon unübersichtlich genug wäre, kommt jetzt auch noch Denon um die Ecke und präsentiert mit den neuen Denon PerL und PerL Pro ebenfalls richtig gute In-Ears. Das Unternehmen Denon ist bekannt für großartige High-End-Kopfhörer, ich hatte hier den fantastischen AH-D7200 im Test und habe mich in dieses Headset verliebt. Warum sollte es also mit den Denon PerL anders sein?
Man kann sich jeden In-Ear irgendwie in die Ohren stopfen, was dann allerdings klanglich ankommt, macht eben den Unterschied. Der empfundene Sound hängt immer von der Passform der In-Ears, den Ohrstöpseln und nicht zuletzt von der Form des eigenen Ohres und des Gehörgangs ab. Richtig kompliziert wird es, wenn beide Ohren auch noch unterschiedlich große Gehörgänge haben. Genau das ist bei mir der Fall, so dass ich jeden In-Ear vor dem ersten Ton erst einmal auf seine Passform überprüfe und beim linken Stecker häufig den Aufsatz von Größe M auf S wechsele.
So kommt es also, dass ich gerade bei höherpreisigen In-Ear-Kopfhörern auch gesteigerten Wert auf eine ausreichende Anzahl an weiteren Passstücken lege. Üblicherweise sind diese aus klassischen Silikon gefertigt und man findet maximal drei Paar weitere Stöpsel vor. Auch beim Denon PerL sind das drei Paar Silikon-Einsätze, aber zusätzlich packt man ein weiteres Paar aus Memory-Schaum sowie ein paar Gummi-Flügel für den besseren Halt im Ohr hinzu. So sollte tatsächlich jeder Nutzer den PerL auch möglichst perfekt an sein Ohr anpassen können.
Der große Unterschied – personalisierbarer Klang
Aber nur ein paar andere Aufsätze unterscheiden einen guten Kopfhörer noch lange nicht von einem China-Gadget aus dem Blister-Pack. Heute geht der Trend mehr denn je Richtung persönliches Hörerlebnis. Jeder Mensch nimmt Klang anders war, daher gibt es nicht den einen Kopfhörer für alle. beyerdynamic waren die ersten, die mit der Mimi Sound Personalization den Klang individuell anpassten, um den besten individuellen Sound auch bei geringerer Lautstärke zu erreichen. Yamaha verbaute in den letzten In-Ears neben dem Listening Optimizer auch die Listening Care Technology, um das Gehör zu schonen. Und auch Denon legt Wert auf das ganz persönliche Klangbild eines jeden Nutzers.
Mit der Übernahme von Nura übernahm man auch deren Technik, herausgekommen ist dabei ein System namens Masimo Adaptive Acoustic Technology, kurz AAT. Was erst einmal kompliziert klingt, entpuppt sich aber nach dem Laden der App als sinn- und gehaltvolle Software. Wie bereits erwähnt ist jeder Gehörgang anders geformt. Schon zu Beginn der Einrichtung und der Anlage eines neuen Profils, von denen drei möglich sind, testet daher die Software, ob die Ohrstecker überhaupt richtig im Ohr sitzen?
Hat man die richtigen Stecker und sitzen die PerL gut, testet AAT die persönliche Frequenzgangkurve des Nutzers. Wichtig ist aber dabei, sich für die Einrichtung ein paar Minuten Zeit zu nehmen und sich an einen absolut ruhigen Ort zurückzuziehen, weil sonst das Ergebnis verfälscht wird.
Ist die Messung beendet, bietet AAT einen Vergleich zwischen der Standard-Toneinstellung und dem personalisierten Sound an. Und tatsächlich waren die Unterschiede merklich. Während der Ton auf Standard zwar gut klang, fehlte ihm aber Tiefe und Lebendigkeit. Diese Attribute stellten sich tatsächlich erst nach der Umstellung auf das eigene Hörprofil ein. Auch ein Test des ANC lässt sich durchführen, aber ich bin bekanntermaßen kein Fan dieser Technik. Der Ton leidet, von daher verzichte ich grundsätzlich darauf, das Noise Cancelling egal welcher Art zu aktivieren.
Wer mag, richtet sich zum Abschluss die Touch-Steuerung der beiden Ohrstecker ein. Dies lässt sich aber auch überspringen und kann später nachgeholt werden. Aber nur ein Soundcheck der Ohren wäre heutzutage für eine App nicht mehr ausreichend. So lassen sich in den Geräteeinstellungen selbstverständlich alle benötigten Anpassungen jederzeit vornehmen.
Auffällig ist dabei der EU-Lautstärkebegrenzer. Diese EU-Norm IEC 62368-1 sorgt für eine Begrenzung auf maximal 85 Dezibel und gilt für elektrische Geräte, die Ton ausgeben. Das kann man gut finden, muss man aber nicht. Über den entsprechenden Button der App entscheidet man also selbst, ob man die Lautstärke begrenzt. Die Umsetzung der EU-Norm erfolgt auch von Denon auf freiwilliger Basis, eine Verpflichtung dazu besteht (noch) nicht.
Genug gespielt und eingerichtet – wie klingen die Denon PerL?
Gaming
In-Ear Kopfhörer müssen inzwischen viel mehr können, als nur die Spotify oder Tidal Playlist abzuspielen. Handy-Games überfluten den Google Play Store und auch ich zocke bei der Bahnfahrt oder wenn ich keine Lust habe, eine meiner zahlreichen Konsolen und den TV anzuschalten. Einfach ein paar Minuten die Beine hochlegen, abschalten und sich vom allumgebenden Alltagsstress ablenken, dabei über nichts nachdenken müssen – deswegen boomen auch die Spiele auf Smartphones.
Auch wenn sich Nintendo zwischenzeitlich aus dem Handymarkt zurückzieht, so sind Super Mario Run und Mario Kart Tour trotz der ungewohnten Bildschirmausrichtung des Smartphones einfach coole Spiele, die auch die inzwischen hochgradig technisierten und mit nahezu perfekten Bildschirmen ausgestatteten Handys fordern. Aber bei einem Kopfhörer geht es nicht um das Bild, sondern um den Klang. Und auch Mario, egal in welchem Spiel, klingt hier einfach nach Mario.
Man hat eine Erwartungshaltung an das Spiel und den Klang und dieser wird erfüllt. So sind es bei Mario Run das so bekannte Einsammeln der Münzen, zu diesem Zeitpunkt noch die Stimme von Charles Martinet, der Mario akustisch so charakteristisch macht und die zahlreichen Level und deren Sprungpassagen in Innen- und Außenwelten. All diese so bekannten und erwarteten Sounds und Effekte spielt der Denon PerL nahezu in Perfektion ohne jegliches Delay.
Selbstverständlich gibt es genug Handy-Games, deren Ton aus ein paar Sound-Effekten besteht. Und ebenso selbstverständlich fordert dieser Sound die hochwertigen Denon PerL nicht ansatzweise.
Musik
Trotz des Gaming werden die meisten Nutzer ein paar In-Ears hauptsächlich zum Hören von Musik nutzen. Und selbstverständlich mussten sich auch bei mir die Denon PerL durch meine harten Playlists spielen. Aber um das vorweg zu nehmen, die machen das einwandfrei. Gerade mit aktiviertem, persönlichen Profil umfing ein kerniger Klang mit einwandfreien Bässen auf breiter Bühne. Die Bass-Justierung nennt sich in der AAT-App Immersion und diese lässt sich ohne große Umstände über einen Schieberegler anpassen. Hier entscheidet also jeder Hörer selbst, wie viel Tiefton er gerne vernehmen möchte?
Ich habe noch vor Corona auf einem Konzert eine fantastische Vorband hören dürfen. Beim Start meiner New Arrivals auf Tidal sehe ich als erstes einen neuen Song von Yoke Lore. Also ab ins neue Album und dieses in Ruhe angehört. Auch wenn dieser Interpret eher dem Singer/Songwriter-Genre zuzuordnen ist, so mag ich dessen Gestaltung von Musik und die manchmal ungewöhnliche Art, Instrumente zu verwenden. Die Denon PerL bringen gerade im neuen Album Toward a Never Ending New Beginning die Stimme des Interpreten so klar an die Ohren, während man die Instrumente im Hintergrund versucht einzuordnen. Im Video zu Hallucinate spielt so zum Beispiel statt der klassischen Gitarre ein Banjo.
Die Dernon PerL spielen mit einer feinen Auflösung und mit gutem Detailreichtum. Und mehr muss ein In-Ear nicht leisten. Gerade dessen klare Wiedergabe macht den Unterschied zu so vielen anderen In-Ears. Und das alles schafft der Denon PerL auch ohne Qualcomm aptX Lossless, denn das steht steht nur in der Pro-Version zur Verfügung.
Hörbuch
Hörbuch? Wieso Hörbuch? Da reichen ja wohl die billigsten Ohrstöpsel vom Wühltisch im Elektronik-Fachmarkt! Ja, legt man den Klang als einzigen Maßstab zugrunde, mag das sicher so stimmen. Ein Vorleser präsentiert eine Geschichte ohne Soundeffekte und sonstigen Klängen, da bedarf es keinerlei ausgefeilter Technik. Was aber gerade abends im Bett den Unterschied macht, ist die Passform eines In-Ear-Kopfhörers.
Und hier kommt dem Denon PerL seine so flache Bauweise zupass. Denn wer sich in sein Kissen einrollt und auf der Seite liegt, um eine spannende Story zu genießen, möchte keinen Druck auf den Ohren. Ich käme also niemals auf die Idee, meine Shure Aonic Free oder meine beyerdynamic Free BYRD abends zum Hören eines Buches zu nutzen, ganz einfach, weil diese bauartbedingt nicht dafür geeignet sind, sich wohlig in ein Kissen zu kuscheln.
Ausstattung , Formfaktor und Technik
Allein von der Form sind die Denon PerL wirklich ansprechende In-Ear Kopfhörer. Ich mag die Optik und da alle Technik in der runden Bauform untergebracht ist, sieht es auch nicht so aus, als hätte jemand wie bei den Apple Airpods noch seine abgebrochenen Wattestäbchen in den Ohren stecken.
Bei einer Treibergröße von 10 Millimetern kommt richtig was auf die Ohren, der Frequenzbereich liegt bei 20 Hz – 40 kHz, also sogar mehr, als das normale menschliche Ohr eigentlich wahrnehmen kann. An Bluetooth-Codecs stehen AAC, SBC und aptX zur Verfügung, damit sind selbst die gegenüber der Pro-Version kleineren PerL richtig gut ausgestattet. Und bei einem Gewicht von nur 7,1 Gramm pro Stecker sind auch längere Hörsessions kein Problem.
Neben Qualcomm aptX Lossless unterscheiden sich die PerL noch in einigen wenigen anderen Punkten von den PerL Pro. So liegt die Laufleistung des Akkus bei „nur“ 6 statt 8 Stunden pro Ladung und insgesamt damit bei 24 statt 32 Stunden Laufzeit. Weiterhin verfügen die PerL nur über adaptives Noise Cancelling, statt des aktiven Noise Cancelling. Letzter Unterschied in der Hardware sind die nur 4 verbauten Mikrofone statt der 8 in der Pro Version für das Noise Cancelling.
Aber wie bei so vielen Dingen im Leben macht auch hier der Preis den Unterschied. Legt man für den Denon PerL Pro gute 349€ auf den Tisch, so sind es beim kleinen PerL eben nur noch 199€. Man muss also selbst entscheiden, ob die ausgereiftere Technik dieses Mehr an Ausgaben wert ist?
Fazit:
Der Denon PerL ist selbst in der Standard-Version ein rundum gelungener Kopfhörer. Das liegt in erster Linie an einer wirklich guten Software, die selbst ohne Qualcomm aptX Lossless ein richtig gutes, weil personalisiertes Hörerlebnis liefert. Die Unterschiede zwischen der Standardeinstellung und der Individualisierung sind merklich und verbessern den Ton um ein Vielfaches.
Dazu kommt eine gute Passform, eine mehr als nur vernünftige Akkulaulaufzeit und ein cooles Design, welches sich von so vielen anderen In-Ear Modellen abhebt. Auch wenn Denon als einer der letzten Player im Soundbereich erst jetzt mit einem Wireless In-Ear startet, so sollte man den PerL, egal ob in der Pro oder der normalen Version, zwingend auf dem Schirm haben.
Link zum Hersteller: Denon PerL